Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin
irgendwas wollte ich ihnen unbedingt vorwerfen können.
Mein Jäger wippte nervös auf den Zehen und murmelte vor sich hin. Draußen im Gang wischte sich sein Partner das schwitzende Gesicht an der Schulter ab. Er stand auf, streckte sich und kauerte sich wieder hin. Mehrmals versuchte er es mit der Klinke, drehte sich zu seinem Kumpel um und schüttelte den Kopf. Irgendwann winkte mein Verfolger ihn zurück. Ich zog mich hastig drei weitere Stufen nach oben zurück. Jetzt waren sie beide im Treppenhaus und schlossen die Tür.
»Nichts zu machen«, sagte der mit dem Dietrich. »Ich kapier’s nicht. Ich bin sicher, das Schloss hab ich geknackt, aber die Tür geht nicht auf.«
»Zusätzlicher Riegel?«
Der Dietrichmann schüttelte den Kopf. »Hab mir den Laden heute Morgen mal angesehen. Alles normale, altmodische Schlösser.«
»Sag Tucker Bescheid. Ich hab draußen eine Telefonzelle gesehen. Ich warte hier.«
Der Dietrichmann trabte die Treppe hinunter. Als die Erdgeschosstür hinter ihm zufiel, hörte ich, wie eine andere Tür geöffnet wurde, diesmal im vierten Stock. Mein Jäger öffnete seine Tür einen Spalt weit, um in den Gang sehen zu können. Dann gab er ein kehliges Geräusch von sich, eine Art unterdrücktes Kichern. Ich schlich mich ein paar Stufen weiter nach unten, ging wieder in die Hocke und sah durch den Türspalt.
Paige Winterbourne stand im Gang, die Arme vor der Brust verschränkt und in ein grünes Seidennachthemd mit passendem Negligé gekleidet. Sie sah sich stirnrunzelnd im Gang um. Dann hielt sie inne und starrte zu der Tür herüber, hinter der wir uns versteckten. Die Tür war nur ein paar Zoll weit offen, aber sie musste Licht oder einen Schatten gesehen haben. Während sie herübersah, zögerte der Jäger; er hatte die Hand auf der Klinke, bereit, die Tür zuzuziehen. Wenn sie in ihr Zimmer zurückgekehrt wäre und den hoteleigenen Sicherheitsdienst angerufen hätte, wäre er gegangen. Aber sie tat es nicht. Ihre Augen wurden schmal, und sie kam näher. Wieder so ein Horrorfilmklischee. Wenn die naive Heldin mitten in der Nacht ein Geräusch hört, zieht sie sich dann an einen sicheren Ort zurück und ruft die Polizei an? Natürlich nicht. Sie muss unbedingt selbst nachsehen, was sich hinter der halb offenen Tür verbirgt. Alles, was jetzt noch fehlte, war, dass Paige das Negligé auszog. Dann würde sie halb nackt und kreischend den Gang entlangrennen können, nachdem sie die Tür geöffnet und den dahinter lauernden Killer gesehen hatte.
Mein Jäger hielt sich allerdings nicht ans Drehbuch. Statt darauf zu warten, dass Paige die Tür aufstieß, holte er seine Waffe heraus und ließ sie wieder aufklicken. Dann schob er die Tür noch ein paar Zentimeter weiter auf und hob die Waffe an den Türspalt. Im letzten Jahr hatte ich mit ansehen müssen, wie eine unschuldige Frau meinetwegen erschossen wurde. Ob Paige unschuldig war oder nicht, darüber ließ sich streiten, aber ich bezweifelte stark, dass sie es verdient hatte, in einem Hotelflur über den Haufen geschossen zu werden. Ich sprang über das Geländer und landete auf dem Rücken des Mannes. Er kippte schwerfällig nach vorn. Ich packte seinen Kopf und drehte ihm den Hals um – die einfachste, lautloseste und sauberste Art zu töten.
Als er mit dem Gesicht nach unten zu Boden stürzte, sah ich auf und entdeckte Paige, die die Tür aufhielt und mich anstarrte.
»Du stehst Wache«, sagte ich. »Ist deine Zimmertür offen?«
»Meine –? Äh, ja.«
Ich wuchtete mir den toten Mann auf die Schulter und schob mich an ihr vorbei in den Flur. »Ich habe gesagt, du musst Wache halten! Er war nicht allein.«
»Wo willst du – oh, warte. Mein Zimmer? Du kannst ihn nicht –« Sie unterbrach sich. »Bring ihn in die Nachbarsuite. Auf dieser Seite. Sie ist leer.«
»Umso besser.«
»Ich kann die Tür mit einer Formel öffnen«, sagte sie.
Sie lief neben mir den Flur entlang und murmelte Worte in irgendeiner Fremdsprache. Während sie noch redete, zog ich mir den Ärmel über die Hand und drehte den Türknauf der leeren Suite, so dass das Schloss aufbrach.
»Lauf zurück und hol seine Waffe«, sagte ich. »Und dann weck deine Tante und komm mit ihr wieder.«
Paige zögerte – eine automatische Reaktion darauf, dass ich ihr Anweisungen gab. Dann schien sie sich gegen eine Auseinandersetzung zu entscheiden, und eine Sekunde später trabte sie zur Treppenhaustür zurück. Ich zerrte den Toten ins Bad, schloss die Tür und
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