Wolkentaenzerin
es manchmal verletzend war. Keine Abende mehr mit Pizza, wenn die Männer weg sind und aus einem Glas Wein zwei werden und wir uns über ihre Nachahmungen von Chris und den Kindern totlachen. Wenn sie sich wirklich auf etwas einlässt – ein Kind, ein Haustier, selbst ein Obstkuchen –, dann blüht es einfach auf. Alles fühlt sich jetzt schon langweilig an. Sie ist schon gar nicht mehr richtig hier.
Kate legte das Buch beiseite und kühlte sich mit den Handflächen ihre heißen Wangen. Langsam und tief atmete sie durch die Lücke zwischen ihren Händen ein. Eine ganze Weile saß sie so da und merkte nicht, wie ihr traumartiger Zustand in tatsächliche Träume überging.
Sie befand sich auf einem Transatlantikflug. Irgendwie sollte sie Chris treffen, ein Notfall, eine Rettung. Sie umklammerte auf ihrem Schoß ein unhandliches Handgepäckstück, Fluchtwerkzeuge, und klingelte nach einem Flugbegleiter, der ihr dabei helfen sollte, die Tasche im Gepäckfach zu verstauen. Mehrere Augenblicke verstrichen, und niemand kam. Sie sah den Gang entlang nach vorn und spähte dann nach hinten. Doch die Flugbegleiter, die bei den Aluminiumwägelchen herumstanden, waren riesige Kaninchen mit langen Nasen und grinsten verschlagen wie Ratten unter ihren feschen Hütchen. In allen Sitzreihen saßen Kaninchen. Sie waren grau und hatten herunterhängende fettige Schnurrhaare, manche hatten rote Augen und hervorstehende Zähne wie Stalaktiten zwischen schmalen Lippen. Kate wich zurück und ließ ihre Tasche fallen, die sich zu winden begann. Sie griff hinein, um ihre Utensilien in Sicherheit zu bringen, zog stattdessen jedoch eine Handvoll winziger Kaninchenbabys heraus, die nackt waren und wimmerten und deren Augen noch geschlossen waren. Alle sind Ihre Kinder , ließ sich eine Stimme über die Lautsprecheranlage vernehmen. Kate hielt die Kaninchen in den Händen, doch sie schrumpften, und sie konnte sie kaum noch festhalten, als sie ihr durch die Finger glitten und eines nach dem anderen mit einem grotesken dumpfen Poltern zu Boden fiel.
Kate wachte durch ein Poltern auf, von einem Geräusch im Haus, das in ihren Traum eingedrungen war. Sie setzte sich auf der Chaiselongue auf und war sofort hellwach. Sie lauschte den Geräuschen. Schritte auf der Veranda. Kratzen auf Holz und das Knarren von einem Gegenstand, der angehoben wurde und dabei über etwas scheuerte. Ein Fenster wurde geöffnet.
Sie stolperte über die Kante der Liege und krabbelte zur Luke. Vor ihr lief ein Film ab, in dem Waffen und Fesseln vorkamen; auch Geldforderungen und eine vergebliche Suche nach Wertsachen malte sie sich aus. Und dann Wut über die zu geringe Beute. Der Schlosser hatte sie vor Einbrüchen gewarnt. Ihr Herzschlag pulsierte in ihren Ohren, und ihre Kinder lagen unten in ihren Betten, und der Weg zur Leiter war endlos.
Sie war unachtsam gewesen. Etwas war ihr entgangen. Bei all ihren Vorkehrungen, ihren Feuerlöschern und Wasserkühlern und Vorräten in der Reserveradmulde hatte sie keinen Plan für Eindringlinge. So würde es also ablaufen. Sollte sie ihre schlafenden Kinder erwähnen und um Gnade flehen, oder wurde es dadurch nur schlimmer? Was hatte Elizabeth … Wie hatte Elizabeth …
Sie kraxelte die Leiter hinunter, verfehlte dabei die Stufen und fiel die letzten hinab.
»Kate, ich bin’s«, ertönte eine Stimme aus dem Wohnzimmer. »Du hast abgeschlossen. Ich wollte euch nicht aufwecken.«
Sie hockte sich auf den Boden und versuchte sich zu beruhigen. Dann stand sie auf, ging aus dem Schlafzimmer und wischte sich dabei die feuchten Handflächen ab.
Chris kletterte weiter durchs Fenster und sah aus wie jemand, der einen Transatlantikflug hinter sich hatte: dunkler Anzug, in dem er offenbar geschlafen hatte, lose, schief hängende Krawatte. Sein kupferfarbenes Haar fiel in Strähnen herab und ließ vermuten, dass die letzte Dusche einige Zeitzonen zurücklag. Ihn zu Hause zu sehen, zu wissen, dass er nicht länger an Top-Tourismus-Standorten herumspazierte, durchflutete Kate mit einer Erleichterung, die so stark war wie Verlangen.
Chris blickte auf und sah sie kraftlos in ihrem alten schwarzen Unterhemd in der Tür stehen. Er ließ seine Reisetasche draußen vor dem Fenster stehen und ging auf sie zu.
»Willkommen zu Hause«, begrüßte Kate ihn, als er sie auf die Stirn küsste.
»Es ist schön, wieder da zu sein.« Er strich mit der Hand über den Streifen nackter Haut an ihrer Taille und hakte einen Zeigefinger in den Bund
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