Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)
setzen sie sich intensiv mit der Problembewältigung auseinander und lernen, Verantwortung zu übernehmen. Anschließend schildern die Lernlinge in einem Auswertungsgespräch ihre Erfahrungen und Eindrücke und erhalten ein ausführliches Feedback. Wer Fehler gemacht hat, wird für seinen Mut gelobt, aber zur Reflexion aufgefordert, wie er zukünftig bessere Ergebnisse erzielen kann. Denn nur, wer auch einmal Fehler machen darf, traut sich zu, Verantwortung für sich und sein Handeln zu übernehmen.
Insgesamt drei Mal treffen sich die Lernlinge während ihrer Ausbildung zu sogenannten LidA-Arbeitstagen. Weil es für dm oberstes Ziel ist, sinnvoll zu handeln und Verantwortung zu übernehmen, steht ökologisch, ökonomisch, sozial und kulturell nachhaltiges Handeln auch im Mittelpunkt der Ausbildung. Durch die gesamte Drogistenausbildung zieht sich deswegen der sogenannte Rote Faden der Nachhaltigkeit , durch den die Lernlinge ein Verständnis für Nachhaltigkeit entwickeln.
Neben den herkömmlichen Ausbildungsinhalten findet im Rahmen der LidA-Arbeitstage auch der Austausch zu Themen der Nachhaltigkeit statt. Beim ersten Treffen geht es zunächst einmal darum, die Umgebung zu erkunden. Die Lernlinge recherchieren in ihrer Ausbildungsfiliale Themen aus dem Bereich Nachhaltigkeit und stellen sie den anderen in einer selbst gewählten, kreativen Form dar. Beim zweiten Treffen überlegen sie sich Projekte, mit denen sie die Kunden im dm-Markt auf das Thema Nachhaltigkeit aufmerksam machen können, und setzen sie im darauffolgenden Halbjahr im dm-Markt um. Bei den dritten LidA-Arbeitstagen wird das Nachhaltigkeitsprojekt nochmals vertieft, indem die Lernlinge sich nun mit den wirtschaftlichen Aspekten ihrer Ideen beschäftigen. Am Ende entstehen konkrete Projekte: ein Memoryspiel zum Thema Nachhaltigkeit für Kindergartenkinder, ein Sommerfest im Seniorenheim, um für ein besseres Miteinander in der Gesellschaft zu werben, oder ein Radlerwochenende, bei dem die Kunden erfahren, wie viel CO2 sie einsparen, wenn sie mit dem Fahrrad einkaufen. In Zusammenarbeit mit der jeweiligen Ausbildungsfiliale kann jeder angehende Drogist während seines zweiten Ausbildungsjahres seine Projektidee in die Tat umsetzen. Viele Nachhaltigkeitsideen unserer Lernlinge haben so ihren Weg in unseren Filialalltag gefunden. Dass inzwischen alle dm-Filialen auf 100-%-recyceltem und chlorfrei gebleichtem Papier drucken, geht beispielsweise auf die Idee eines Lernlings zurück.
LidA ist eine von drei Säulen, auf denen das Ausbildungskonzept ruht. Die zweite Säule heißt »Forum Schule« und findet in regionalen Berufsschulen statt. Hier wird gemäß den Lernplänen das komplette theoretische Wissen vermittelt. Und die dritte Säule schließlich nennt sich »Abenteuer Kultur«.
Die Lernlinge nehmen an acht einzelnen Tagen verteilt auf acht Wochen an Theaterworkshops teil – und das während der Ausbildung zweimal. Unter Anleitung von professionellen Schauspielern, Regisseuren und Theaterpädagogen entwickeln sie ein eigenes Stück, das sie jeweils am achten Tag vor ihren Kollegen, Freunden und Familien auf die Bühne bringen. Eine besondere Erfahrung, denn auf der Bühne erleben sich die jungen Menschen in einer ungewohnten Situation und entdecken so ihr eigenes Entwicklungspotenzial. Sie erfahren, was sie mit eigenständigem Denken, selbstbewusstem Handeln, Mut und guten Ideen leisten können – in der Gruppe und für die Gruppe.
»Abenteuer Kultur – das Beste, was ich erlebt habe«
Die Idee dazu war aus einer Alltagssituation heraus entstanden. Ein Lernling rief mich aus einer Essener Filiale an, um sich zu beschweren. Mindestens eine Viertelstunde lang telefonierten wir, ohne dass ich sein Anliegen verstand. Dabei sprach er weder Chinesisch noch Dialekt, sondern einfach eine ausgeprägtes Jugendstakkato, bei dem er die Wörter nicht im Zusammenhang, sondern eher schlagwortartig rausbrachte. Jedenfalls war ich erstaunt, wie wenig er sich ausdrücken konnte. Als ich aufgelegt hatte, erinnerte ich mich an einen Waldorfpädagogen namens Rainer Patzlaff, den wir gerade bei einer Forschungsarbeit unterstützt hatten.
Sein Schwerpunkt lag auf »salutogenetischen, pädagogisch-medizinischen und sozialen Aspekten der frühen Kindheit« und hatte ihn im Ergebnis zu einer Publikation geführt, die den knackigen Titel »Kindheit verstummt!« trug. Darin stellte er fest, dass es einen gewaltigen Unterschied ausmachte, ob Kinder den Tag über nur
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