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Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)

Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)

Titel: Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz W. Werner
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Aber unsere Gesellschaft billigt den Menschen, die diese Arbeit verrichten, weniger Bezahlung zu, weil die Wertschätzung fehlt. Deswegen gestehen die Menschen demjenigen, der ihr Bankkonto führt, ein höheres Einkommen zu als dem, der ihr Kind erzieht. Nocheinmal: Das ist eine reine Bewusstseinsfrage.
    Um innerhalb unserer Organisation ein Bewusstsein für den Wert der Arbeit eines jeden zu schaffen, haben wir uns bei dm sehr früh darüber Gedanken gemacht, wie wir die betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen für ein wertschätzendes Miteinander schaffen können. Unser Ziel hieß: Wir etablieren unternehmerisches Handeln im Unternehmen. Jeder Mensch ist ein Unternehmer, selbstbestimmt, kreativ, initiativ. Das ist dem Vokabular des klassischen Rechnungswesen ein Schlag ins Gesicht: »Vielen Dank für Ihre Arbeit. Sie haben wieder Kosten in Höhe von … verursacht!«
    Großer Unterschied:
Personalkosten und Mitarbeitereinkommen
    Allein das Wort »Personalkosten«! Was soll das denn sein? Das ist für das, was passiert, ein völlig falscher Begriff. So haben wir in unserer Gesellschaft viele Begriffe, die der Realität gar nicht entsprechen.
    Dabei sind Begriffe wie Werkzeuge. Wählt man den falschen, kann man sich damit nicht verständigen. Dann muss man mit dem Hammer eine Schraube reindrehen. Das führt selten ans Ziel. Um eine Schraube reinzudrehen, braucht man einen Schraubenzieher (oder noch besser: Schraubendreher, wie es in der Handwerksausbildung korrekt heißt). Das Wort »Personalkosten« suggeriert, dass der Mitarbeiter ein Kostenfaktor ist. So wird es auf allen Universitäten beim Thema Kostenrechnung gelehrt: »Deckungsbeitrag minus Personalkosten …«. So entsteht im Kopf das Bewusstsein, Mitarbeiter reduzieren das Ergebnis.
    Das Bild ist falsch. Ich habe schon sehr viele Unternehmer kennengelernt. Fast alle reden von »Personalkosten«. Aber ich habe noch kein einziges Unternehmen gesehen, in dem die Mitarbeiter das Ergebnis des Unternehmens real reduzieren . Nein, es ist immer anders: Die Mitarbeiter führen das Ergebnis des Unternehmens herbei ! Das ist etwas völlig anderes! Ein diametral entgegengesetzter Vorgang!
    Dass die Mitarbeiter gewöhnlich in der Spalte Kosten und nicht in der Spalte Ertrag landen, ist sogar in gewisser Weise im Arbeitsrecht festgeschrieben. Rechtlich gesehen ist der Mitarbeiter gegenüber dem Unternehmen ein Außenstehender. So steht es im Anstellungsvertrag. Deswegen wird ja dieses Vertragsverhältnis geschaffen. Wäre der Mitarbeiter Teil des Unternehmens, bräuchte keiner den Vertrag. Die juristische Tatsache, dass der Mitarbeiter ein Außenstehender ist, hat nach den allgemeinen Regeln der Rechnungslegung zwingend zur Folge, dass die Mittel, die den Mitarbeitern zufließen, Betriebsaufwand sind und nicht Gewinnverwendung.
    Wenn die Menschen aber denken, dass Mitarbeiter das Ergebnis reduzieren, dann ist klar, was sie im nächsten Schritt denken: »Oh, das Ergebnis ist schlecht? Dann müssen wir Leute entlassen, um Kosten zu reduzieren.« Wie dumm, weil es jetzt niemanden mehr gibt, der die Arbeit erledigt. Auf diese Weise reduziert man das Ergebnis, nicht die Kosten.
    Der richtige, weil zutreffende Ausdruck ist »Mitarbeitereinkommen«. Wir haben uns nämlich gefragt: Wie kann das Ergebnis so abgeleitet werden, dass es der Realität entspricht, dass also eine neue wirklichkeitsgemäße Ergebnisrechnung entsteht? Und dann ist uns das am simplen Vergleich deutlich geworden: Der Bauer hat früher sein Land beackert, dann hat er geerntet und dann hat er abgewogen, wie viel von der Ernte er als Saatgut (Investition) und wie viel er für die Familie (Löhne und Gehälter) braucht.
    Solidargemeinschaft mit offenem Gehaltssystem
    Es gibt – nicht wenige – Unternehmer, die unsere Unternehmenskultur für »Gutmenschen-Gedöns« und mich für einen »Schönwetter-Kapitän« halten, schließlich habe dm in all den Jahren noch nie eine Krise durchlebt oder rote Zahlen geschrieben. Stimmt. Wir haben nie rote Zahlen geschrieben. Aber die Frage ist doch, ob wir uns deswegen eine »weiche« Führungsphilosophie erlauben können, die »dem Chaos Tür und Tor öffnet«. Oder ob wir genau andersherum aufgrund unserer Kultur, aufgrund unseres Prinzips Führung zur Selbstführung und aufgrund unserer Innovationsfitness niemals rote Zahlen schreiben mussten. Eine Bewusstseinsfrage.
    Fakt ist, dass wir 1993 bei dm ein Berichtswesen etablierten, das unsere Unternehmenskultur und

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