Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolkengaukler

Wolkengaukler

Titel: Wolkengaukler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anett Leunig
Vom Netzwerk:
allerdings ganz genau, wer das einmal mit ihr tun würde, wenn sie wieder zu Hause war. Sie hoffte, dass er dort noch auf sie wartete, wie er es versprochen hatte. Ein Jahr, eine Ewigkeit für eine junge Liebe. Für seine Treue wollte sie sich ihm dann zum Geschenk machen. Vielleicht war es ja ganz gut, schon vorher zu wissen, was da auf sie zukam. Jedenfalls so ungefähr ...
    Sie konzentrierte sich wieder auf die beiden vor sich. Deren Bewegungen waren jetzt schneller geworden, heftiger, fast wild. Unwillkürlich legte sie eine Hand zwischen ihre Schenkel, wo es ungeduldig und so wunderbar kribbelnd pochte. Der süße Schmerz zog sich von dort aus bis hinauf zu ihren Brüsten, wo sich die Brustwarzen bereits steif gegen den Stoff ihres Nachthemdes drückten. Die Reaktion ihres Körpers war viel intensiver als bei ihren nächtlichen Fantasien.
    Plötzlich schien die Luft zu vibrieren. Sie sah, wie sich Christophs Körper in Janns Umklammerung zu winden begann, hörte ihn verhalten stöhnen. Es faszinierte sie zu sehen, wie er, der immer so selbstsicher auftrat, sich nun völlig der Kontrolle seines Freundes auslieferte, sich seiner Umarmung hingab, sich seinem Rhythmus anpasste und sich von ihm davontragen ließ.
    Jann schien jedoch jetzt ebenfalls alle Zügel fahren zu lassen. Ihr Herz hämmerte. Sie sah, wie die beiden sich aneinander aufrieben, gemeinsam emporstiegen und sich schließlich im Augenblick höchster Ekstase gegenseitig festhielten. In diesem Moment konnte keiner mehr irgendetwas steuern, waren sie einfach nur noch beieinander und genossen, ließen sich treiben und spürten nur noch sich selbst...
     
    Sie atmete leise tief durch. Dann zog sie ihre Hand zurück. Es war vorbei. Auch für sie. Nicht so gewaltig wie bei den beiden, aber trotzdem intensiv und wunderbar hatte sie diesen Augenblick höchster Erregung heimlich mit ihnen geteilt. Hoffentlich erfuhren sie es nie! Sie lehnte den Kopf gegen den Türrahmen und schloss erschöpft die Augen, auf dem Gesicht einen Ausdruck friedlicher Entspannung und schalkhafter Genugtuung über das kleine Geheimnis, das sie jetzt vor den beiden hatte.
    Sie hörte nicht, dass die Jungs sich erhoben, bemerkte nicht, dass Christoph zum Tisch trat, wo die Wasserflasche stand, und dabei den Blick angelegentlich durch das Zimmer zur Tür schweifen ließ, um ihr, die er friedlich und ahnungslos in ihrem Bett schlafend wähnte, einen stillen Gruß zuzusenden. Sie sah nicht den kurzen, heftigen Schreck in seinen Augen, der sich jedoch fast gleichzeitig in peinliche Gewissheit verwandelte und schließlich in eine Art amüsierter Schicksalsergebenheit umschlug.
    Erst als sie seine Stimme hörte, klar und selbstsicher wie immer, öffnete sie die Augen. Jetzt durchlebte sie in rascher Folge dieselben Emotionen wie zuvor ihr Bruder. Dann öffnete sie die Tür vollends und trat ein.
     

Wie lange hatte sie da schon gestanden? Ich hatte nicht bemerkt, dass ich meine Frage laut ausgesprochen hatte.
    „Lange genug, um zu sehen, was ihr da treibt“, antwortete sie, und senkte dann etwas beschämt den Blick. Oh nein! Mir fiel das Käuzchen von vorhin wieder ein. Also war es doch die Tür gewesen, die gequietscht hatte! Wir hatten Celine geweckt, sie hatte sehen wollen, was los war und hatte dann den ganzen Akt beobachtet.
     Christoph lächelte verlegen, schlang sich dann jedoch ganz elegant sein Badetuch vom abendlichen Duschen um die Hüften und winkte unseren Gast zu sich heran. Ich zog den Zipfel der Bettdecke über mein Becken. Den Coolen konnte ich auch spielen!
    Celine schloss leise die Tür und kam zu Christoph herüber. Ihr Gesichtsausdruck war ernst, etwas verunsichert, aber ich las darin auch Neugier und Bewunderung. Christoph legte ihr den Arm um die Schulter: „Alles klar?“ Wie oft hatte er mich das schon gefragt! Und immer dann, wenn ich besonders verstört, aufgewühlt oder unschlüssig war. Sie sah ihn an, und zwischen ihrer beiden Diamantaugen schien sich eine Brücke aufzubauen – aus Verständnis und Achtung voreinander, aus geschwisterlicher Liebe und Vertrauen. Mir lief ein Schauer über den Rücken.
    Sie murmelte schüchtern: „Bitte entschuldigt, dass ich euch einfach beobachtet habe. Ich hätte es nicht tun sollen. Aber ich war so fasziniert. Es sah so schön aus.“ Sie seufzte tief, sah kurz zu mir herüber, dann wieder zu Christoph, der sie aufmunternd anlächelte. „Ihr seid miteinander so ...“, sie suchte nach den richtigen Worten.

Weitere Kostenlose Bücher