Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolkengaukler

Wolkengaukler

Titel: Wolkengaukler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anett Leunig
Vom Netzwerk:
fixierten wieder mein Gesicht.
    „Das kann ich nicht, jedenfalls nicht jetzt und hier.“ Damit rollte er sich vorsichtig auf den Bauch, wobei er mit einem kurzen Blick in Richtung seiner Beine deutete. Ich schielte nach unten und bemerkte im letzten Moment, dass sich seine Badehose mit einem Mal ungewöhnlich straff über seinem Schritt wölbte. Ich stieß einen leisen Pfiff aus und meinte anerkennend: „Das muss ja ein verdammt guter Lehrer gewesen sein, wenn schon allein die Erinnerung an ihn dich so erregt.“
    Christoph drehte sich so bequem hin, wie es in seinem momentanen Zustand eben ging, und legte den Kopf auf die verschränkten Unterarme. „Er war der Beste.“
    Er lächelte verlegen. Es war für mich das erste Mal, dass irgendetwas Christoph in Verlegenheit brachte. Dann schloss er die Augen, und ich ließ ihn in seine Erinnerungen tauchen, die er sicherlich früher oder später mit mir teilen würde. Aber würde er auch das andere mit mir teilen? Ich betrachtete sein friedliches, entspanntes Gesicht, das nasse Haar, das an seinem noch feucht glänzenden Rücken klebte, seinen Mund, der mich erst heute morgen so verführt hatte. Vorsichtig beugte ich mich zu ihm hinunter und hauchte einen Kuss auf seine Schläfe.
    Für die nächsten Worte hätte ich mir nachträglich am liebsten die Zunge abgebissen, aber sie entschlüpften mir, noch ehe ich es mir anders überlegen konnte: „Christoph, wer ist Falk?“
    Ein Ruck ging durch seinen Körper, seine Augen sprangen auf wie zwei Taschenmesser und sein Blick schien mich förmlich zu durchbohren. Noch nie hatte ich ihn so entsetzt über etwas gesehen.
    „Warum fragst du das? Und woher hast du diesen Namen?“
    Seine Stimme, eben noch verträumt und romantisch, klang jetzt plötzlich kühl, distanziert, fast ärgerlich. Schon tat es mir leid, überhaupt gefragt zu haben. Aber jetzt war es nicht mehr zu ändern, nur noch zu retten, und auch das nur vielleicht. Da ich von ihm Ehrlichkeit erwartete, musste ich mit gutem Beispiel vorangehen. Also erzählte ich ihm von meinem morgendlichen Horchposten und dem Gespräch, das ich unabsichtlich belauscht hatte, und entschuldigte mich auch dafür. Christophs Gesicht schien mit einem Mal ungewöhnlich blass, sein Atem ging flach, seine Augen schauten traurig, enttäuscht und noch immer verärgert. Ich machte mich auf das Schlimmste gefasst.
    Aber schließlich meinte er nur knapp: „Tut mir leid, aber über dieses Thema möchte ich mit dir nicht sprechen, jetzt nicht und in Zukunft auch nicht.“
    Ich war schockiert. Das hatte ich nicht erwartet.
    Ärger stieg in mir hoch, die alte Wut, von der ich geglaubt hatte, sie vor zwei Wochen in einer lauen Sommernacht im Mondschein abgelegt zu haben. Abrupt setzte ich mich auf und fauchte wütend: „Oh nein, so geht das nicht! Du kannst mich nicht einfach abspeisen. Du machst mit mir rum und denkst dabei an einen anderen?! Und willst nicht mit mir darüber sprechen?“ Mit jedem Wort wurde meine Stimme lauter, aber ich achtete nicht darauf: „Warum liebst du ihn noch? Ich bin nicht eifersüchtig, aber ich will wissen, woran ich bei dir bin! Ich war ehrlich zu dir, habe mich dir anvertraut. Und jetzt, wo ich dasselbe von dir möchte, stößt du mich zurück? Das machst du dir zu einfach!“
    Ich hatte mich so in Rage geredet, dass ich erst jetzt Christophs erstaunten und ob meines Ausbruchs peinlich berührten Blick bemerkte. Auch ein paar der umliegenden Leute schauten interessiert zu uns herüber. Ich stand auf und erklärte trotzig: „Ich gehe jetzt ins Wasser. Derweil kannst du dir ja überlegen, wie es mit uns weitergeht.“ Damit machte ich kehrt und ging auf den Strand zu.
    Am liebsten wäre ich gerannt wie ein kleiner Junge, weg von dieser blöden Situation, weg von diesem unheimlichen Christoph, den ich so nicht kannte. Der Geheimnisse vor mir hatte und sich dahinter einzumauern schien, so dass ich nicht zu ihm durchdringen konnte.
    Stattdessen ging ich langsam, mit wohlbemessenen Schritten, den Kopf stolz erhoben, den Blick geradeaus gerichtet. Wie ein Delphin tauchte ich ins Wasser, ließ mich gleiten und kehrte erst nach zwei Minuten an die Oberfläche zurück. Ich wandte mich nicht um, sondern schwamm schnurstracks mit kräftigen Zügen immer weiter geradeaus auf den See hinaus. Mit jedem Schwimmzug ließ ich ein Stück meiner Wut hinter mir zurück, wandelte die Aufregung in Kraft um, pumpte die seelische Anspannung in meine Muskeln. So hatte ich es gelernt und

Weitere Kostenlose Bücher