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Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition)

Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition)

Titel: Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Beldt
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hineingestopft, als sich meine Frau pünktlich zu Beginn des Abendprogramms mit einem mehrstöckigen Sandwich auf ihre Sofaseite setzte und anfing zu essen. Ich war entsetzt, bemühte mich aber, nichts zu sagen. Jahrelang hatte ich ihr ein abwechslungsreiches Essen geboten, und nun stellte sich in der ersten Krise zufällig heraus, dass sie im Grunde viel lieber Junk-Food mochte. Ich fühlte mich düpiert. Und je länger ich darüber nachdachte, desto ärgerlicher wurde ich. Warum hatte sie mir verschwiegen, dass sie gerne pappiges Brot mit Wurst und Käse aus eingeschweißten Kunststoffverpackungen aß? Mir wurde langsam klar, warum so viele Ehen geschieden wurden. In Krisenzeiten zeigte sich erst der wahre Charakter eines Menschen, der sich sonst hinter großen Gefühlen problemlos verbergen ließ. Was mich aber am meisten ärgerte, war, dass ich drei Stunden mit ähnlichem Vergnügen Chips und Kräcker verspeist hatte.
    Den ganzen Abend saßen wir stumm auf der Couch und verfolgten eine Liebesromanze im schottischen Hochland. Der Schlossherr verliebte sich in eine zu Besuch weilende Börsenmaklerin aus London, die seine Gefühle zunächst jedoch nicht erwiderte. Es war klar zu erkennen, dass sie kaum etwas gemeinsam hatten. Doch der Schlossherr trat mit einem derartigen Selbstbewusstsein auf, dass sich die zögernde Börsenmaklerin schließlich zum Bleiben entschloss. Es endete damit, dass die Frau nicht nur ihre Liebe zum Schlossherrn entdeckte, sondern auch noch zu Tieren und Pflanzen und ihren Job in London schließlich aufgab. Ich war fassungslos über den Unsinn, der einem geboten wurde. Eine Sekunde gab ich meine Zurückhaltung auf und blickte empört zu Jutta. Sie hatte Tränen in den Augen und schnäuzte sich in diesem Moment laut die Nase.
    Am darauffolgenden Freitag waren wir mit einem Paar aus Juttas Bekanntenkreis verabredet. Der Termin hatte schon lange vor unserem Krach festgestanden, sodass es mir schwerfiel, eine passende Ausrede zu finden, nicht mitzukommen.
    In den Tagen zuvor waren wir uns keinen Schritt näher gekommen. Die Lage hatte sich gewissermaßen stabilisiert. Ich war erstaunt, wie leicht es uns fiel, weder miteinander zu sprechen noch uns eine Minute anzusehen. Im Grunde führten wir das Leben eines alten Ehepaares, das sich auf unterstem Niveau arrangiert hatte. Wir lebten zwar in einem Haus, führten aber getrennte Leben. Je länger der Zustand anhielt, desto schwieriger wurde es, wieder in unser gemeinsames Leben zurückzufinden. Obwohl ich Schuld an dieser verfahrenen Lage hatte, wurde ich von Tag zu Tag beleidigter, dass meine Frau die Situation so lange ertrug. Es schien sie nicht im Geringsten zu stören, dass ich weder Frühstück noch Abendessen machte, ihre Wäsche nicht mehr wusch und kleine Aufmerksamkeiten wie die abendliche Praline auf ihrem Kopfkissen komplett eingestellt hatte. Selbst das Fernsehproblem war inzwischen gelöst. Jutta hatte sich den kleinen Ersatzfernseher mit aufs Schlafzimmer genommen und sah nun jeden Abend allein fern.
    Ich fragte mich, wozu sie mich überhaupt noch brauchte. Zwar hatte sie mich nie darum gebeten, ihr Frühstück und Abendessen zu machen und die Wäsche zu waschen, aber ich hatte es für eine Selbstverständlichkeit gehalten, ihr den Alltag möglichst vom Leib zu halten. Vor allem hatte ich es gerne getan. Ich hatte Spaß an meiner Arbeit und freute mich, ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Doch vielleicht war genau dies das Problem. Vielleicht waren die Frauen einfach noch nicht reif für die Emanzipation des Mannes.
    Im Laufe der Woche kam mir ein schrecklicher Gedanke: War Gunnar womöglich die Ursache für Juttas anhaltendes Desinteresse an einer Aussöhnung? Kam ihr unsere Funkstille am Ende sogar ganz gelegen, um sich noch mehr auf ihn zu konzentrieren?
    Mir war klar, dass Gunnar eine beträchtliche Wirkung auf meine Frau hatte. Obwohl sie es immer versucht hatte herunterzuspielen, war sie zweifellos beeindruckt von seiner männlichen Ausstrahlung. Er hatte eine altmodische Virilität, die bei den Frauen offenbar immer noch gut ankam. Trotz Juttas Beteuerung, froh zu sein, mit einem Mann wir mir zusammenzuleben, der sich im Gegensatz zu ihrem früheren Mann nicht mehr dauernd beweisen musste und seine Schwächen offen zeigte, steckte tief in ihr drin eine Frau, die einen Mann im Bärenfell immer noch mehr bewunderte als einen mit Kochschürze. Und solange sich hier nichts Entscheidendes änderte, musste ich wohl mit einem

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