Wolkentaenzerin
mich nur für sie interessieren.
Aber Sra. P wusste es besser. »Cara mia«, hat sie gesagt und ist zu mir herübergekommen. Sie hat mich in den Arm genommen und dabei nasse Spuren auf meinem Rücken hinterlassen.
Neun
Der Fahrradweg führte über den nördlichsten Teil von Great Rock, eine fünf Meilen lange Schleife, die bis zu den Anlegestellen der Hummerboote reichte und durchs Naturschutzgebiet und die Wiesen der Lamafarm verlief, die für ihre handgefärbte Wolle bekannt war. Die Strecke war zu lang für Piper, so dass Chris mit ihr angeln gegangen war. Die beiden trugen die Verantwortung für das Abendessen, wenn nicht per Angelrute, dann über die Fischläden am Hafen.
Für James waren fünf Meilen auf dem Fahrrad ein zumutbares Ziel. Zu Hause hatte Kate ihn an einem Samstagmorgen im Frühling auf eine 3-Meilen-Radtour mitgenommen. Ein Überbleibsel vom Sonnenaufgang hatte noch den Himmel gefärbt, als sie an den Denkmälern vorbei und um das Flutbecken herum radelten, die Bäume mit Kirschblüten übersät wie von einem späten Schneesturm. Sie wollten das Weiße Haus besuchen, doch hatte kürzlich eine Terrorwarnung die Sicherheitskräfte in Verteidigungsstellung gebracht. So spähten sie also durch die hohen Absperrungen, um einen Blick auf die berühmten weißen Säulen zu erhaschen. Als sie dort standen und schauten, startete gerade der Helikopter des Präsidenten und flog davon, schrapp-schrapp-schrapp vor dem rosa zerlaufenden Himmel. Während sie ihm zusah, wie er in der Ferne immer kleiner wurde, hatte Kate sich unglaublich verwurzelt gefühlt, gebunden in jeder Hinsicht.
Jahrelang war das Reisen als Familie etwas gewesen, bei dem alles festgelegt werden musste und die Flexibilität von sperrigem Gepäck und einem von Mittagsschlaf, Mahlzeiten und Launen bestimmten Tagesablauf eingeschränkt wurde. Es hatte den Anschein gehabt, als würden diese Jahre bis in alle Ewigkeit andauern, und ein kleiner Teil von Kate hatte sich das sogar gewünscht. Erinnerungen selbst an die schwierigen Zeiten – die Kinder, die im Auto, im Flugzeug, im Hotel bis zur Erschöpfung weinten – nahmen eine nostalgische Patina an. Kate hatte den Kindern zugesehen, wie sie schließlich einschliefen, die verschwollenen Münder nun entspannt, und war dabei zu gleichen Teilen erleichtert und untröstlich gewesen. Sie hatte gedacht, dass sie niemals wieder so vollständig die Ihren sein würden wie in diesen Augenblicken der Kapitulation. Die Freiheit, ungebunden zu verreisen, kündigte sich bereits in naher Zukunft an. Und doch ahnte Kate, dass diese Freiheit, ebenso wie vieles andere, das sie überraschte, mit einer Wehmut über zu schnell Vergangenes einhergehen würde.
Der befestigte Weg verlief parallel zur Harvest Road und war so breit, dass zwei Radfahrer nebeneinanderfahren oder sich begegnen konnten. Zwischen dem Weg und der Straße stand ein einfacher niedriger Holzzaun, an dem hier und da Wildrosen oder Giftefeu heraufwucherten. Auf den Wiesen zu ihrer Rechten wuchsen schwarze Heidelbeersträucher und Farnmyrte. Ein zerknautschter Hügel nach dem anderen schwang sich hinunter bis zum Gezeitenbecken. Das Plover-Neck-Schutzgebiet war Kates Lieblingsziel. Andernorts auf der Insel wurden ganze Landstriche für Bebauungen kahlgeschlagen, doch das Schutzgebiet war davor sicher. Die Natur folgte ihren eigenen Gesetzen, und die Felder verwandelten sich langsam in Wälder. Vom Gezeitenbecken aus breiteten sich die Weißfichten und Waldkiefern heimlich auf den Hügeln aus wie in einer stummen Guerilla-Bewegung, die auf den Wiesen eindrang.
Eine Gruppe Radfahrer kam ihnen entgegen, und Kate sah, wie James ins Schwanken geriet. Es brachte ihn aus dem Konzept, mit dem Fahrrad auf seiner Seite bleiben zu müssen. Je mehr er sich darauf konzentrierte, den Fahrrädern auszuweichen, umso mehr schien sein Rad einer suggestiven Anziehungskraft zu folgen. Widerstand ließ seinen kleinen emsigen Rücken steif werden.
»James, schau einfach weiter geradeaus, du machst das super«, rief Kate ihm zu. Die Radfahrer fuhren einer nach dem anderen vorbei und wichen ihm großzügig aus. Die letzte Radlerin, eine Frau, die etwa zehn Jahre älter war als Kate, lächelte sie wissend an. So niedlich , sagte das Lächeln. Geht so schnell vorbei .
Nachdem sie vorbeigefahren waren, trat James rückwärts in die Pedale und bremste dann mit den Füßen auf der Erde ab. »Ich halte an«, rief er Kate zu. »Ich mache eine Trinkpause.«
Das war
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