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Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)

Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)

Titel: Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz W. Werner
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Besseres bieten. Ich möchte unsere Leistung steigern.« In der Buchhaltung reden wir dann von Kosten, aber die Leistungen sind notwendig, damit wir unsere Kunden bedienen können.
    Begriffe sind Ideen. Wer die Welt verändern will, muss neue Begriffe finden. Begriffe sind das – deswegen heißen Begriffe nämlich Begriffe –, womit wir die Welt begreifen. Wenn wir falsche Begriffe haben, dann begreifen wir die Welt unzutreffend. Wenn wir sie unzutreffend begreifen, dann machen wir Fehler. Und wenn wir zu viele Fehler machen, haben wir keinen Erfolg.
    Wir reden deswegen auch nicht von »Kundenbindung«. Man ist ja immer geneigt, diese gängigen Wortschablonen zu benutzen. Aber während einer Besprechung fiel mir irgendwann auf, wie unpassend der Begriff eigentlich ist: »Lassen Sie sich gern binden?« Alle haben den Kopf geschüttelt. »Warum zerbrechen wir uns den Kopf über Kundenbindung, wenn sich niemand gern binden lässt?« Wir haben dann begonnen, darüber nachzudenken, worum es eigentlich geht. Irgendwann war uns klar, dass wir wollen, dass sich der Kunde mit uns verbindet . Das ist etwas völlig anderes.
    Deswegen hinterfrage ich auch das Wort »Gewinn«. Die meisten Menschen denken, das sei etwas Tolles. Davon könne man nicht genug haben. Unternehmen machen große Pressekonferenzen, in denen sie verkünden, um wie viel sie ihren Gewinn gesteigert haben. Ich sage: Gewinn macht konservativ und denkfaul. Leistungsbereit, wach und aufnahmefähig ist der Mensch, wenn er auf der Vorderkante des Stuhles sitzt. Am aktivsten wird der Mensch, wenn er leicht in Bedrängnis kommt – allerdings nicht lebensbedrohlich. Denn Angst ist ein schlechter Ratgeber und zerstört jede Kreativität. Wenn wir am Ende eines Jahres viel »Gewinn« gemacht haben, dann haben wir etwas falsch gemacht. Dann haben wir zu wenig in den Menschen investiert, also entweder zu wenig in den Kunden oder zu wenig in den Mitarbeiter.
    Statt das Unternehmen durch Wertbegriffe zu beschreiben, versuche ich einen Organismusbegriff vom Ganzen zu vermitteln. Ein Organismus ist nichts, wo es tickt und klackt, rattert und vorwärts geht, sondern wo es – Freud und Leid – ein Wachsen und ein Schrumpfen gibt. In einem organischen Unternehmen gibt es zwei Qualitäten von Prozessen: die Leistungsprozesse und die Veränderungsprozesse. Der Veränderungsprozess stört den Leistungsprozess.
    Der Unternehmer muss wie ein Gärtner nun den Organismus hegen und pflegen. Wenn er den Acker verwildern lässt, dann werden die Kartoffeln nicht gut wachsen. Er muss gießen und jäten. Oder bei der Tomate auch einmal einen Ast festbinden und hier und dort geile Triebe ausgeizen.
    Genauso muss der Unternehmer oder die Führungskraft Verhältnisse schaffen, damit das Unternehmen blüht und gedeiht. Da darf man nicht übereifrig den Keimling herausziehen und gucken, wie weit die Wurzeln schon gewachsen sind. Man kann den Erfolg nicht herbeizwingen, sondern muss geduldig vertrauen und sich beharrlich bemühen. Mit einem materialistischen, mechanistischen Herangehen kann man kein Unternehmen verlebendigen. Dann kann man es letzten Endes nur ausbeuten. Der lebendige Organismus besteht aus den Phänomenen Wachsen und Schrumpfen, Erneuerung und Verfall. Wir reden deswegen auch nicht von Expansion, sondern von Regeneration. Denn wenn wir in der Lage sind, das Unternehmen zu regenerieren, dann kann man das Wachsen gar nicht mehr verhindern. Wie beim menschlichen Organismus. Je schneller die Zellen sich erneuern, desto mehr wachsen die Haare oder die Fingernägel. Wenn die Zellen aufhören sich zu erneuern, dann sterben immer mehr ab, am Ende stirbt der ganze Organismus.
    Beim Prinzip des lebendigen Organismus’ vertrauen wir darauf, dass unsere Saat, wenn wir sie denn richtig ausgebracht haben und die richtigen Verhältnisse geschaffen haben, irgendwann aufgeht. Genau wie in der Natur: Durch den Beginn des Frühjahrs ändern sich die Umfeldbedingungen, und plötzlich werden die Samen wach und fangen an zu keimen. Das Frühjahr ist ein richtiger Sog. Die Luft riecht anders, die ersten warmen Strahlen und eine andere Feuchtigkeit sind bemerkbar, und plötzlich fangen die Samen an zu keimen. Der Frühling zieht die Keime aus der Erde. Der Gärtner muss gar nichts mehr tun. Deswegen wollen wir auch in unserer Führungskultur keinen Druck erzeugen, sondern einen Sog.
    Anders als bei Schlecker war Wachstum für uns nie Selbstzweck. Wichtiger als ständige Erneuerung war es, das

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