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Wolkenfern (German Edition)

Wolkenfern (German Edition)

Titel: Wolkenfern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bator
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erzählt, erzählt Dominika, dass Icek Kac ihr Bilder von britischen Kuriositätenkabinetten zeigte, dort gab es Zwerge, Albinos, eine Frau mit einem wunderhübschen gewellten langen Bart, einen Riesen mit traurigem Gesicht, unnormale, verunstaltete, wilde Körper, als wolle er sie auf etwas vorbereiten, das erst noch entstehen würde.
    Als Sara erwachsen war, begann sie andere Spuren der Venus zu suchen und die verrückten Erzählungen ihrer Uroma Destinee mit Fakten aus dem Leben der Saartjie Baartman zu bereichern. Sara hat erzählt, erzählt Dominika, dass Saartjie Sarah Baartman 1789 im Stamm der Khoi-Khoi an der Südküste Afrikas geboren wurde. Niemand kennt ihren wahren Namen, denn der, unter dem sie in die Geschichte einging, wurde ihr von Weißen gegeben. Die Portugiesen hatten diese Gegend schon am Anfang des siebzehnten Jahrhunderts entdeckt und von diesem Zeitpunkt an die Zivilisation eingeführt, die für die Khoi-Khoi in erster Linie Sklavenschaft, Syphilis und andere weiße Krankheiten bedeutete, sowie die weiße Religion, die sich für die Hiesigen verhängnisvoller erwies als alles andere. Saartjie wuchs auf dem Ostkap auf, am Fluss Gatmous, ihr Stamm der Khoi-Khoi bestand aus Vieh- und Schafhirten, sie waren ein Nomadenvolk, das mit seinen Herden an der Küste entlangzog. Saartjie verlor ihre Eltern, als ihr Stamm von weißen Siedlern angegriffen wurde. Niemand weiß, wo sich das verwaiste Mädchen danach aufhielt und was sie machte, doch steht fest, dass ihr in dieser Zeit der Vorname Sarah und der Nachname Baartman gegeben wurden. Saartjie ist Sarah auf Afrikaans, es ist ein Diminutiv, das allerdings eher die Bezeichnung einer untergeordneten Stellung hat als die einer Koseform. Wir wissen, dass Saartjie bei einem holländischen Bauern namens Caesar in Dienst war. 1810 wird Saartjie an den Bruder des Bauern, Hendrick, verkauft, der seine Ländereien in der Nähe hat. Vielleicht hatte Hendrick die Idee selbst, vielleicht brachte ihn jemand anders auf die Idee, jedenfalls verlässt er kurz darauf Afrika, zusammen mit Saartjie. Auf dem Schiff, mit dem die zwanzigjährige Saartjie von Kapstadt nach London reiste, waren wahrscheinlich noch andere exotische Eroberungen, teils tot, teils lebendig, die wir uns ausmalen können: ein Löwe, der in seinem Käfig tobte, die Haut eines Zebras, die Stoßzähne von Elefanten. Wie kann sie ausgesehen haben, die Seereise des Holländers Hendrick und Saartjies, die bald zur Hottentotten-Venus werden sollte? Ich stelle mir vor, sagt Dominika, wie sie in europäischer Kleidung an der Reling stand und auf den Ozean schaute, auf die am Horizont verschwindende Küste Afrikas und wie sie allmählich begriff, dass sie nie dorthin zurückkehren würde und doch die Hoffnung auf eine Rückkehr nicht verlieren dürfte, denn dann hatte sie gar nichts mehr. Was ging ihr durch den Kopf, als sie Großbritannien sah, ein Land, das in der Sprache der Khoi-Khoi nicht mal einen Namen hatte? Was für einen Geruch wird diese Erde für sie gehabt haben, die so anders war als alles, was sie bisher kannte? Unterhielt sich Hendrick auf der Reise mit ihr, und wenn ja – über was? Versprach er ihr ein herrliches Leben in Europa? Behandelte er sie mit Verachtung? Mit Widerwillen? Lüstern? Schlief er mit ihr? Klar hat er mit ihr geschlafen, sagte Małgosia, das konnte er sich nicht versagen, er musste mit eigenen Augen sehen, was sie da hatte, sich davon überzeugen, wie sie sich anfühlte und schmeckte, und je weniger er sie verstand, desto mehr hasste er sie. Sie konnten sich jedenfalls unterhalten, stimmt Dominika zu, denn Saartjie sprach fließend Holländisch. Vielleicht haben sie aber auch geschwiegen. Vielleicht war Hendrick nur zufrieden, dass es ihm gelungen war, Saartjie aus Afrika fortzubringen, und sagte kein Wort zu ihr. Vielleicht zählte er auch in Gedanken schon das Geld, das er mit Saartjie verdienen würde, und betrachtete dabei ihre riesigen runden Gesäßbacken, die sich unterhalb der Wirbelsäule vorwölbten wie eine fleischige Blume. Je fetter die Hinterbacken einer Frau der Khoi-Khoi waren, je mehr sie sich vorwölbten, umso schöner war sie in den Augen ihrer Stammesangehörigen. Steatopygie, sagt Małgosia, das ist unser Terminus für die vergrößerte Ansammlung von Fettgewebe auf den Hinterbacken, das unter anderem die Frauen der Khoi-Khoi und die Pygmäen auszeichnet. Stell dir vor, die klassische Steatopygie bedeutet einen Fettzuwachs von neunzig Prozent.

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