Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition)

Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition)

Titel: Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Beldt
Vom Netzwerk:
Straße, öffnete ohne jegliche Hemmungen die Tür und stellte sich in den Eingang.
    Ich war so nervös, als würde ich selbst dort stehen.
    Schon nach zwei Minuten bemerkte ich einen Kellner, der Zoe aufforderte, das Lokal zu verlassen. Als sie sich weigerte und nicht von der Stelle bewegte, war ich auf einmal so gerührt, dass mir Tränen in die Augen schossen. Ich hatte schon immer zu unerwarteten Gefühlsausbrüchen geneigt, im Zusammenhang mit einem Kind war mir so etwas jedoch noch nie passiert.
    Schließlich verließ sie widerwillig das Restaurant und kehrte zu mir zurück.
    »Hast du gehört, was sie gesagt haben?«, fragte ich aufgeregt und wischte mir schnell die Tränen weg.
    Sie schien zu überlegen, ob sie irgendetwas von dem, was sie gehört hatte, auch verstand.
    »Nicht viel«, meinte sie ein wenig bedauernd, »wenn mich der blöde Mann nicht gestört hätte … «
    »Und?«
    Zoe zuckte die Schultern. »›Wir werden es ihm schon zeigen‹ und ›Das ist doch eine Null‹ oder so.«
    Ich wurde rot. »Hat das die Frau gesagt oder der Mann?«
    Sie stülpte ihre Lippen vor, als wäre es ihr im Grunde egal.
    »Das ist sehr wichtig«, sagte ich nervös, fragte mich allerdings, ob es noch eine Rolle spielte.
    »Ich glaube, es war der Mann. Bekomme ich jetzt die Schokolade?«
    Ich wusste nicht, ob ich wütend oder beleidigt sein sollte. Ich hatte Gunnar also von Anfang an richtig eingeschätzt. Nur welche Rolle Jutta dabei spielte, war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz klar. Womöglich hatte er sie inzwischen so um den kleinen Finger gewickelt, dass sie sich nicht mehr zur Wehr setzen konnte und alles blind akzeptierte, auch wenn sie insgeheim der Meinung war, dass die Geschichte langsam auszuufern begann. Vielleicht hatte meine Frau ursprünglich nur an einen kurzen Seitensprung gedacht, während Gunnar den kompletten Partnerwechsel bereits fest im Blick hatte. Ein deutliches Wort hätte auch hier klare Verhältnisse geschaffen. Immer mehr kam ich zu der Überzeugung, dass die meisten Probleme nur deshalb entstanden, weil sich die wenigsten getrauten, ihre Vorstellungen klar zu äußern. Mit ein paar Geheimnissen konnte man zwar eine Frau erobern, aber keine langjährige Ehe führen.
    Es musste etwas passieren. Und es musste jetzt etwas passieren.
    Da es offenbar keine andere Möglichkeit gab, als wieder einmal zur Tat zu schreiten – nach dem Squashspiel hätte ich neuerliche Einsätze dieser Art gerne vermieden – , kam ich auf die verrückte Idee, vor dem Restaurant eine handgreifliche Auseinandersetzung zu inszenieren, um allen Beteiligten zu zeigen, dass Bernd Wollmann im Zweifel auch mal zulangen konnte. Trotz ihrer Emanzipation schien die Frau weiterhin am Bild des tatkräftigen, gegebenenfalls hart durchgreifenden Mannes festzuhalten. Der Gedanke, dass sich auch der Mann weiterentwickelte und dabei jede Lust an derlei Hahnenkämpfen verloren hatte, war den meisten Frauen anscheinend vollkommen fremd. Von Gleichberechtigung konnte hier jedenfalls nicht die Rede sein.
    Ich sah mich um. Auf dem Gendarmenmarkt bemerkte ich eine Gruppe junger Touristen, die sich abwechselnd vor der Kulisse des Konzerthauses fotografieren ließen. Ich müsste nur jemanden überzeugen, einen fingierten Streit mit mir anzufangen, aus dem ich natürlich als Sieger hervorgehen würde.
    Ich bat Zoe, hinter dem Auto zu warten, und ging zu den jungen Männern. Wie sich herausstellte, handelte es sich um polnische Touristen. Einer von ihnen – er hatte gerötete Augen und wirkte mit seinen bäuerlich-groben Gesichtszügen auch für Gewalttaten offen, was mir sehr gelegen kam –, sprach sogar etwas Deutsch. Ich erklärte ihm meinen Plan, worauf er spontan einwilligte, was mich kurz stutzig machte, aber nicht weiter beschäftigte. Vorsichtshalber drückte ich ihm noch zehn Euro in die Hand, um ihm die spätere Niederlage ein wenig zu versüßen.
    Zurück vorm Restaurant fingen wir eine lautstarke Auseinandersetzung an. Zunächst lief alles wie geplant. Nach einem kurzen Wortgefecht sah ich, dass mich Jutta und Gunnar bemerkt hatten. Nun legte ich richtig los.
    »Ihr Polen seid doch alle Autodiebe«, rief ich, so wütend es mir eben möglich war. Ich hatte mein Kreuz durchgedrückt, die Arme schwangen kampfbereit vor und zurück, ein wenig erinnerte es an die Revierkämpfe von Gorillas, wobei noch nicht klar war, wer nun in welches Revier eingedrungen war.
    »Was willst du von mir?«, fragte der Pole, er war einen halben

Weitere Kostenlose Bücher