Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin
hören. Die Wände waren schalldicht. Trotz allem, was hier draußen passiert war, schlief der arme Kerl wahrscheinlich immer noch tief und fest. Als ich ihr sagen wollte, dass sie sich verstecken solle, war sie bereits in der Zelle verschwunden, die Armen Haig gehört hatte.
Als ich die Tür schloss, stellte ich fest, dass es ein Problem gab. Leah und ich versteckten uns hinter einem Einwegspiegel. Jeder Wachmann im Gang konnte uns sehen, wir ihn allerdings nicht. Nicht gut. Ich sah mich nach einem Versteck um, obwohl ich eigentlich wusste, dass es keines gab. Jeden Moment würden die Männer um die Ecke biegen und – ich hielt inne. Warum waren sie nicht schon längst da? Ich zog die Tür einen Spalt weit auf und hörte wildes Gebrüll, dann einen Aufschrei – ein unmenschliches Kreischen, von dem ich eine Gänsehaut bekam.
Ich winkte Leah nach hinten. »Ich sehe nach.«
»Geh runter«, sagte sie. »Bleib unter Augenhöhe.«
Wir gingen beide in die Hocke. Ich zog die Tür auf. Ein Lichtstrahl fiel mir in die Augen, und ich fuhr zurück. Der Strahl zuckte von der Wand über den Boden zur Decke, als schwenkte jemand hektisch eine Taschenlampe. In dem Gebrüll konnte ich eine Männerstimme hören; dann verschluckte eine gellende Alarmsirene alle anderen Geräusche. Ich schnupperte und roch etwas so Unerwartetes, dass ich an meinen Sinnen zweifelte. Der beißende Gestank von verbranntem Fleisch hing in der Luft. Als ich noch einmal Luft holte, um mir sicher sein zu können, schoss ein Wachmann an mir vorbei, so schnell, dass mir nicht einmal Zeit blieb, mich in die Zelle zurückzuziehen. Es war egal. Er raste vorbei, den Mund zu einem Schrei aufgerissen, der im Geheul der Sirene unterging. Etwas baumelte an seiner Seite. Ich kniff in dem Dämmerlicht die Augen zusammen und schauderte plötzlich. Es war sein Arm, der im Rennen vor- und zurückschwang, und er war über dem Ellenbogen beinahe abgetrennt.
Der Strahl der Taschenlampe sprang immer noch im Gang herum. Gestalten flackerten im Licht und warfen verzerrte Schatten an die Wände. Der Sirenenton wurde ungleichmäßig und gab dann ein letztes wackeliges Heulen von sich. Als er verstummte, erfüllten andere Geräusche die Luft: das Zischen des Flammenwerfers, die Rufe der Männer, die noch hinter der Ecke verborgen waren, die Schreie des Mannes mit dem abgetrennten Arm. Ein weiterer Wachmann stolperte um die Ecke, der Flammenwerfer flackerte an seiner Seite. Als er an unserer Zelle vorbeikam, rutschte er aus. Der Flammenwerfer segelte durch die Luft. Dann hielt er inne. Blieb zweieinhalb Meter über dem Boden plötzlich hängen und schwebte dort, während er blaue Flammen spuckte. Der Mann sprang auf die Füße. Der Flammenwerfer schoss abwärts und jagte ihm quer über den Rücken. Er warf die Arme hoch und kippte schreiend nach vorn, als sein Hemd Feuer fing. Der Gestank von verkohltem Fleisch und Stoff erfüllte die Luft.
»Macht die scheiß Tür auf!«, brüllte jemand hinter der Ecke. »Holt uns hier raus!«
»Sie sitzen in der Falle«, flüsterte ich Leah zu. »Ich kann nicht sehen, was da los ist. Der Flammenwerfer –«
Ein Schuss krachte. Dann drei weitere schnell hintereinander. Vier laute metallische Aufschläge.
»Sie schießen auf die Tür«, sagte Leah. »Wir bleiben besser hier.«
»Glaub mir, ich rühre mich hier nicht raus.«
Ein plötzliches Brüllen erhob sich über die Schreie und Rufe.
»Was ist das?«, fragte Leah.
Ich wusste es sofort. Schon während ich den Gang entlangspähte, war mir klar, was ich sehen würde. Bauer hatte sich in einen Wolf verwandelt. Sie stürmte auf die Wachmänner los. Ich riss die Tür auf. Leah packte mich am Arm.
»Die Typen sind immer noch hinter der Ecke«, sagte ich. »Ich kann Sondra aufhalten, bevor sie sie sehen.«
»Ja, und dann?«
Bauer bäumte sich auf, als sie mit dem brennenden Wachmann zusammenprallte. Sie wich kläffend zurück und versuchte den Flammen aus dem Weg zu gehen. Dann setzte sich der menschliche Instinkt gegen den tierischen durch. Sie fuhr wieder herum, machte einen Bogen um den brennenden Körper und schoss weiter den Gang entlang.
»Lass mich einfach –«, begann ich.
»Nein. Denk doch mal nach, Elena. Du kannst ihr nicht helfen.«
Bauer jagte an uns vorbei. Ein Mann brüllte. Er kam in mein Blickfeld gestürzt; Blut spritzte aus einer aufgerissenen Schulter. Bauer folgte ihm. Bevor er auch nur unsere Zellentür erreicht hatte, sprang sie und landete auf seinem
Weitere Kostenlose Bücher