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Wollust - Roman

Wollust - Roman

Titel: Wollust - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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zurechtweisen würde. Stattdessen sagte sie: »Ich weiß, was du meinst: sechs stramme Erwachsene, die ihren Platz beanspruchen. Sieben, wenn man Gabe mitzählt. Und er isst hier, also finde ich, müssen wir ihn mitzählen. Ich denke mal, ich habe genug gekocht, aber vielleicht habe ich vergessen, welche Menge Männer vertilgen.«
    »Ich nehme mir zum Schluss«, beruhigte Decker sie.
    »Nein, du bist das Geburtstagskind«, sagte Rina. »Du nimmst zuerst. Ich habe Lamm gemacht. Es ist nicht nur dein Lieblingsessen, sondern auch das von Yonkie. Der Junge kann’s kaum mehr erwarten.«
    »Lamm wie in Lammkarree?«
    »Ja.«
    »Lecker. Wie viele Karrees hast du gemacht?«
    »Zieht man den Knochen ab, bleibt nicht viel Fleisch übrig. Also brauchte ich ziemlich viele.«
    Decker verzog das Gesicht. »Wie teuer war das alles?«
    »Das willst du gar nicht wissen.« Rina stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. »Du isst besser auf, weil ich es sowieso nicht zurückgeben kann. Dazu habe ich noch einen ganzen Truthahn gebraten. Es ist also genug für morgen da. Ich weiß, wie sehr du kalte Truthahn-Sandwiches magst.«
    »Wahrscheinlich werde ich morgen nicht zum Mittagessen zu Hause sein.«

    Rina wartete einen Moment. »Wahrscheinlich oder sicherlich?«
    »Adrianna Blancs Beerdigung findet um elf Uhr statt. Ich versuche, gegen zwei zu kommen.«
    »Hetz dich nicht, Peter. Wir warten auf dich.« Sie schlüpfte in ihre Schuhe. »Die armen Eltern. Was für ein brutales Verbrechen. Wie alt war sie? So wie Cindy?«
    »Etwas älter als Sammy. Für Mord gibt es kein passendes Alter, aber es schmerzt sehr, wenn sie so jung sind. Noch trauriger sind Kinder.« Er wurde ganz still, schüttelte die Gedanken dann ab. »Was gibt es heute zum Nachtisch?«
    »Traditionsgemäß hätte ich dir einen Kuchen backen müssen. Stattdessen habe ich Obsttörtchen gemacht.«
    »Gute Wahl, ich liebe Obsttörtchen.«
    »Wusste ich’s doch. Du hast die Wahl zwischen Pfirsich-, Erdbeer- und Kirschtörtchen mit oder ohne pareve Vanilleeis und/oder pareve Sahne.«
    »Ich muss mir ein Törtchen aussuchen?«
    »Du darfst dir auch alle drei nehmen«, beruhigte ihn Rina. »Das ist das Vorrecht des Geburtstagskindes.«
    »Wenn das so ist, nehme ich alle drei. Wahrscheinlich mampfe ich zu viel, und danach wird mir schlecht. Du hättest einfach nur einen Salat vorbereiten sollen.«
    Rina lachte. »Meine Familie ist zum ersten Mal seit einer Ewigkeit wieder vollständig versammelt, und ich soll dann einen Salat machen?«
    »Ganz gleich was du zubereitest – da verliere ich jede Selbstkontrolle.«
    »Wenn du den Medizinschrank aufmachst, wirst du feststellen, dass er bestens gefüllt ist mit diversen Magenmittelchen. Du kennst ja mein Motto: Iss, trink, und dann nimm was gegen Sodbrennen.«

     
    Die Trauerfeier dauerte fünfundvierzig Minuten, und gegen Ende lud der Geistliche jeden, der wollte, ein, etwas zu sagen. Ungefähr hundert Menschen hatten sich versammelt, und keiner von ihnen mochte auf die Bühne treten. Schließlich wagte sich Sela Graydon ans Mikrofon und schluchzte sich durch eine herzzerreißende Lobrede über ihre beiden besten Freundinnen. Sie war gealtert, kreidebleich und hatte dunkle Ringe um die Augen. Auf Sela folgte eine Frau namens Alicia Martin, die sich selbst als Kathys beste Freundin vorstellte. Dann ergriffen zwei weitere Freundinnen das Mikrofon, dann noch eine und noch eine. Bis der Gottesdienst zu Ende war, zeigte die Uhr ein paar Minuten nach eins.
    Decker wollte sich den trauernden Eltern nicht aufdrängen, aber sein Kommen schien Kathy wichtig gewesen zu sein. Also wartete er geduldig in einer Schlange, um trostspendende Worte und Kondolenzsprüche feilzubieten. Kathy war wie immer modisch gekleidet – ein schwarzes Strickkleid mit einem goldenen Gürtel, schwarzen Pumps und einer Sonnenbrille mit Schildpattgestell. Sie sah Decker im Hintergrund stehen und winkte ihn nach vorne. Obwohl er sie genau sehen konnte – er überragte die meisten Trauergäste –, war es nicht leicht für einen kräftigen Mann wie ihn, sich durch die Menschenmenge durchzuschlängeln. Als er es endlich bis nach vorne geschafft hatte, umschloss Kathy seine ausgestreckte Hand mit beiden Händen.
    »Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte sie mit Tränen in den Augen. »Das Begräbnis ist nur für die engste Familie. Ich hoffe, Sie haben dafür Verständnis.«
    »Natürlich. Um Abschied zu nehmen, ist Privatsphäre

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