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Wolken über Ebou

Wolken über Ebou

Titel: Wolken über Ebou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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sich.

KAPITEL 9
    Wie der Pflug die Erde aufbricht
    Rand ergriff Saidin ausreichend lange, um den Schutz zu lösen, den er in einer Ecke des Vorraums gewoben hatte, hob seinen kleinen, silbern eingefaß-ten Becher an und sagte: »Noch mehr Tee.« Lews Therin murrte in seinem Hinterkopf verärgert.
    Verzierte und vergoldete Sessel standen jeweils paarweise aufgereiht zu beiden Seiten einer aufgehenden goldenen Sonne, die, zwei Schritte breit, in den glänzenden Steinboden eingelassen war, und ein weiterer Sessel, der fast vollkommen aus Gold zu bestehen schien, stand auf einem kleinen Podest, das genauso sorgfältig gearbeitet war, aber Rand saß mit gekreuzten Beinen auf einem für diese Gelegenheit ausgelegten Teppich mit einem tairenischen Wirrwarr in Grün und Gold und Blau. Den drei Clanhäuptlingen, die ihm gegenübersaßen, hätte es nicht gefallen, wenn er sie von einem Sessel aus empfangen hätte, selbst wenn sie selbst Sessel angeboten bekommen hätten. Sie waren ein weiteres Wirrwarr, das vorsichtig behandelt werden mußte. Rand trug die Ärmel seines Hemds hochgeschoben, so daß die rotgoldenen Drachen sichtbar wurden, die sich um beide Unterarme wanden und metallisch glitzerten. Die Clanhäuptlinge trugen die Cadin'sors der Aielmänner, die ihre nur auf dem linken Arm befindlichen Drachen verbargen. Vielleicht war die Mahnung an das, was er war - daß auch er in Rhuidean gewesen war, obwohl die Reise für die meisten Menschen, die es betraten, den Tod bedeutete - unnötig. Vielleicht.
    Die drei Gesichter verrieten wenig, als sie Merana aus der Ecke herannahen sahen, wo sie abgeschirmt gewesen war. Janwins runzliges Gesicht hätte aus altem Holz geschnitzt sein können, aber so wirkte es immer, und wenn seine blaugrauen Augen stürmisch dreinblickten, so war dies auch immer so. Selbst sein Haar wirkte wie Sturmwolken. Er war jedoch ein ausgeglichener Mensch. Indirian und der einäugige Mandelain hätten an etwas anderes denken können, nur daß ihre unbewegten Blicke Merana folgten. Lews Therin wurde plötzlich still, als beobachte auch er durch Rands Augen.
    Meranas alterslose Züge offenbarten noch weniger als die Gesichter der Clanhäuptlinge. Sie glättete ihre hellgrauen Röcke, kniete sich neben Rand und nahm die Teekanne hoch. Sie brauchte für die Kanne, die eine große Kugel aus goldüberzogenem Silber war, mit Leoparden als Füße und Henkel und einem weiteren auf dem Deckel kauernden Leoparden, beide Hände, und sie zitterte ein wenig, als sie Rands Becher vorsichtig füllte. Wie sie es tat, schien zu besagen, daß sie es tun wollte, aus ihren eigenen Gründen, die niemand von ihnen auch nur andeutungsweise verstehen konnte. Wie sie es tat, kennzeichnete sie weitaus deutlicher als Aes Sedai als ihr Gesicht. War dies nützlich, oder schadete es eher?
    »Ich lasse sie die Macht nicht ohne Erlaubnis lenken«, sagte Rand. Die Clanhäuptlinge schwiegen. Merana erhob sich und kniete sich dann neben die Häuptlinge. Mandelain bedeckte seinen Becher mit einer breiten Hand, um anzuzeigen, daß er keinen Tee mehr wollte. Die anderen beiden hielten ihr die Becher hin, während blaugraue und grüne Augen sie gleichermaßen beobachteten. Was sahen sie? Was konnte er noch tun? Sie stellte die schwere Teekanne auf das große Tablett mit den Leopardengriffen zurück und blieb knien. »Kann ich meinem Lord Drache noch auf andere Weise dienlich sein?«
    Ihre Stimme war die reine Selbstbeherrschung, aber nachdem er sie in ihre Ecke zurückverwiesen hatte, als sie sich erhoben und umgewandt hatte, umklammerten ihre schlanken Hände einen Moment ihre Röcke. Der Grund dafür könnte jedoch auch gewesen sein, daß sie sich plötzlich Dashiva und Narishma gegenübersah. Die beiden Asha'man - um genau zu sein, war Narishma noch ein Soldat, der niedrigste Rang der Asha'man, der weder Schwert noch Drache am Kragen trug - standen unbewegt zwischen zwei der hohen, goldgerahmten Spiegel, welche die Wände säumten. Zumindest der jüngere Mann wirkte auf den ersten Blick unbewegt. Die Daumen in den Schwertgürtel gehakt, beachtete er Merana nicht und Rand und die Aielmänner kaum mehr, und doch sah man auf den zweiten Blick, daß seine dunklen, zu großen Augen niemals ruhten, als erwarte er, daß das Unerwartete jeden Moment aus der Luft auftauchte. Und wer konnte wissen, daß es nicht geschähe? Dashiva schien mit den Gedanken woanders zu sein. Seine Lippen bewegten sich lautlos, und er blickte blinzelnd und stirnrunzelnd

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