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Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
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ihrer Shorts.
    »Hast du schon gegessen? Es gibt noch Pizza.«
    »Hab keinen Hunger«, sagte er. »Zumindest nicht darauf.«
    Sie lächelte, auch wenn ihr Herz noch heftig schlug.
    »Scheint, als hätte jemand eine besondere Filmauswahl in der ersten Klasse gehabt.«
    Sie lehnte sich in seinen Armen zurück und sah ihm suchend in die Augen. Seine Augen trafen ihren Blick, müde, aber direkt. Falls ein gebräuntes Bein sein Gewissen belastete – und sie hatte keinen Grund, das anzunehmen –, so war es nicht zu entdecken.
    Sie zog ihm die Krawatte aus dem Kragen und knöpfte dann sein faltiges Jackett und das zerknitterte Hemd auf. Das Jackett ließ sie zu Boden fallen. Er lächelte amüsiert über die Rückkehr der Frau, die sie monatelang nicht gewesen war, und sie fuhr mit der Selbstsicherheit eines Menschen fort, der schlechten Quoten getrotzt hatte. Chris war wieder da. Er war im Land der negativen Schlagzeilen gewesen und hatte alles riskiert. Doch nichts war geschehen, und er war wieder da.
    Kate dachte flüchtig an all das, was hätte passieren können – ein Märtyrer, der sich in die Luft jagte, Chris’ verkohltes Portemonnaie, das ihr die Botschaft sandte –, und fragte sich, ob alles jemals wieder einfach sein würde, eine Reise wieder eine Reise und ein Geräusch auf der Veranda nur ein Geräusch. Nichts war vorgefallen, das Schicksal hatte nicht zugeschlagen, nicht dieses Mal. Was immer sie auch erwartete, sie wusste es nicht.
    Sie ließ sich aufs Bett sinken und legte die Stirn auf Chris’ bloßen Bauch. Er fuhr durch ihr Haar und strich ihr lange Strähnen aus der Stirn, wie ein Vater oder eine Mutter es tun würde, um ein Fieber zu lindern. Vielleicht wollte er einfach ihr Gesicht besser sehen. Dann legte er sich neben sie. Sie schloss die Augen und atmete seinen vertrauten Geruch ein. Sie nahm andere Gerüche wahr, die sie vage in Straßen verortete, wo ungefilterte Abgase und der Rauch starker Zigaretten umherwehten, Gerüche, die sie mit den rot verfärbten Lippen Betel kauender Menschen assoziierte und mit Körben voller Kardamom, Nelken und Kampfer auf einem Marktplatz. Er war fort gewesen. Doch er war wieder da.
    Einen Moment lang sah Kate Dave Martin im Dunkeln vor sich, dachte an sein Jahr einsamer langer Nächte und stellte sich vor, wie er in der Küche neben seinem jungen energiegeladenen Kindermädchen stand. Sie trug in der Sommerhitze ein Trägershirt, und ein BH-Träger war ihr unter dem gerippten Oberteil über die Schulter gerutscht. Und obwohl Dave den flüchtigen Impuls verspüren würde, ihn hochzuschieben, würde er es wahrscheinlich nicht tun.
    Kate legte Chris eine Hand auf die Brust und fuhr sacht mit dem Daumen über seine Muskeln. Er schob ihr einen Träger ihres Unterhemds von der Schulter und drückte seine Lippen an die Stelle, lang und sanft, als wäre auch sie fort gewesen.

Fünfundzwanzig
    Die Morgensonne auf der Veranda war beinahe tropisch. Kate saß auf einem verwitterten Holzliegestuhl und hatte ihre Kaffeetasse auf der breiten zersplitterten Armlehne abgestellt. Am Terrassentisch malten die Kinder in Malbüchern aus Asien, die Chris am Abend zuvor für sie hingelegt hatte.
    »Ich brauch lila.« Piper griff über den Tisch nach den Stiften, die auf einem Haufen vor James lagen. »Für Jasmines Kleid.«
    »Das ist nicht Jasmine, das ist jemand anders.«
    »Doch, ist sie wohl. Guck dir ihre Augen an.«
    James seufzte mit der Geduld von jemandem, der schon die ganze Welt gesehen hatte. »Es gibt auch andere Leute mit solchen Augen, Piper.«
    Kate zog ihre Kapuzenjacke von den nackten Schultern. Sie schloss die Augen und ließ den Kopf zurück gegen die Holzlatten des Stuhls sinken. Sie hatte letzte Nacht wenig geschlafen. Das machte ihr nichts aus. Sie hatten das gebraucht.
    Hinter ihnen erklang ein Geräusch. »Dad!«, rief James.
    Chris kam müde grinsend und mit furchtbaren Haaren auf die Veranda, und die Kinder liefen ihm entgegen. Sie redeten gleichzeitig auf ihn ein in einem Wettstreit um seine Aufmerksamkeit. Er legte Kate die Hand auf die Schulter und rieb ihr mit dem Daumen über den Nacken. Sie streckte die Hand aus und strich ihm über die Knöchel. Dann stand sie auf, um sich noch Kaffee zu holen.
    Während sie sich einschenkte, sah sie ihnen durchs Fenster zu. Piper beugte sich nach vorn und streckte das Kinn heraus; sie wollte ihrem Vater von ihrem ersten Tauchgang erzählen. Kate beobachtete, wie Chris der Darstellung folgte, und sah, wie sich

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