Wollust - Roman
werden könnten, hätten sie nicht in einem von Olivers bevorzugten Raststätten Halt gemacht. Der Diner war bekannt für seine günstigen Preise, große Portionen und saubere Toiletten – drei Volltreffer im Land der Fernfahrer. Scott bestellte einen Cheeseburger mit Pommes frites, Marge wählte für sich ein Thunfisch-Sandwich mit Käse überbacken aus. Beide nahmen noch ein Apfeltörtchen zum Nachtisch.
Gegen zwei Uhr nachmittags bogen sie auf den Strip ein. Kein Wölkchen am Himmel, und die Thermometeranzeige tänzelte um die Dreißig-Grad-Marke herum. Während sie den Las Vegas Boulevard gen Norden entlangdüsten, schien die Sonne unerbittlich und wurde von der Four-Seasons-Fassade auf die goldenen Glasflächen des Mandala Bay Hotels reflektiert. Das gleißende Licht verfolgte sie den gesamten Strip entlang. Die gigantischen Hotels spendeten kaum Schatten, weil sie wie
Monolithen schnörkellos nach oben aufragten. Ihre Vertikalität wurde dadurch noch stärker betont, dass sie inmitten der Mojave-Wüste gebaut worden waren. Oliver hatte Zimmer in einem kleinen, aber zweckdienlichen Motel abseits des Strips gebucht. Die Hotellobby war in einem hell erleuchteten Atrium untergebracht, in dem kleine Tische herumstanden und es eine Rezeption und eine Reihe Spielautomaten gab, die sogar dann piepten und blinkten, wenn niemand an ihnen spielte.
Nachdem sie in ihre jeweiligen Zimmer eingecheckt und ausgepackt hatten, ließ sich Marge auf ihr Bett plumpsen und rief Detective Lonnie Silver vom Handy aus an. »Hallo, hier spricht Sergeant Dunn.«
»Willkommen in Vegas. Wie war die Fahrt?«
»Gar nicht so übel. Das Wetter ist sehr angenehm.«
»Ja, es ist herrlich draußen. Viel zu schön, um in Mordfällen zu versinken.«
»Irgendwelche Neuigkeiten von Garth Hammerling?«, kam Marge gleich zur Sache.
»Ich habe weder ihn noch die Frau auftreiben können. Aber es kam gerade vor einer Stunde eine interessante Meldung herein. Gut, dass Sie hergekommen sind.«
»Das klingt verdächtig.«
»Interessant, nicht verdächtig. Noch nicht. Ich seziere gerade eine Spur in einem anderen Mordfall, an dem wir gerade arbeiten. Wie wär’s, wenn wir uns in ein paar Stunden treffen?«
»Sagen Sie mir einfach, wo.«
Silver fragte Marge nach ihrem Hotel. »Ich komme bei Ihnen vorbei und rufe Sie an, wenn ich da bin. In der Lobby ist ein kleines Café. Dort können wir uns unterhalten.«
Er legte auf. Kurz darauf klopfte Oliver an die Verbindungstür zwischen ihren beiden Zimmern. Marge stand auf und öffnete sie.
»Wir haben in ein paar Stunden eine Verabredung. Garth Hammerling hat er nicht ausfindig gemacht, aber er ist froh, dass wir hier sind. Es gab da eine interessante Meldung.«
»Was heißt das?«
»Keine Ahnung, aber ich vermute mal, das werden wir bald erfahren.« Sie blickte auf die Uhr. »Uns bleibt noch etwas Zeit. Das Wetter ist perfekt. Ich glaube, ich springe kurz in den Hotelpool.«
»Viel Spaß.«
»Was hast du vor?«
»Ich habe die letzten fünf Stunden gesessen. Und weil es draußen so schön ist, mache ich wohl einen Spaziergang. Mal sehen, was so in der Stadt los ist.«
»Du weißt doch, was in der Stadt los ist, Oliver. Spielen, spielen und noch mehr spielen. Wie viel Geld hast du mitgebracht, um es in der Toilette herunterzuspülen?«
»Seit wann bist du denn so voreingenommen?«
»Mir ist es völlig egal, ob die Leute spielen. Ich möchte nur nicht, dass mein Freund und Partner sein letztes Hemd verliert.« Sie streckte ihm eine Hand entgegen. »Gib mir die Hälfte. Du wirst mir später dankbar sein, wenn die Spielsucht wieder abgeklungen ist und deine Taschen leer sind.«
Oliver dachte nach, zählte dann fünf Hundert-Dollar-Scheine aus einem Bündel ab und klatschte sie auf Marges hingehaltene Handfläche. »Ich weiß nicht, warum ich das tue.«
»Vielleicht weil ich recht habe.«
Oliver grummelte vor sich hin. »In einer Stunde bin ich wieder da. Ich will an die Kartentische. Der Pokereinsatz ist tagsüber niedriger. Ich probiere da ein ganz neues System aus, und ich habe nicht vor zu verlieren.«
»Das hat niemand, Scott. Genau darum stapeln sich hier die Menschenmassen und werden die Hotels immer größer.«
Aus Gewohnheit schaltete Decker sein Handy wieder an, nachdem er die Trauerfeier für Adrianna Blanc verlassen hatte, und wie immer gab es neue Nachrichten. Er überlegte sich, sie am besten gleich abzuhören, damit er danach in Ruhe seinen Lunch und seine Familie
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