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Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
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weniger schwer, es zu glauben.
    »Das stimmt nicht ganz. Jedenfalls ist es auch nicht unsere Aufgabe, die körperliche Verfassung zu beurteilen oder traditionelle medizinische Verfahren zu ersetzen. Das hier ist kein Ort der letzten Hoffnung.«
    »Mmm«, erwiderte Kate. Ihre Gedanken klinkten sich jedoch bereits aus der Unterhaltung aus. Sie stellte sich eine kränkliche Elizabeth vor, die in der Wüste malte und versuchte, Depression und Wut in erneuerte Gesundheit zu verwandeln.
    »Ich hoffe, Sie verstehen das«, sagte Michael. »Manche würden es als tragisches, zufälliges Ereignis bezeichnen, wir in unserem Institut glauben aber nicht an so etwas oder an die Vorstellung davon, dass etwas Verschwendung ist. Elizabeth ist ihren Weg gegangen, und das gehörte dazu. Sie hatte tatsächlich schon eine Menge in der kurzen Zeit gewonnen, in der sie sich auf den Aufenthalt vorbereitete, und ich glaube, dass sich das in ihren Aufzeichnungen widerspiegelt. Sie machte Pläne und fertigte Zeichnungen in ihrem Notizbuch an, nach ihrer Diagnose.«
    Das Wort hallte hässlich in der Leitung. Kate dachte an das fehlende Notizbuch und wie viel mehr darin zu finden gewesen sein musste in den wenigen Monaten nach Emilys Geburt. All der fürchterliche Schreibkram .
    »Sie hat also ihre Aufzeichnungen mitgenommen.«
    Kate achtete darauf, ihre Stimme nicht wie bei einer Frage anzuheben.
    »Mit den eigenen Aufzeichnungen zu arbeiten ist für manche Teil des Prozesses, und wir ermutigen auch dazu. Vor allem bei Menschen, die so produktiv sind, wie sie es war, die sowohl mit Sprache als auch mit Malerei arbeiten. Aber wir sprechen nicht über den Prozess mit Menschen, die keine Gäste bei uns sind. Ich hoffe, Sie verstehen das.«
    Als Kate schwieg, fuhr er fort: »Sie war schon viel mehr mit sich im Reinen, als sie nach Kalifornien aufbrach, weniger wütend. Sie war dabei, den Groll auf den Fluch der Erbanlagen abzulegen und auf vieles andere auch. Aber Sie waren ja ihre Freundin, Sie wissen das alles.«
    Sie wusste es nicht. Aber sie wusste, dass es eine starke genetische Verbindung zu der Krankheit gab, die Elizabeths Mutter und Tante mit sich gerissen hatte. Und sie wusste, dass eine erhebliche Chance bestand, dass eine Frau, die bereits einmal von einem Partner im Stich gelassen wurde, als er ihr während einer gesundheitlichen Krise nicht zur Seite gestanden hatte, es sich nicht erlauben würde, noch einmal auf ihn zu vertrauen. Oder dass sie möglicherweise alles selbst in die Hand nehmen würde, auf ihre eigene stille Art, wie auch ihre Mutter es getan hatte.
    Das Rascheln von Papier und etwas in Michaels Tonfall deuteten an, dass er zum Schluss kommen wollte, und Kate wusste, dass die Unterhaltung an ihrem Ende angelangt war. »Ich hoffe, dass die Familie zumindest darin Trost findet.«
    Kate zögerte. »Ich glaube, sie fangen gerade damit an.«

Dreißig
    Sonntags war der Verkehr im August immer am stärksten. Das war so unvermeidlich im Sommerurlaub wie die muffigen Kissen in Ferienhäusern. Seitdem sie von der Fähre heruntergefahren waren, bewegten sie sich auf Straßen voller wandernder Massen, über die Massachusetts-Grenze und südwärts an der Küste Connecticuts entlang. Den ganzen Nachmittag lang überholten sie immer wieder dieselben Autos, die dann wiederum sie überholten. Die Kinder waren eingeschlafen, doch obwohl Kate ihren Sitz zurückgestellt und die Augen geschlossen hatte, konnte sie nicht schlafen. Sie strich sich das Haar aus der Stirn und stellte die Lüftung so ein, dass sie ihr ins Gesicht blies.
    »Was hast du Dave gesagt, wann wir ankommen?«, fragte Chris kühl.
    »Ich habe nicht angerufen.«
    Er warf ihr einen Blick zu und schaute dann wieder nach vorn.
    »Was, wenn er nicht da ist?«
    »Er wird da sein.« Kate sah aus dem Fenster.
    Sie hatte Dave bewusst nicht über ihren Besuch informiert. Sie hatte keine Ahnung, was sie am Telefon hätte sagen sollen, irgendetwas, das mit Sicherheit furchtbar geheimnisvoll geklungen hätte: Ich muss mit dir reden . Oder direkter: Ich weiß, weshalb Elizabeth nach Los Angeles geflogen ist . Er wäre womöglich wütend geworden, wenn sie am Telefon nichts sagen wollte, oder hätte sich gedacht, dass sie nicht zu kommen brauchte, wenn er tatsächlich das Tagebuch mitgenommen hatte. Gib dir keine Mühe , und damit wäre es erledigt gewesen. Sie wusste nicht, ob er nachtragend war oder ob er etwas vergeben konnte. Aber falls ihr Verhältnis durch ihre Anschuldigung, dass

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