Women of the Otherworld 04: Pakt der Hexen
»Gehen wir und essen irgendwo was.«
»Ballast, bevor du dich wieder auf den Weg machst? Gute Idee.«
»Hm, ja.« Sie griff nach ihrer Haarbürste, beugte sich nach vorn und begann ihr Haar von unten zu bürsten. »Magst du kubanisches Essen?«
»Ich weiß nicht, ob ich’s je probiert habe.«
»Du kannst Miami nicht verlassen, ohne es einmal g e gessen zu haben. Ich hab in der Nähe vom Krankenhaus so ein skurriles kleines Lokal gesehen.«
»Krankenhaus?«
»Du weißt schon, in dem Dana liegt.«
Jaime bürstete weiter, womit dafür gesorgt war, dass ihr Gesicht und ihre möglicherweise verräterisch glänzenden Augen verdeckt waren. Sie begann sich einem nicht exi s tierenden Knoten in den Haaren zu widmen. Ich wartete. Zehn Sekunden würde ich ihr geben. Sie brauchte nur vier davon.
»Oh, und wenn wir sowieso in der Gegend sind, könnte ich vorbeigehen und nachsehen, wie es Dana geht. Vie l leicht versuchen, noch mal mit ihr zu reden.«
Jaime warf ihr Haar zurück und bürstete es von oben, was ihr die Gelegenheit gab, einen Blick in meine Ric h tung zu werfen und meine Reaktion abzuschätzen. Ich hatte mich schon gefragt, was sie veranlasst hatte, sich uns wieder anzuschließen. Aus irgendeinem Grund bezweife l te ich, dass es wirklich einfach nur die Nachricht über Weber gewesen war. Am Vorabend hatte sie etwas davon gesagt, dass sie Verbindung zu Dana aufnehmen wollte, und jetzt ging mir auf, dass dies vermutlich der wirkliche Grund für ihre Rüc k kehr gewesen war – dass sie ein schlechtes Gewissen hatte, weil sie Dana getäuscht hatte, und deshalb noch einmal mit ihr reden wollte. Unsere Ermittlungen würde es nicht vora n bringen, aber wenn es Dana – und Jaime – etwas Frieden brachte … Ich konnte hier ohnehin nichts ausrichten, bevor Lucas zurückkam. Also erledigte ich meinen Elf-Uhr-Anruf bei Elena, und dann verließen wir das Hotel.
»Sie ist nicht da«, sagte Jaime, während sie ihr Amulett neben Danas regloser Gestalt aufs Bett schleuderte. »Gottve r dammtes Orientierungstraining.«
»Orientierungs – ?«, fragte ich.
»So nenne ich es. Andere Nekros haben grandiosere Ausdrücke dafür. Man muss doch dafür sorgen, dass es gehei m nisvoll klingt, du weißt schon.« Jaime rieb sich den Nacken. »Wenn ein Geist mal übergetreten ist, hat man ein, zwei Tage, manchmal drei, um mit ihm Kontakt au f zunehmen. Dann kommt das Hoteltaxi der Geisterwelt und holt sie ab, um ihnen das Wichtigste zu zeigen. In dieser Zeit ist der Geist nicht zu erreichen. Irgendeine Art von psychischer Tür ist zugeknallt, und man kann sich die Seele aus dem Leib brü l len, die hören einen nicht.«
»Davon habe ich schon mal gehört«, sagte ich. »Und danach kann man zwar wieder mit ihnen Kontakt au f nehmen, aber es ist schwieriger, als es in den ersten paar Tagen war.«
»Weil sie jetzt gelernt haben, nein zu sagen, wenn ein nerviger Nekro auftaucht. Wir sind ungefähr so willko m men wie ein Anruf von einer Telefonfirma. Man muss sie so lange pesten, bis sie einem zuhören, nur um einen lo s zuwerden. Außer natürlich, sie wollen irgendwas; dann treiben sie uns zum Wahnsinn, damit wir zuhören.« Jaime fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Das ergibt keinen Sinn. Wenn sie gerade ihre Einführung macht, warum –« Sie drehte das Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen. »Du hast nicht zufällig eine Spange?«
»Immer«, sagte ich und begann in meiner Handtasche zu wühlen. »Bei dem Haar sollte man auf alles vorbereitet sein. Ein bisschen Regen oder Luftfeuchtigkeit, und der Pferd e schwanz ist die einzige Rettung.«
»Die Locken sind natürlich?«
»O Gott, ja. Ich würde für das hier doch kein Geld b e zahlen!«
Sie lachte und befestigte die Haarspange. »Siehst du – ich schon. Frauen mit Locken wollen glattes Haar, Frauen mit glattem Haar wollen Locken.« Sie warf einen Blick in den Spiegel ihrer Puderdose. »Geht. Mittagessen?«
Ich stellte meinen Stuhl zurück an seinen Platz. »Was war das, was du vorhin gesagt hast? Dass irgendwas ke i nen Sinn ergibt?«
»Hm? Oh, vergiss es. Ich ergebe doch nie Sinn. Aber denk dran, du wolltest noch mit der Schwester reden, bevor wir gehen.«
Der Krankenschwester zufolge sollte Randy MacArthur in zwei Tagen eintreffen. Ich fühlte mich etwas besser. Dana mochte nicht mehr zurückkommen, aber es würde ihr helfen, wenn sie wusste, dass ihr Vater da gewesen war. Falls unser Schweigen bedeutete, sie würde noch lang genug beatmet werden, dass ihr Vater
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