Wolkentaenzerin
hatte bei ihrem letzten Einkauf vergessen, es zu besorgen. Sie ist einfach nicht dazu bereit. Kates Handy lag auf dem Küchentresen, der Akku war bereits wieder leer. Plötzlich fühlte sie sich durch all das bestimmt, was sie nicht getan hatte.
Sie schloss das Telefon an die Steckdose an, und zwei Nachrichten leuchteten auf. Die erste war von einem weiteren Schlosser, der sich ebenfalls weigerte, an dem winzigen Schloss einer alten Truhe zu arbeiten. So viel zu tun momentan, Einbrüche nehmen zu, und dann die wahnsinnigen Lebenshaltungskosten … Sie löschte die Nachricht und hörte die zweite ab.
»Hey Kate. Ich weiß, dass wir gerade erst telefoniert haben, aber es hat sich etwas Neues auf der Arbeit ergeben.« Dave. Er sprach langsam und klang entspannt. »Meine Firma schickt mich morgen nach Boston, und ich dachte mir, dass ich vielleicht die Kinder mitnehme und wir am nächsten Tag auf dem Rückweg bei euch vorbeikommen. Ein kleiner Tagesausflug zur Abwechslung, wenn es euch passt. Ich dachte, so im Laufe des Vormittags. Meld dich.«
Dave auf Great Rock. Sie hätte gedacht, dass er alles lieber tun würde, als einen Tag mit ihr zu verbringen. Sie nahm ein Bier aus dem Kühlschrank. Einen Augenblick lang stand sie vor der kühlen Öffnung und fragte sich, wie es wohl wäre, ihn hier zu haben, wenn Chris nicht da war.
Er gab ihr die Schuld daran, dass der Schlüssel weg war. Gestohlen, verloren, das spielte für ihn keine Rolle. Kate trank einen langen Schluck. Sie wollte diese Hürde überwunden haben, wollte behaupten können, alles im Griff zu haben.
Sie öffnete die Haustür und sah in die klare Nacht hinaus. Barfuß lief sie über das feuchte Gras zum Geräteschuppen. Hier standen die Gartengeräte, Hacken und Spaten, Hammer, eine Axt. Sie nahm den Klauenhammer mit in die Dachkammer. Das mit dem Foto beklebte Buch lag noch aufgeschlagen auf der Chaiselongue, ungefähr zwei Drittel hatte Kate schon gelesen. Sie nahm noch einen großen Schluck von ihrem Bier.
Sie hob den Hammer und schlug damit auf das Schloss, doch der Schlag streifte es nur, der Hammer rutschte ab und hinterließ kaum eine Schramme. Kate hob den Hammer höher und schlug fester zu, doch er kam neben dem Schloss auf und zersplitterte das Holz. Immer wieder schlug sie zu, Metall auf Metall. Das alte Schloss verbeulte, verbog und verzog sich, gab jedoch nicht nach. Wäre es ein Boxer, würde es beim Anzählen im Stehen noch benommen knien und sich wieder aufrappeln, sich bis zum bitteren Ende wehren. Kate schlug noch einmal zu, und das Schloss sprang auf. Der besiegte Deckel hing schief auf dem verbogenen Metall.
Kate hob ihn an und sah den Stapel auf der rechten Seite, auf dem das schlichte hellbraune Tagebuch lag, in das Elizabeth zuletzt geschrieben hatte, bevor sie in den Flieger nach Los Angeles gestiegen war.
Ein ängstlicher Ruf drang nach oben. Piper rief nach ihr, verängstigt von den merkwürdigen Geräuschen. Kate kletterte hinunter und traf unten auf ihre Tochter, die von unterbrochenen Träumen und mitternächtlichen Nöten glühte. Es würde eine Weile dauern, bis sie sie wieder beruhigt hatte.
Dreiundzwanzig
Das Frühstück am Samstagmorgen wurde von Schritten auf Schotter und laufenden Kindern in der Einfahrt unterbrochen. Jonah und Anna tauchten neben dem Haus auf und rannten die Veranda hinauf. Dave Martin folgte langsamer neben Emily, die über den Rasen watschelte.
Kate sah ihnen entgegen und war überrascht von Daves Aussehen. Sein Haar war länger und lockte sich über seinen Ohren, und er hatte abgenommen. Die Nähte an den Schultern seines Hemds hingen schlaff herunter wie eine Jacke von einem zu kleinen Kleiderbügel, und der Stoff warf Falten auf seinem Oberkörper. Er näherte sich mit Emily der Veranda und wartete, während sie sich auf den dicken Sohlen ihrer Kleinkindsandalen ihren Weg über jede einzelne Stufe bahnte. Kate hielt ihnen die Fliegengittertür auf.
»Hallo zusammen«, begrüßte sie sie und blinzelte in die Morgensonne.
»Sieh dich an, so braun gebrannt und hübsch.« Dave beugte sich zu ihr, legte ihr eine Hand auf die Schulter und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Unter seinen Augen lagen dunkle Ringe wie bei jemandem, der eine Nachtschicht hinter sich hatte.
»Ihr habt’s ja wirklich wunderschön hier.«
»Deswegen mieten wir es auch jedes Jahr wieder.« Kate beugte sich zu Emily hinunter, die wacklig in der Tür stand.
»Hallo, du große Läuferin.«
Sie hielt die Tür auf und
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