Wollust - Roman
habe noch einige Details zu der Beretta, die du mir gestern gegeben hast, herausbekommen.« Als er sie verwirrt ansah, fügte sie hinzu: »Die von dem Überfall auf Hannah.«
»Ach ja, klar. Gestohlen natürlich.«
»Natürlich. Vor zwei Jahren. Sie gehörte einem …« Sie überflog ihre Notizen. »… Dr. Ray Olson in Pacific Palisades. Die Ballistiker nehmen sie gerade unter die Lupe. Ich lasse es dich wissen, sollte es Treffer geben.«
»Wäre schön, wenn diese Sache dadurch wenigstens irgendwas Nützliches bekäme.«
»Wie geht es Hannah?«
»Sie scheint in Ordnung zu sein.« Er schüttelte den Kopf. »Scheußlich, so etwas zu erleben. Ich hätte verständnisvoller auf sie eingehen müssen.«
»Warum bringst du ihr nicht ein paar Blumen mit. Das hat immer Erfolg. Ein paar Straßen von hier gibt es ein Blumengeschäft. Ich würde so etwas Hübsches wie Sonnenblumen nehmen.«
»Was täte ich bloß ohne dich?«
»Fang gar nicht erst davon an.« Marge lachte. »Übrigens, Chuck Tinsley hat angerufen. Er will seinen Schmuck zurück.«
Endlich sprang der Funken in seinem Gehirn über. »Marge, wo habt ihr den Schmuck gefunden?«
»Wo?«
»Ja, wo in seiner Wohnung? Lag er offen herum?«
»Ich glaube, er war in seiner Schublade mit der Unterwäsche.«
»In einer Tüte oder so?«
Marge dachte nach. »Ja, in einer Papiertüte für Brote.«
»Und ihr habt jedes Stück einzeln aufgeführt?«
»Natürlich.«
»Und ihr hattet Handschuhe an, als ihr sie durchgegangen seid?«
»Logisch. Wollten keine DNA-Spuren ruinieren, falls eins der Stücke von Adrianna gewesen wäre.«
Decker nickte. »Informiere Wanda, sie soll Tinsley sagen, wir hätten die Stücke verlegt, aber es gäbe eine genaue Liste. Falls der Schmuck für immer verloren gegangen sei, würden wir ihn in bar erstatten. Und bei dem derzeitigen Goldpreis sollte er sich nicht beschweren.«
»Haben wir die Stücke denn verloren?«
Mit einem Griff in die Schublade seines Schreibtisches holte er die Beweistüte aus Papier mit dem Schmuck hervor. »Sieh selbst nach.«
»Was hast du vor, Pete?«
»Wann ist Tinsleys Mutter gestorben?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Warum sollte ein Typ wie Tinsley den Schmuck seiner Mutter aufbewahren? Einige der Schmuckstücke sehen wertvoll aus, zum Beispiel das breite goldene, mit Rubinen besetzte Armband und der Anhänger – ein R aus Diamanten. Die beiden würden ein hübsches Sümmchen einbringen. Wirkt Tinsley auf dich wie der sentimentale Typ?«
»Du glaubst, er ist ein Dieb?«
»Irgendwas stimmt jedenfalls nicht mit ihm.«
»Ich lasse Wanda die Liste mit dem Raubdezernat abgleichen. Und ich finde heraus, wann Tinsleys Mutter gestorben ist.«
»Gut. Und wo du schon dabei bist, besorgt euch auch Mama Tinsleys Vornamen.«
40
Da die Jungs aus dem Haus waren und Hannah viel ausging, hatte Decker schon vergessen, wie beengt sich zweihundertvierzig Quadratmeter anfühlen konnten. Rina mochte Euphemismen und beschrieb die Lage als »kuschelig zusammengerückt«. Sie legte ein letztes Mal Hand an ihr Schabbes-Tichl – ihren besonderen Schal für Schabbes . Im Einklang mit dem jüdischen Gesetz bedeckten verheiratete Frauen ihr Haar. Der Schal, den sie heute ausgewählt hatte, war aus mit Laméfäden durchzogener Shatungseide. Ihr Gesicht zeigte kaum Spuren des Alterns: Lachfältchen in den Augenwinkeln, ein oder zwei Falten auf der Stirn. Es würde noch eine Weile bis zu ihrem fünfzigsten Geburtstag dauern, was sie aus Deckers Sicht zu einem jungen Fohlen machte.
»Wie viel Zeit bleibt mir noch bis zum Schabbes ?«, fragte er sie.
»Ungefähr fünfzehn Minuten.« Rina trug einen blassen pinkfarbenen Gloss auf ihre Lippen auf. Nach einer Pause sagte sie: »Es ist schön, alle hierzuhaben.«
»Es ist wunderbar«, stimmte Decker ihr zu. »Die Jungs sehen gut aus.«
Rina bekam feuchte Augen. »Ich sehe sie wirklich nicht oft. Sie sind richtige Männer geworden.«
»Das stimmt wohl. Es war sehr großzügig von ihnen, sich die Zeit zu nehmen, um herzukommen.«
»Ist ja auch eine besondere Gelegenheit.«
»Das war wohl eher eine bequeme Ausrede. Also sind meine sechzig doch für etwas gut.«
»Es ist ein Fest des Lebens.« Rina blickte in den Spiegel. »Was in Rekordgeschwindigkeit vorbeirauscht. Umso wunderbarer, dass alle hier sind.«
»Genau. Und weißt du, was das Wunderbarste ist?« Er küsste sie auf den Scheitel. »Sie reisen in ein paar Tagen wieder ab.«
Er ging davon aus, dass Rina ihn
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