Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition)
Namen nie gehört.
»Lutz Reichenbach, du kennst ihn doch, er ist Staatssekretär in unserem Ministerium. Er kann überhaupt niemanden in die Wüste schicken.«
»Und der dort«, fuhr ich auf seinen Nachbar deutend fort, »will ihn sofort absägen.«
Jutta grinste mich an. »Das ist Dr. Hendricks, mein Zahnarzt.«
Hendrix? Der Name sagte mir was.
»Deine Kollegen sind jedenfalls aufgeblasene Affen.« Ich staunte über meine Offenheit.
»Du kennst sie doch gar nicht richtig«, meinte Jutta beschwichtigend.
Es ärgerte mich, dass sie selbst meine Beleidigungen nicht ernst nahm.
»Herr und Frau Sartorius wollen ihre Jungs hier auf dem Rasen aufspielen lassen«, wandte ich mich einem weiteren Ärgernis zu.
»Und?« Jutta sah mich gleichgültig an.
»Ich habe es ihnen verboten!«
Am Büfett entdeckte ich auf einmal Helga. »Da ist ja unsere Nachbarin!«, sagte ich eine Spur zu begeistert. Meine Frau wusste, dass wir mehrmals in der Woche zusammen Kaffee tranken. Sie hatte nie etwas dagegen gesagt, jetzt merkte ich aber, dass es ihr eigentlich nicht recht war.
»Hast du Frau Drux etwa eingeladen?«
»Helga«, entgegnete ich, genüsslich ihren Vornamen betonend, »ist eine gute Bekannte, warum sollte ich sie nicht einladen?«
»Du hättest mir wenigstens etwas sagen können.« Und damit verschwand sie zwischen ihren Gästen.
Ich war froh, Helga zu sehen. Obwohl uns nicht viel verband, fühlte ich mich in ihrer Gegenwart wesentlich wohler als zwischen dieser geballten Demonstration von Männlichkeit. Sie trug ebenfalls Shorts und eine leichte Bluse. Jeder konnte sofort erkennen, wer von den Anwesenden hier nicht hergehörte.
Ich stürzte den Wein runter und griff mir eine Flasche Bier.
»Helga!«, rief ich so laut, dass es auch meine Frau hören musste.
»Du hast den Salat doch nicht etwa selber gemacht?«, fragte sie mit vollem Mund.
»Wo denkst du hin«, erwiderte ich in derselben Lautstärke, »alles billig im Supermarkt eingekauft!«
Ich spürte die Blicke der Gäste auf mir. Langsam begann ich mich wohler zu fühlen.
»Ich wusste gar nicht, dass du Drux heißt«, sagte ich erstaunt. Da wir uns schnell geduzt hatten, hatte ich ihren Nachnamen gar nicht erst verinnerlicht.
»Mein Mann konnte leider nicht mitkommen«, meinte sie bedauernd.
»Umso besser«, sagte ich, ohne recht zu wissen, was daran nun besser sein sollte. Ich drückte ihr einen Kuss auf die Wange, was ich selbst bei meiner Mutter nur ungern tat.
»Was ist denn los mit dir?«, fragte Helga weniger empört, denn überrascht. In ihrem Blick glaubte ich sogar eine gewisse Zustimmung für mein draufgängerisches Verhalten zu entdecken. Es war verblüffend, welche Wirkung männliches Draufgängertum bei Frauen hatte. Bis dahin kannte ich so etwas nur aus Filmen.
Plötzlich kam mir eine verwegene Idee. Warum nicht mal einen Seitensprung mit Helga wagen?
Der Gedanke elektrisierte mich. Ich stand kurz davor, etwas Verbotenes zu tun, das mir hinterher zusätzlich erhebliche Probleme mit Jutta bescheren würde. Ich konnte demnach also zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Dabei war Helga gar nicht mein Typ. Blond, einen halben Kopf größer als ich und mit leichtem Doppelkinn. Wenn sie lachte, lachte sie dermaßen laut, dass ich ständig eine Anzeige wegen Ruhestörung erwartete. Ja, sie lachte selbst dann, wenn es eigentlich nichts zu lachen gab.
»Ich wollte dir einen Vorschlag machen«, sagte ich.
»Einen Vorschlag?« Sie sah mich ungläubig an.
»Am besten, wir gehen runter zur Schaukel«, schlug ich vor und zog sie sanft vom Büfett Richtung Garten. Sie nahm sich noch rasch zwei Würstchen, als befürchtete sie, unterwegs zu verhungern.
Zu meinem Ärger war die Hollywoodschaukel besetzt. Herr und Frau Sartorius ließen es sich bei Würstchen und Kartoffelsalat offensichtlich gut gehen.
»Schmeckt hervorragend«, lobte mich Herr Sartorius, ehe ich irgendetwas sagen konnte.
Ich überlegte, wie ich sie dazu bringen konnte, die Schaukel umgehend zu verlassen. Leider wollte mir ein vernünftiger Grund so schnell nicht einfallen. Als legaler Besitzer der Schaukel und Herr im Haus, zu dem zweifellos auch der Garten gehörte, hatte ich jedoch das Recht, die Schaukel zu jeder Tages- und Nachtzeit ohne Nennung von Gründen zu benutzen.
»Würden Sie Ihren Salat bitte woanders essen«, sagte ich höflich, aber bestimmt, »wir möchten uns jetzt gerne setzen.«
Noch nie war gute Laune schneller aus Gesichtern gewichen als bei Herrn und
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