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Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
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voll oder die Musik zu laut, die Bremsen stachen zu aggressiv oder die Menschen lagen viel zu dicht beieinander und hörten unfreiwillig den Unterhaltungen ihrer Nachbarn zu. Doch an diesem letzten Tag waren die Voraussetzungen fürs Angeln perfekt, und die Halbinsel war beinahe menschenleer. Chris hatte diesen Ort ausgewählt, um in der Brandung die Angelschnur auszuwerfen, da er auf Felsenbarsch, Bonito und Thonine hoffte. Sie hatten eine Genehmigung, um über den Sand zu fahren, und die Luft aus den Reifen halb abgelassen. So fuhren sie an den Sonnenbadenden und Ballspielenden vorbei bis an die Spitze der Halbinsel, wo sie beinahe vollkommen für sich waren.
    Nach einer halben Stunde begannen die Kinder, sich mit ihren Ruten zu langweilen, und nach einer Stunde Muschelsuchen in den flachen Wasserpfützen der Ebbe hatten sie ihre Harken und Spaten verloren, zerbrochen oder liegengelassen. Doch in den Dünen war niemand, und eine leichte Brise wehte. Im Auto war bereits alles Notwendige verstaut, und so schlugen sie ihr Lager auf und überzeugten Piper davon, dass es hier genauso schön zum Schwimmen war wie an ihrem Lieblingsstrand.
    Chris hatte über Gezeitentabellen der unterschiedlichen Inselregionen gebrütet, und als die Verhältnisse optimal waren, stand er mit der Entschlossenheit Ahabs da und wartete. Die Strandlinie kam langsam näher. Es schien, als könnte man den wilden Pflaumen am Strand beim Wachsen zusehen. Und immer noch hatte nichts angebissen. Chris erzählte von vergangenen Erfolgen, als er genau an dieser Stelle einmal einen vierzig Pfund schweren Barsch mit lebendigen Aalen als Köder gefangen hatte, und das würde ihm auch heute gelingen. Doch bis es Zeit für die Abreise war, hatte nichts angebissen. Aber wie es seinem Naturell entsprach, nahm er es gelassen.
    »Ich dachte, ich würde heute einen erwischen«, sagte er leichthin, während er das Auto aus dem Sand auf die Kreuzung zusteuerte, an der sie die Halbinsel verlassen würden. »Ich habe das Angelkarma gespürt.«
    »Angelkarma beehrt ja nur selten die in Begleitung von lauten Sechs- und Vierjährigen«, sagte Kate. Gagelsträucher und vom Wind zerzauster Wacholder säumten die Zufahrtstraße, und sie atmete die Sommerdüfte ein, die ins Auto hineinströmten.
    »Du hast sowieso nicht daran geglaubt.« Chris tat so, als wäre er beleidigt. Er war sonnenverbrannt und seine Haut von Salz überzogen, und sein linker Ellenbogen hing lässig aus dem Fenster. Er lächelte, betrübt und kokett flirtend.
    »Du hast kein Vertrauen in mich.«
    Kate grinste.
    »Du warst derjenige, mein Lieber, der Hummer und Muscheln vorgeschlagen hat. Du warst es, der kein Vertrauen hatte, dass ich mitkommen würde, wenn du mich nicht mit einem Muschelessen lockst.«
    Die Sonne wärmte ihren Arm, und sie schlug sacht mit den Fingern auf den offenen Fensterrahmen.
    Das Leben auf der Insel vertrug sich nicht mit Sorgen über Nervengasfläschchen und Wasserverunreinigung. Als sie das dachte, glaubte sie auch beinahe daran. Keine warnende innere Stimme flüsterte ihr mögliche Bedrohungen zu – sinkende Fähren, ansteckende Kaninchen, verpestete Wolken, die aus Boston herüberzogen. Das waren die Nachwirkungen eines überaktiven Verstandes, eines Verstandes, der daran gewöhnt war, die Kontrolle zu haben. Und – das war die Überraschung, ein unerwartetes Geschenk der Logik – vielleicht vertrug sich das Leben in Washington oder anderswo ebenso wenig mit solchen Ängsten.
    Sie erreichten das Ende der langen, sandigen Zufahrtstraße, und Chris wartete ab, bis er sich in den Verkehr einfädeln konnte. An der Ecke befand sich ein Verkaufsstand, ein Holzschuppen mit einigen Tischen, auf denen Obst, Gemüse und Blumen auslagen. Während das Auto im Leerlauf stand, sah Kate der strickenden Bäuerin zu. Neben ihr fuhr ein kleiner Junge mit seinen Spielzeugautos um die Pappkartons voller Beeren herum.
    »Wie ist denn Max’ Haus angekommen? Verkauft er es tatsächlich?«, fragte Chris.
    »Er hat sich noch nicht wieder gemeldet. Aber es hört sich ganz danach an.«
    Zwischen dem Gemüse lagen auch handgearbeitete Kinderpullis und Mützen zum Verkauf aus, und selbst aus dem Auto in zehn Metern Entfernung konnte Kate die Kunstfertigkeit erkennen. Die auf dem Tisch ausgebreiteten Babydeckchen waren mit aufwendigen Mustern verziert. Eine Strickjacke mit Zopfmuster war um das größere Gemüse drapiert worden, und ein Ärmel umarmte freundschaftlich einen

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