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Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin

Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin

Titel: Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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komplettes Versagen. Und wie würde er darauf reagieren? Sauer werden, mit den Füßen stampfen, einen Wachmann ermorden und sich nach einer neuen Quelle der Unterhaltung umsehen? Bestimmt. Das war genau die Reaktion auf einen Fehlschlag, mit der Winsloe eine der größten Firmen in der Computerbranche aufgebaut hatte. Nein, dieser »Rückschlag« würde Winsloe nicht entmutigen. Für Leute wie ihn war ein Versagen nicht ein Hindernis, das man einfach überwand, sondern etwas, das man in die Stratosphäre jagte, etwas, das so gründlich zerstört werden musste, dass es nicht den kleinsten Kratzer auf seinem Selbstbild hinterlassen konnte. Nachdem er versagt hatte – schlimmer noch, öffentlich versagt vor Untergebenen – würde er innehalten, die Situation analysieren, sich die Ursache des Fehlschlags vornehmen, sie beseitigen und von vorn anfangen. Wenn ihm der Fehler klar war und er sichergestellt hatte, dass er nicht wieder passieren würde, würde er mich holen lassen. Ich konnte nicht mehr herumsitzen und auf die Rettung warten. Ich musste etwas unternehmen.
    So weit die Theorie. Aber ich hatte die letzten drei Tage ja nicht damit verbracht, in meiner Zelle herumzulungern und viel versprechende Fluchtmöglichkeiten zu ignorieren. Wenn ich gewusst hätte, wie man hier rauskam, wäre ich gegangen, oder? Mein einziger Plan war gewesen, mich bei Bauer beliebt zu machen. Ein ganz fabelhafter Plan, wenn man von dem kleinen Schönheitsfehler mit dem Sich-zum-Werwolf-machen-Wollen und daran sterben absah. Okay, sie war noch nicht tot, aber selbst wenn sie sich erholen sollte, würde sie mir kaum mehr helfen können. Oder vielleicht doch? Ich hatte Carmichael nicht angelogen, als ich gesagt hatte, dass ich nichts für Bauer tun konnte. Aber Jeremy konnte es. Wenn ich mit ihm sprach, konnte ich Bauer vielleicht das Leben retten. Und dann würde sie sich vielleicht verpflichtet fühlen, mir zu helfen. Das waren zwar sehr viele Wenns und Vielleichts, aber einen anderen Plan hatte ich nicht.
    Ich durchdachte mein weiteres Vorgehen mit einer nüchternen Sachlichkeit, die mich selbst halb beeindruckte und halb erschreckte. Als ich da auf dem Bett saß und zusah, wie die Digitaluhr die Minuten und dann die Stunden herunterzählte, empfand ich nichts. Absolut nichts. Ich erinnerte mich an die Zurückweisung durch Clay und empfand nichts. Ich erinnerte mich daran, wie Bauer sich die Nadel in den Arm gerammt hatte, und empfand nichts. Ich erinnerte mich daran, wie Lake mitten in der Wandlung festgefroren war, wie der Wachmann tot neben mir gelegen hatte, an Winsloes frustrierten Wutanfall. Ich empfand immer noch nichts. Halb drei, drei, halb vier. Das Verstreichen der Zeit nahm noch den letzten Bruchteil meiner Aufmerksamkeit in Anspruch. Um vier Uhr stand mein Plan. Um halb fünf sah ich auf die Uhr und stellte fest, dass wieder eine halbe Stunde vergangen war. Wohin war sie verschwunden? Was hatte ich getan? Es war seltsam unwichtig. Jeremy und Paige müssten jetzt schlafen. Ich sollte sie nicht stören. Fünf Uhr. Vielleicht sollte ich versuchen, mit Paige Kontakt aufzunehmen. Jeremys Ratschläge schon bei der Hand haben, wenn die Wachleute mir das Frühstück brachten. Aber das erforderte Anstrengung. So viel Anstrengung. Viel einfacher war es, die Uhr zu beobachten und zu warten. Alle Zeit der Welt. Halb sechs. Vielleicht war Jeremy jetzt wach. Ich wollte ihn ja nicht wecken. Es war eigentlich gar nicht so wichtig. Aber ich konnte es immerhin versuchen. Es mochte eine Weile dauern, bis ich zu Paige durchkam. Keinen Sinn, es aufzuschieben. Sechs Uhr. Sechs –? Wohin –? Vergiss es. Versuch’s wenigstens.
    Ich versuchte es. Nichts geschah. Natürlich geschah nichts. Wie war ich eigentlich auf den Gedanken gekommen, dass etwas geschehen würde? Ich war schließlich nicht diejenige mit den telepathischen Fähigkeiten. Daran hatte ich nicht gedacht. Ich rief in Gedanken nach Paige, und als sie nicht antwortete, dachte ich: »Ach, das ist aber merkwürdig« und versuchte es weiter. Okay, mein Hirn lief zurzeit nicht auf Hochtouren. In den letzten zwölf Stunden war ich von meinem Liebhaber zurückgewiesen worden, hatte zugesehen, wie meine einzige Hoffnung auf Freiheit sich in einen Werwolf verwandelte, und festgestellt, dass der Hauptgeldgeber des ganzen Unternehmens ein Psychopath mit einem Faible für athletische Frauen und Monsterjagden war. Ich hatte ein Anrecht auf ein paar durchgebrannte Sicherungen.
    Irgendwann

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