Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin
Das Mindeste war, dass wir es mit ein paar bemerkenswert verblendeten Leuten zu tun bekommen würden.
Als wir am nächsten Morgen auf dem Highway von den Bergen herunterkamen, sah ich Sparta vor mir liegen – malerisch ins Tal gebettet mit einer einsamen weißen Kirche am Berghang, um deren Turm sich Wolkenfetzen oder verspätete Nebelschwaden zogen. Holzverkleidete Häuser in allen Regenbogenfarben leuchteten aus dem Augustgrün hervor. Holstein- und Redbarnkühe sprenkelten Farbtupfer über die paar Wiesen, die aus dem Waldland herausgerodet worden waren. Im Süden zog sich eine Kette von rosa Ferienhäusern um einen See herum. Ein Postkartenidyll … jedenfalls von weitem. Je näher man kam, desto mehr fielen die Zeichen des Verfalls auf. Die leuchtend bunten Häuser schrien nach einem neuen Anstrich oder einer Kunststoffverkleidung. Die Scheunensockel fielen zu Steinhaufen auseinander, die die hölzernen Wände kaum noch aufrecht hielten. Rostende Drahtzäune und verrottete Pfosten ließen die Kühe auf die Nachbarwiesen wandern. Die Cottages am Seeufer sahen aus, als seien sie nicht groß genug für ein Doppelbett, von einem Bad ganz zu schweigen. Am Stadtrand fuhren wir an einem Schild vorbei, das uns in Sparta, Einwohnerzahl 600, willkommen hieß. Der Friedhof auf der anderen Straßenseite beherbergte mehr Leute als das Nest selbst. Ein sterbender Ort, der von seiner letzten verbliebenen Touristenattraktion lebte – einem riesigen Campingplatz außerhalb der Stadt, in dem die Wohnmobile und Anhänger dicht an dicht standen. Ein Zelt war nirgends zu sehen.
In der Ortsmitte wimmelte es von Touristen – einige vom Campingplatz, andere wahrscheinlich aus den Ferienhäusern in der Umgebung. Nicht, dass die Ortsmitte von Sparta nun gerade ein Einkaufsparadies gewesen wäre. Es gab die Exxon-Tankstelle, ein chinesisches Restaurant namens House of Wang , einen Frisörsalon – Lynn’s Cut and Curl –, den Yankee Trader -Supermarkt mit Schildern, die Videospiele und Waffeleis anpriesen, und den unvermeidlichen Coffeeshop, der sich schlicht Joe’s nannte. Soweit ich sehen konnte, gab es nur drei Straßen in Sparta, den Highway und eine Querstraße an jedem Ende – Baker Street im Westen und New Moon Street im Osten. Die beiden Querstraßen wurden von Häusern gesäumt, die sich nur in der Farbe unterschieden – so ziemlich alles von Babyblau über dunkles Violett bis zu giftigem Hellgrün. Trotz der verfügbaren offenen Landflächen rings um den Ort waren die Rasenstreifen vor den Häusern kaum groß genug, um einen elektrischen Rasenmäher zu rechtfertigen. An Blumen gab es genau zwei Sorten – Tagetes und Begonien. Trockenkränze hingen an den Haustüren, und an den Veranden baumelten Schilder mit Aufschriften à la: »Die Millers: John, Beth, Sandy, Lori und Duke. Willkommen!«
»Komisch, dass die sich für ihr Treffen so ein kleines Kaff ausgesucht haben«, sagte ich.
»Vielleicht«, sagte Jeremy, »aber was meinst du, wie viele von den Leuten, die hier rumlaufen, tatsächlich hier wohnen?«
Da hatte er nicht Unrecht. Beide Seiten der Hauptstraße waren mit Geländewagen und Kleintransportern zugeparkt. Familien schlenderten die Straße entlang, leckten an ihren Eistüten oder tranken Cola Light aus der Dose. Das Verhältnis von Besuchern zu Einheimischen war wahrscheinlich etwa zehn zu eins. Ein paar mehr würden kaum auffallen.
»Mist, jetzt sind wir dran vorbei«, sagte ich. »Da war ein Schild, ›Legion Hall‹. Tut mir Leid.«
Jeremy fuhr auf einen Parkplatz, ließ eine Brigade von Kinderwagen vorbei, wendete den Explorer und fuhr zurück. Die Legion Hall lag am Ende der Baker Street, eine gute halbe Meile jenseits des letzten Wohnhauses an der Straße. Jeremy wurde langsamer, um einen Blick auf den Bau werfen zu können, fuhr noch dreißig Meter weiter und bog dann auf einen Fahrweg ab, der ins Nichts führte. Wir fanden einen Pfad, der durch ein kleines Waldstück zurück zur Halle führte. Wir erwogen ihn zu nehmen, entschieden uns aber dagegen. Es hätte uns zwar eine Gelegenheit gegeben, uns unauffällig etwas umzusehen. Aber andererseits bestand die Gefahr, dass irgendein Teilnehmer des Treffens in genau diesem Moment herauskam und uns dabei erwischte, wie wir uns unter den Bäumen herumdrückten. Kein sonderlich würdevoller Auftritt.
Wir nahmen also die Straße, näherten uns aber trotzdem mit großer Vorsicht. Als wir die Halle erreicht hatten, sah ich mir den Parkplatz an
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