Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)
man sein Geld am besten dort anlegt, wo man sich auskennt. Schuster, bleib bei deinen Leisten.
Schon vorher meinte ich, einen bislang nicht realisierten Baustein aus meinem ursprünglichen Businessplan doch noch umsetzen zu müssen: Mein Konzept war 1973 im Rahmen meiner damaligen Tätigkeit bei Idro entstanden. Nukleus war dabei die Drogerie Roth, und die bestand aus verschiedenen Geschäftsfeldern. Darunter gab es auch eine durchaus erfolgreiche Kunst-, Mal- und Bastelabteilung. Ich hatte mir damals schon überlegt, wie man diese Abteilung in einem Franchiseverfahren behutsam weiterentwickeln könnte. Nachdem ich bei Idro auf taube Ohren gestoßen war, hatte ich zunächst sehr geschwankt, welche der beiden Geschäftsideen – Drogeriemarkt oder Kunstmarkt – ich realisieren solle. Doch dann war mir angesichts des Wegfalls der Preisbindung klar: Das Drogeriegeschäft muss man gleich machen. Wenn, dann jetzt. Also habe ich mit dm begonnen und die Kunstmarktidee zugunsten der dm-Gründung aufgegeben.
Nun waren etwa zehn Jahre vergangen, und dm war gut aufgestellt. Es fand sich ein engagierter Geschäftsführer, der Lust und Kraft hatte, das zweite Konzept zu realisieren, also gründeten wir »idee kreativ«. 1980 eröffneten wir in Mönchengladbach die erste idee-Filiale, nach und nach folgten kontinuierlich immer mehr Standorte in ganz Deutschland. Doch so richtig kam das Geschäft nicht in Gang. Ich selbst konnte nur vereinzelt Aufgaben übernehmen, ansonsten war ich viel zu sehr bei dm eingebunden. So musste ich darauf vertrauen, dass die Partner das Geschäft zum Laufen brachten. Nachdem die Läden aber ein paar Jahre vor sich hingedümpelt hatten, erklärte ich dem Geschäftsführer schließlich, er müsse sich einen anderen Gesellschafter suchen. Inzwischen ist idee kreativ in der Hand eines engagierten Familienunternehmers und seither führender Einzelhändler im Kreativbereich.
Es ist also nicht so, dass meine Unternehmensbiografie nur von Erfolgen gekrönt ist. Es gab auch viel Engagement jenseits von dm, das ich wieder aufgegeben habe. Aber ich wollte mich einfach auf verschiedene Weise betätigen. Und dieser Betätigungsdrang führt einen dann zu Erfahrungen, die man machen muss, um zu wissen, dass das der falsche Weg ist.
Rückblickend steckte in diesen unternehmerischen Nebenengagements auch eine große Portion Übermut und Selbstüberschätzung: Aus dem Erfolg heraus dachte ich wohl, ich könne alles oder jedenfalls mehr, als ich konnte. Gottseidank habe ich das ziemlich bald durchschaut und wurde dadurch für weitere Anwandlungen dieser Art immun.
»Das bist du! An die Arbeit!«
Journalisten lieben die Frage nach Pleiten, Pech und Pannen, aber leider muss ich die Medienvertreter enttäuschen. Es gibt keine spektakulären Niederlagen zu berichten. Möglicherweise gibt es viele Manager, die sich fragen: Wem habe ich nicht gefallen? Wo habe ich einen Rüffel bekommen? Wo bin ich rausgeflogen? Aber es steckt nicht im Naturell eines Unternehmers, sich damit länger als nötig zu beschäftigen. Als Unternehmer geht es immer um das Potenzielle, um das Ermöglichen, nicht darum, aufzuzeigen, was falsch läuft. Was falsch läuft, weiß jeder selbst. Wenn etwas misslingt, dann steckt man das weg – als Erfahrung, als Lehrgeld, als Irrtum. Insofern sind die Fragen nach Niederlagen und Fehlern im Grunde für mich nicht relevant. Ich begebe mich auch nicht auf Fehlersuche. Das wäre rückwärtsgewandt. Stattdessen bin ich bewusst zukunftsgewandt auf Lösungssuche.
Die Menschen fragen mich oft, ob ich heute alles noch einmal genauso machen würde. Hoffentlich nicht, antworte ich dann. Kluge Leute machen immer neue Fehler, nur dumme Leute immer die gleichen. Alles, was wir machen, ist suboptimal. Sobald ich eine Aufgabe abschließe, weiß ich schon, wie ich sie beim nächsten Mal besser machen kann.
Fehler sind unvermeidlich, ja, sogar notwendig. Fehler sind konstruktiv, sie korrigieren mich und weisen mir den richtigen Weg. Das ist im Prinzip wie das Anecken, jedes Mal, wenn ich irgendwo anecke, lenkt mich das zurück in die richtige Bahn. Wenn man die Welt mit der Idee von Reinkarnation und Karma betrachtet und einmal über den Tellerrand seines gegenwärtigen Lebens hinaus schaut, dann besteht das Leben aus lauter Aufgaben. Wenn Sie den Tod nicht mehr als Ende sehen und die Geburt nicht als Anfang, sondern als Wandlung eines Aggregatzustandes, dann fühlen Sie sich vom Leben nicht länger ungerecht
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