Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin
hatte ich aufgegeben und mir selbst eingestanden, dass ich ihn liebte und ohne ihn nicht leben konnte – wie im klassischen Bahnhofsbuchhandlungs-Liebesroman. Dennoch war unsere Beziehung nicht gerade das, was der durchschnittliche Liebesroman gutgeheißen hätte. Clay und ich passten zusammen wie Feuer und Benzin – Hitze, Funken, Feuerwerk und gelegentlich weitreichende Verwüstungen. Es war keine ruhige, stabile Beziehung, es würde nie eine sein, und ehrlich gesagt, keiner von uns wollte eine. Das stille häusliche Glück war etwas für andere Leute. Wenn wir unsere Feuerwerke und Explosionen hatten, positive wie negative, dann waren wir so glücklich, wie wir es sein konnten.
In dieser Nacht konnte ich nicht schlafen.
Ich lag im Bett, starrte an die Decke und kämpfte gegen eine Unruhe an, die mich daran hinderte, die Augen zu schließen.
Zunächst war da die Sache mit den Hexen. Waren sie nun Hexen oder nicht? Ihren Motiven traute ich in keinem Fall. Zu viel von dem, was sie gesagt hatten, ergab keinen Sinn. Ich hätte Jeremy anrufen sollen, sobald ich das Hotel verlassen hatte. Er würde nicht gerade glücklich sein, wenn er herausfand, dass ich einen ganzen Tag gewartet hatte, bevor ich ihm Bescheid sagte. Mindestens zwei Leute wussten, dass ich ein Werwolf war, und ich hatte weder Clay noch Jeremy davon erzählt. Was zum Teufel hatte ich mir eigentlich dabei gedacht? Ob ich Jeremy jetzt noch anrufen sollte? Es war Viertel vor drei. Mein Flugzeug ging um acht Uhr. So lange würde das Gespräch noch warten können. Konnte es das? Sollte es das?
Ich ging rennen, um den Kopf klar zu bekommen. Joggen meine ich damit. Mich in einen Wolf zu verwandeln und durch Pittsburgh zu rennen hätte zwar Spaß machen können, aber es war entschieden nicht die Sorte Ablenkung, die ich jetzt brauchte. Ich zog Shorts und ein T-Shirt an, verließ mein Hotelzimmer und folgte einem Gewirr von Gassen und Durchgängen bis zu einem verlassenen Industriegebiet. Großstädte waren einfach nicht der geeignete Ort für nächtliches Joggen. Jeder Mensch, der eine junge Frau um drei Uhr morgens durch Pittsburgh rennen sah, würde automatisch nach dem Kerl Ausschau halten, der sie verfolgte.
Ich war etwa eine Viertelmeile gelaufen, als ich merkte, dass jemand mir folgte. Nicht sonderlich überraschend. Wie gesagt, nachts joggende junge Frauen erregen Aufmerksamkeit, meist die falsche Sorte. Sicher, wenn dieser Kerl sich auf mich stürzte, konnte ich ihn in die nächste Ziegelmauer krachen lassen, und es gäbe einen potentiellen Vergewaltiger weniger, wegen dem die Welt sich Sorgen machen musste. Aber das bedeutete auch eine Leiche, die ich in einer fremden Stadt loswerden musste. Schlimmer noch, ich konnte es auch einfach nicht tun. Das Gerede beherrsche ich, aber so tough bin ich dann doch wieder nicht. Selbst wenn irgendein Kerl eine Schusswaffe auf mich richtete und ich ihn umbringen musste, tat es mir Leid. Hinterher fragte ich mich, ob ich überreagiert hatte, ob das vielleicht das erste Vergehen des Typs gewesen war und man ihm nur einen ordentlichen Schreck hätte einjagen müssen. Oder ob er vielleicht eine Frau und Kinder zu Hause hatte und bloß ein paar Dollar fürs Essen wollte. Es war besser, Situationen zu vermeiden, in denen irgendwas Drastisches nötig werden konnte. Wilde Wölfe überlebten, indem sie Konfrontationen mit Menschen aus dem Weg gingen. Intelligente Werwölfe taten das Gleiche.
Als ich die leisen rennenden Schritte in der Nähe hörte, vergewisserte ich mich zunächst, dass es kein Zufall war. Ich bog in die nächsten drei Straßenmündungen ab und kehrte in einem vollständigen Kreis dahin zurück, wo ich gewesen war. Die Schritte folgten mir. Als Nächstes arrangierte ich es so, dass der Wind aus seiner Richtung kam, und überprüfte den Geruch für den Fall, dass es ein weiterer Werwolf war. Als einzige Werwölfin in einem Land mit ein paar Dutzend Männern galt ich als eine Art Trophäe. Die Tatsache, dass mein Liebhaber der gefürchtetste und verhassteste Werwolf von allen war, steigerte meinen Wert nur noch. Wenn die Mutts mich nicht bumsen wollten, wollten sie Clay eins auswischen; die Aussicht darauf, beides gleichzeitig zu tun, war für manche von ihnen einfach unwiderstehlich. Ich hatte keinerlei Informationen über Mutts in der Gegend von Pittsburgh, aber sie sind ein unsteter Haufen, und meine Dossiers waren immer veraltet.
Mein Verfolger war kein Mutt. Werwölfe haben einen
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