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Wolkengaukler

Wolkengaukler

Titel: Wolkengaukler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anett Leunig
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genau dasselbe wie ich. Sanft massierte er meinen Finger mit seinen Lippen, spielte mit der Zunge um ihn herum und sog voller Verlangen. Ich schloss die Augen. Was, wenn er in diesem Moment etwas ganz anderes liebkosen würde? Ich drängte mich näher an ihn heran, wollte ihn spüren lassen, was er da bei mir angestellt hatte. „Ich glaube, ich kann jetzt keine Rosen mehr schneiden“, versuchte ich ihn zu locken.
    Aber er zwinkerte mir nur kess zu und entließ mich dann mit einem letzten, liebevollen Kuss. „Ich wollte nur, dass es dir wieder besser geht – und dem Finger auch“, grinste er und wandte sich wieder seinem Fallobst zu. Sein Körper glänzte von Schweiß und Sonnencreme, seine Muskeln spielten unter der leicht gebräunten Haut. Insgeheim freute ich mich schon auf heute Abend.
     
    Nachmittags fuhren wir mit den Rädern an den nahegelegenen See zum Baden. Das hatten wir uns nach der schweren Gartenarbeit auch redlich verdient. Christoph suchte uns eine abgelegene Stelle aus, wo wir geschützt lagen und doch einen großen Teil des Sees überschauen konnten.
    Wir breiteten unsere Decken aus und sprangen erst einmal übermütig ins Wasser. Im Schwimmen war ich Christoph überlegen, weil ich daheim regelmäßig trainierte. Ich absolvierte eine Rettungsschwimmerausbildung; im nächsten Jahr stand die erste Prüfung an. Schwimmen war eigentlich der einzige Sport, den ich betrieb, aber es reichte, um meinen Körper zu trainieren.
    Meine Schnelligkeit im Schwimmen und Geschicklichkeit im Tauchen schien Christoph ein bisschen zu ärgern. Schon bald begann er, mich zu necken, auszubremsen und unterzutauchen. Letzteres war für mich jedoch kein Problem. Ich konnte mittlerweile mühelos für zwei bis drei Minuten die Luft anhalten und überraschte Christoph, indem ich mich ihm entwandt, wegtauchte und mich unbemerkt von hinten wieder an ihn heranpirschte, um ihn dann unvermutet mit einem Klammergriff selbst unter Wasser zu ziehen.
    Wir balgten uns wie zwei Seeotter, und unser übermütiges Lachen klang bis weit auf den See hinaus. Aber schließlich hatten wir genug und rannten tropfend und prustend zu unseren Decken. Christoph ließ sich rücklings fallen und reckte das Gesicht in die Sonne. Seine Brust hob und senkte sich schwer, das Herz schien bis unter seine Bauchdecke zu schlagen, und die Beine waren wehrlos vom Körper weggespreizt. Eigentlich hätte ich mich jetzt gerne einfach auf ihn gelegt. Aber so geschützt war unser Platz nun auch wieder nicht. Also legte ich mich neben ihn und meine Hand auf seine. Er griff sofort zu und hielt sie fest.
    Wir hatten miteinander geschmust und uns geneckt wie ein Liebespärchen, und jetzt lagen wir auch so da. Nur lieben konnten wir uns nicht.
     „Was meinst du damit?“, fragte Christoph. Mir war nicht bewusst gewesen, dass ich den letzten Satz laut ausgesprochen hatte. Ich zuckte mit den Schultern. „Na ja, halt lieben“, murmelte ich unbestimmt.
    „Also, wenn du die körperliche Liebe meinst – das geht schon ...“ Christoph drehte mir den Kopf zu und schaute mich vieldeutig an. Aber da war noch etwas anderes in seinem Blick: Verlangen. Mir wurde schon wieder ganz anders. Woher wusste er eigentlich immer so genau, was ich hören wollte? Woher hatte er diesen unheimlichen Instinkt dafür, was ich gerade brauchte, mir wünschte oder einfach nur dachte?
    „Woher weißt du das alles? Ich meine, woher weißt du eigentlich immer genau, was du tun musst? Mit mir?“ Kaum ausgesprochen, fand ich die Frage ungemein peinlich. Aber sie war gestellt und verlangte nach einer Antwort.
    Christophs Augen funkelten wie zwei Diamanten. „Wenn du es genau wissen willst: ich hatte einen guten Lehrer, der mir dabei ein bisschen auf die Sprünge geholfen hat. Er hat mir beigebracht, mich auf meinen Instinkt zu verlassen, mich sozusagen geführt, zu mir selbst geführt.“
    Sein plötzlich wehmütiger Blick wanderte über meine Schulter hinweg in die unendliche Weite des blauen Sommerhimmels, seine Gesichtszüge nahmen einen verklärten Ausdruck an, und ich spürte, dass er jetzt an einem ganz anderen Ort war als hier bei mir am See. So etwas wie Eifersucht keimte in mir auf. Aber wie konnte ich auf jemanden eifersüchtig sein, den ich gar nicht kannte, und der Christoph augenscheinlich einmal sehr glücklich gemacht hatte?
    „Erzähle mir von diesem Lehrer“, bat ich spontan, einfach, um das Thema zu erhalten und trotzdem Christoph wieder zu mir zurückzuholen. Seine Augen

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