Women of the Otherworld 04: Pakt der Hexen
wollte mich dafür bestrafen, dass ich sie ang e logen habe.« Jaime drehte an ihren Ringen herum. »Ich hätte das nicht tun sollen … Nicht, dass ich ihr hätte sagen können, dass sie tot ist. Dazu habe ich nicht das Recht, stimmt’s? Aber ich habe es mit den Zusicherungen übertrieben. Sie sind automatisch geko m men, als wäre ich in einer Show.«
Sie sah von Lucas zu mir hinüber. Als keiner von uns etwas sagte, fuhr sie fort.
»Das ist es, was ich mache in meinen Shows, für den Fall, dass ihr’s nicht erraten habt. Ich erfinde das Ganze. Kein Mensch will die Wahrheit hören. Fanny Mae will Kontakt mit ihrem toten Mann aufnehmen, und der Typ steht neben mir und brüllt: ›Sorgen um mich? Du dreck i ge Nutte, die hast du dir aber nicht gemacht, als du eine Stunde nach meiner Bee r digung mit meinem Bruder ins Bett gehüpft bist!‹ Glaubt ihr, ich würde ihr das sagen? Ich erzähle ihr das Gleiche wie allen anderen. Er vermisst dich, aber es geht ihm gut und er ist an einem schönen Ort. Und man sollte doch meinen, man sollte wirklich meinen, dass die Leute allmählich schlauer würden, nachdem ich ihnen das verdammte Zeug zum tausendsten Mal erzählt habe, aber sie tun’s nicht. Erzähl ihnen, was sie hören wollen, und keiner wird sich je beschweren.«
Sie holte tief Luft und rutschte auf die Sitzfläche des Sessels hinunter. »Als der Geist angeklopft hat, dachte ich, es wäre Dana. Also bin ich hierher zurückgekommen, um mit ihr zu reden. Aber sie war nicht da, und mein Heims u cher war’s noch, also ist es offensichtlich jemand anderes.«
»Kannst du keinen Kontakt zu ihm aufnehmen?«, fragte ich.
Jaime schüttelte den Kopf. »Das ist ja das Merkwürdige. Ich kriege den Kontakt nicht hin. Nicht nur das, sondern es benimmt sich … na ja, es hält sich einfach nicht an das übliche Geist-Nekro-Protokoll.« Sie sah mich an. »Weißt du, wie es funktioniert? Wie ein Geist einen Nekromanten a n spricht?«
»So ungefähr«, sagte ich. »Die meisten Nekromanten, die ich kenne, reden nicht drüber.«
»Typisch. Die tun so, als wäre das ein Berufsgeheimnis. Meiner Ansicht nach sollten meine Freunde – meine par a normalen Freunde zumindest – wissen, wie es geht. A n dernfalls werden sie nämlich sehen, wie ich vor mich hin murmele und dabei leere Wände anstarre, und glauben, ich habe nicht mehr alle Tassen im Schrank. Es gibt im W e sentlichen zwei Arten, wie ein Gespenst Hallo sagen kann. Wenn es die richtige Vorgehensweise kennt, kann es sich manifestieren, und ich kriege Bild und Ton. Wenn es das Nötige nicht weiß, kriege ich nur Audio – die guten alten Stimmen im Kopf. Eigentlich sollte jeder Geist in der Lage sein, das hinzukri e gen. Aber dieser kann’s nicht.«
»Also schmeißt er stattdessen mit Dingen?«
»Inzwischen schon. Bis heute hat er einfach in der G e gend rumgehangen wie ein psychischer Stalker. Ich weiß, dass er da ist. Ich merk’s die ganze Zeit, und«, sie hob eine Hand und zeigte uns ihre zitternden Finger, »es macht mich nervös. Und jetzt fängt er an, einen auf Poltergeist zu machen. Das ist einfach – okay, es ist mir unheimlich, ich geb’s zu.«
»Wirkliche Poltergeistaktivitäten sind selten, oder?«, fragte ich. »Extrem selten. Als ich jünger war, hab ich als Geist e raustreiberin gearbeitet, um meine Rechnungen zu bezahlen. Und ganz oben auf der Beschwerdeliste des Eigenheimbesi t zers steht? Poltergeistaktivität. Ich habe Dutzende, wenn nicht Hunderte von solchen Fällen g e habt. Und gefunden habe ich genau drei wirkliche Polte r geister. Alles andere waren clevere Kinder, die einfach Aufmerksamkeit erregen wollten. Ich hab den Leuten dann ein Märchen davon erzählt, dass der Geist sich wünscht, die Familie würde mehr Zeit miteinander verbringen, und damit war das Problem in der Regel b e hoben. Wirkliche Poltergeistaktivitäten dagegen bede u ten, dass der Geist eine Methode gefunden hat, Gegen s tände in unserer Dimension zu bewegen, und das ist eine sehr ungewöhnliche Fähigkeit.«
Lucas runzelte die Stirn. »Wie bringt es also ein Geist, der nicht einmal Kontakt zu einer Nekromantin aufne h men kann, fertig, Dinge über die Dimensionen hinweg zu bewegen? Hast du die Möglichkeit erwogen, dass es kein menschenähnliches Wesen ist?«
»Vielleicht ein niederrangiger Dämon«, sagte ich. »Oder ein Naturgeist.«
»Könnte sein«, sagte Jaime. »Aber ich bin Nekro. Ich rede mit den Toten, wie der Name schon sagt. Wenn’s nicht tot, ist,
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