Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin
ruhig.
»Was zum Teufel?« Winsloe rappelte sich auf und starrte mich an. »Wer gibt hier die Befehle? Du sagst mir nicht, was ich zu tun habe. Niemals.«
»Er steckt fest«, sagte ich. »Er kann es nicht zu Ende bringen, und er kann nicht zurück.«
»Wir warten.«
»Ich werde nicht –«
»Ich habe gesagt, wir warten.«
»Dann zieht euch zurück.« Ich zwang mich dazu, hinzuzufügen: »Bitte. Lasst ihm ein bisschen Privatsphäre.«
Winsloe grunzte und warf mir einen weiteren giftigen Blick zu, aber er winkte die anderen zurück – obwohl drei der Wachleute schon mehrere Meter vom Gebüsch entfernt waren. Nur Bryce konnte sich einen letzten Stoß mit der Waffe nicht verkneifen. Als er das Gewehr nach vorn stieß, flogen Lakes Hände an seine Seiten.
»Pass …!«, begann ich.
Mit einem schrillen, unmenschlichen Schrei stieß Lake sich mit den Armen ab und stürzte sich auf Bryce. Der Wachmann drückte ab. Lake schrie und fiel nach hinten, kam auf dem Boden auf und verschwand im Unterholz, wobei er eine Blutspur hinter sich herzog.
»Was zum Teufel machst du da?«, donnerte Winsloe. »Du hast auf ihn geschossen!«
»Er hat mich –«
»Zurück!«, brüllte Winsloe; Speichel sprühte. »Alle! Zurück! Jetzt!«
Das Gestrüpp raschelte. Wir alle fuhren zusammen. Bryce und ein weiterer Mann hoben die Waffen.
»Gewehre runter!«, sagte Winsloe. »Runter mit den Scheißgewehren!«
Wir erstarrten und horchten auf die Stille. Lakes Geruch war überall. Ich drehte den Kopf und versuchte die Quelle zu finden.
»Okay«, sagte Winsloe mit einem tiefen Atemzug. »Also, das ging jetzt total daneben. Hört her. Folgendes tun wir jetzt, und wenn ich noch einen gottverdammten Schuss höre, dann kommt der von mir. Ist das –«
Die Büsche explodierten. Bryce hob die Waffe.
»Dass du es nicht wagst!«, kreischte Winsloe.
Lakes missgestalteter Körper segelte durch die Luft. Zwei Schüsse krachten. Ich warf mich auf den Boden. Der Erdboden erzitterte einmal, dann noch einmal. Ein Stöhnen. Ein sehr menschliches Stöhnen. Ich hob den Kopf und sah Bryce neben mir im Gras liegen, den Kopf zur Seite gedreht, seine Augen auf meine gerichtet. Sein Mund öffnete sich. Blutiger Schaum quoll heraus. Er hustete einmal. Dann lag er still. Ich riss den Blick von seinen toten Augen los und sah mich um. Lake lag auf meiner anderen Seite, ein blutiges Loch in der Stirn.
Ich kämpfte mich auf die Beine und versuchte eine Erklärung dafür zu finden, wie Lake Bryce so schnell hatte töten können. Beim Aufstehen sah ich das Einschussloch in Bryces Brust. Hinter ihm schleuderte Winsloe seine Pistole auf den Boden.
»Glaubt ihr das?«, brüllte er. »Scheiße noch mal, könnt ihr das glauben? Ich hab ihm verboten zu schießen. Ein direkter Befehl. Er hat meinen Werwolf umgebracht. Scheiße, er hat meinen Werwolf erschossen!«
Nur Pendecki rührte sich, aber seine Glieder wollten ihm nicht recht gehorchen. Er ging unbeholfen auf die Knie, kniete neben Bryces Leiche und tastete mit zitternden Fingern nach dem Puls.
»Blöder Ficker!«, brüllte Winsloe zum Himmel hinauf. Er ballte die Fäuste an den Seiten, das Gesicht dunkelrot vor Raserei. Er trat nach Bryces Leiche. »Ich hab ihm verboten zu schießen. Hat irgendwer gehört, wie ich ihm verboten habe zu schießen?«
»J-ja, Sir«, sagte Pendecki.
Winsloe fuhr zu mir herum. Mein Herz blieb stehen.
»Bringt sie weg hier«, sagte er. »Bringt sie wieder in ihren Scheißkäfig. Verschwindet. Ihr alle. Macht, dass ihr mir aus den Augen kommt, bevor ich –« Er ging zu der Stelle, wo seine Pistole im Gras lag.
Wir waren außer Sichtweite, bevor er sich auch nur wieder umdrehen konnte.
Pflegerin
Ich würde die Nächste sein.
Als die Wachmänner mich wieder in meine Zelle zurückgebracht hatten, setzte ich mich auf die Bettkante und rührte mich drei Stunden lang nicht von der Stelle. Winsloes Jagdausflug war ein schlimmeres Debakel gewesen, als ich es mir hätte ausmalen können. Dabei war es doch das, was ich gewollt hatte, oder? Draußen im Wald war es mir so logisch vorgekommen: Wenn die Jagd fehlschlug, wäre ich außer Gefahr. Aber das Gegenteil war der Fall. Ich war die Nächste.
Ich war davon ausgegangen, dass sich Winsloe ein anderes Opfer suchen würde, wenn er von der Werwolf-Jagd auf Lake enttäuscht war. Das war ein Irrtum. Die Ereignisse dieser Nacht waren für Winsloe nicht einfach eine kleinere Enttäuschung gewesen. Sie bedeuteten einen Fehlschlag. Ein
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