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Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
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Arbeitszeiten, weil sie entweder keine Wahl hatten oder es so wollten oder beides. Hier fehlte jemand, der dafür Partei ergriff, das, was man liebte, zu verfolgen. Doch wenn Kate sich vorstellte, was diese dritte Partei sagen würde, klang es stets hohl. Außer wenn Elizabeth es schriftlich formulierte. Es ging um Identität, um etwas, das mir gehörte, den Augenblick um ein Uhr nachts, der hinter der Idee stand, die dann verwirklicht wurde, und der nichts mit Dave oder den Kindern zu tun hatte.
    Chris nahm ihr sachte die Kamera aus der Hand und wandte sich wieder den Kindern zu. Er hielt die Linse auf James, der Piper dabei half, ihre Schnur zu entwirren. Sie sah ihn bewundernd und zuversichtlich an, hatte Vertrauen in ihren älteren Bruder, der die Dinge geradebiegen konnte, wenn er nicht gerade auf ihrer Welt herumtrampelte. Kate konnte den großen Bruder sehen, zu dem er werden würde, wenn er von Menschen umgeben wurde, die ihn zu Freundlichkeit und Loyalität ermutigten statt zu dem allzu einfachen Vergnügen, jüngere Geschwister niederzumachen.
    Klick . Chris sah sich das Bild auf dem Display an. Dann drückte er auf die Rückwärtstaste, um durch die Fotos zu blättern, die Kate gerade geknipst hatte – bunte Drachen vor dem Himmel, fröhliche Kindergesichter, die nach oben schauten –, und setzte sich hin, um bei seinem Kaffee die alten Urlaubsfotos anzusehen. Das Thema Restaurant war erledigt.
    Kate drehte sich um und ging ins Haus, um etwas zu essen. Die Nummer des Restaurantbesitzers lag auf der Anrichte. Sie konnte wahrscheinlich erst mal eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen: Hallo, hier ist Kate Spenser, die Bekannte von Anthony Devillier. Ich würde gern mit Ihnen über die Stelle reden . Oder: Hallo, Kate Spenser hier. Ich wollte Ihnen Bescheid geben, dass ich das Angebot leider ablehnen muss . Sie zog den Deckel aus Alufolie von einem Joghurtbecher ab und holte einen Löffel aus der Schublade. Als sie wieder auf die Veranda kam, betrachtete Chris gerade eingehend die Kamera. Sie lehnte sich über seine Schulter; sie hatte am Strand und am Karussell ein paar gute Bilder geschossen. Aber er sah die Fotos vom Krocket an, auf denen Piper winzig zwischen Dave Martins langen Armen stand, als er ihr zeigte, wie man den Hammer schwang. Dave, der vor kurzem bei ihnen im Garten gestanden hatte, sandig und ohne T-Shirt, so zu Hause in der Szenerie mit den Kindern, dass es den Eindruck erweckte, als hätte er mehrere Tage hier verbracht.
    Chris sah zu ihr hoch. »Wann war denn Dave Martin hier?«
    Kate wurde bewusst, dass sie es noch nicht erwähnt hatte. Schon während sie den Mund öffnete, wusste sie, dass sie nicht die richtigen Worte fand. Ja, kannst du das glauben, dass er tatsächlich vorbeigekommen ist? Hab ich gestern Abend gar nicht dran gedacht . Das hätte sie ihm sagen und ihn dabei berühren sollen, um ihn daran zu erinnern, warum sie abgelenkt gewesen war. Doch sie lachte verlegen und sagte: »Oh ja, das habe ich dir ja noch gar nicht erzählt.«
    Er klickte zurück zum vorherigen Bild und sah die Kinder in ihren Schlafanzügen auf dem Rasen herumtollen und dann auf dem Bild davor Dave, wie er in der Küche Pfannkuchen aß.
    »Ist er über Nacht geblieben?«
    »Nein. Sie sind morgens früh hergekommen. Es war nur ein Tagesausflug. Wir haben Burger gegessen, und dann sind sie am selben Abend wieder gefahren.«
    »Oh.«
    Er hielt ihren Blick noch einen Moment länger mit einem schwer zu deutenden Ausdruck fest. Dann sah er wieder auf das Display, sah Dave Martin an ihren Küchentresen gelehnt, zerzaust, entspannt, zu Hause.

Sechsundzwanzig
    Die Sonne war bereits vor ein paar Stunden untergegangen, und auf einem großen Segelboot vor der Küste wurde noch immer gefeiert. Seine Umrisse waren von Lichterketten erleuchtet, und der Mast und die Segel blinkten wie ein nautischer Weihnachtsbaum. Musik und Gelächter drangen durch die geöffneten Fenster der Dachkammer.
    Nur noch wenige Einträge verblieben in dem mit dem Foto von Elizabeth, Jonah und Anna beklebten Buch. Die Truhe stand neben der Liege auf dem Boden, und der aufgebrochene Deckel hing schief in den Scharnieren. Heute Abend würde Kate das nächste und letzte Tagebuch beginnen, das sie durch die letzten Monate von Elizabeths letztem Jahr führen würde – Emilys Geburt, Elizabeths achtunddreißigster Geburtstag und die Ereignisse, die sie zu Michael geführt haben mochten. Zu Kates Überraschung verschaffte der Gedanke an das

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