Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin
fragte ich.
Jeremy nickte.
»Und wann hast du ihm die geschickt?«
»Vor dem Abendessen. Als du dich zu Cassandra gesetzt hattest, hab ich das Telefon im Foyer benutzt.«
»Mhm. Also vor etwa vier Stunden. Wenn wir also annehmen, dass Clay von Detroit hierher die kürzeste Route genommen hat – durch Ontario, nach Quebec und dann hier runter –, dann sind das über sechshundert Meilen. Ein Porsche, der, sagen wir, neunzig Meilen die Stunde macht und zwischendurch weder anhält noch langsamer fahren muss, würde für die Strecke mindestens sieben Stunden brauchen. Hat jemand ein Problem mit dieser Rechnung?«
»Ich war nicht wirklich in Detroit, als Jer angerufen hat«, sagte Clay.
»Ach nein.«
»Ich war ein bisschen … näher.«
»Wie viel näher?«
»Hm, sagen wir … Vermont.«
»Du hinterhältiges Miststück! Du hängst schon die ganze Zeit hier rum, stimmt’s? Was hast du getan, uns verfolgt?«
»Ich habe euch beschützt.«
Ich widerstand der Versuchung, mit den Füßen zu stampfen. Das ist nicht gerade die erwachsenste Art, einen Streit anzufangen, aber manchmal unterlag meine innere Reife dem schieren Frust. Ich begnügte mich aber immerhin mit einem einzigen bodenerschütternden Stampfer.
»Ich brauche deinen Schutz nicht«, sagte ich. »In wie vielen Klemmen habe ich schon gesteckt? Zu viele, als dass man sie zählen könnte, und bisher hat mich noch niemand umgebracht, oder?«
»Oh, das ist eine umwerfende Logik. Soll ich also warten, bis jemand es tut, Darling? Und danach darf ich dich dann beschützen? Über dein Grab wachen vielleicht?«
»Ich sagte, du sollst in Detroit bleiben«, sagte Jeremy.
»Du hast gesagt, ich brauche nicht mitzukommen«, sagte Clay. »Du hast nicht gesagt, ich darf nicht mitkommen.«
»Du hast genau gewusst, wie ich es gemeint habe«, sagte Jeremy. »Wir reden später drüber. Komm mit zurück zum Cottage, und wir erzählen dir alles, was du noch nicht weißt.«
Auf dem Rückweg hatten wir den Wald beinahe hinter uns, als Jeremy stehen blieb und eine Hand hob, um uns zum Schweigen anzuhalten.
»Hast du einen Pick-up gemietet?«, flüsterte er Clay zu.
»Nein, eine kleine Mistkarre. Ich dachte, der Boxster wäre hier ein bisschen zu auffällig. Warum?« Er sah in die Richtung, in die auch Jeremy sah. »Das ist nicht meiner.«
Ich sah den Hang hinauf und entdeckte einen Pick-up, der am Ende der Zufahrt geparkt war.
»Wie spät ist es?«, fragte Clay.
»Zu spät zum Knutschen im Auto«, sagte ich. »Zu früh zum Jagen oder Fischen.«
»Ich würde sagen, wir haben Besuch«, sagte Jeremy. »Ich halte Wache. Schlagt einen Bogen und begrüßt unsere Gäste.«
Clay und ich schlichen uns aus dem Wald ins Freie. Die Südseite des Cottage war dunkel und still. Ich lauschte und hörte das Knirschen toter Blätter von der Nordseite. Ich winkte Clay zu, er sollte die Seeseite nehmen, während ich selbst über die Zufahrt schlich.
Auf der Nordseite des Cottage fand ich meine Beute, einen einzelnen Mann, der dort Posten bezogen hatte. Ich schlich mich durch die Bäume, bis ich neben ihm war. Er war wahrscheinlich fünfzig, hatte aber den Körper und die Haltung eines Menschen, der halb so alt war. Kerzengerade stand er da, die Augen ohne zu zwinkern auf die Zufahrt gerichtet. Ein Profi. Ehemaliger Soldat wahrscheinlich, nach der zentimeterkurzen Bürste und der Kleidung zu urteilen, die so steif war, dass ich annahm, er stärkte auch seine Unterwäsche. Die Waffe hielt er in der rechten Hand, gesenkt, aber schussbereit; er konnte sie jeden Moment hochreißen und losfeuern wie eine dieser Actionfiguren. Wie rekrutierte Winsloe eigentlich – nach den Besetzungslisten von Kriegsfilmen? Nach den Mengen von Typen zu urteilen, die auftauchten, sah es so aus, als hätte er sich eine kleine Armee zugelegt.
Clay trat hinter dem Kerl aus dem Wald. Durch die Zweige fing er meinen Blick auf. Als er sich vorwärts schob, brüllte auf der anderen Seite des Sees irgendein betrunkener Flegel. Der Posten fuhr herum, aber Clay war bereits mitten im Sprung. Ich stürzte vor und schlug dem Mann die Waffe aus der Hand, gerade als Clay ihn um den Hals packte. Ein dumpfes Knacken. Dann Stille.
Clay ließ die Leiche auf den Boden gleiten. Ich öffnete das Magazin. Die Kugeln im Inneren glänzten zu hell für Blei. Ich ließ sie unter Clays Nase blitzen, als er die Leiche in den Wald zerrte.
»Silberkugeln«, flüsterte ich. »Nicht gerade Standardausrüstung bei
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