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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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riesiger Felsbrocken über den Boden auf sie zuwälzte.
    Um diese Jahreszeit? Erschrocken sprang er auf. Die Zeit für
Sandstürme war doch das Frühjahr! Oliphant kannte die Samums in der Sahara und den Haboob in der Gegend von Khartum und
wusste, dass diese Stürme ganze Sanddünen verlagern und eine Landschaft völlig
verändern konnten.
    »Sandsturm!«,
brüllte er und gab Befehl, die Pferde zusammenzutreiben, alles, was locker
war, fest zu verschnüren und Schutz zu suchen. »Dem Sturm den Rücken
zukehren!«, schrie er gegen den stärker werdenden Wind an.
    »Allmächtiger!«,
entfuhr es Colonel Enfield. »Wo zum
Teufel kommt denn diese Staubwolke her?«
    Die
rotbraune Walze nahm an Geschwindigkeit auf, und je näher sie kam, desto größer
wurde sie, entwickelte sich zu einem gewaltigen Berg, der sich vom südlichen
Horizont bis zum nördlichen zu erstrecken schien. Schweigend und fassungslos
starrten die Männer auf diese Naturgewalt, die über sie hinwegzugehen drohte.
Und dann rannten sie los, um sich in Sicherheit zu bringen.
    »Scott!«,
herrschte Sir Reginald Neal an. »Was um Himmels willen haben Sie vor?« Der
verrückte Amerikaner war auf sein Pferd gestiegen.
    »Wir
müssen die Tiere zusammentreiben!«, rief Neal zurück und drückte sich den Hut
fest auf den Kopf, derweil sein Pferd tänzelnd einen Kreis beschrieb.
    »Gegen das
da kommen Sie nicht an!« Sir Reginalds Tropenhelm verselbständigte sich, Zelte
rissen sich aus ihren Verankerungen los. Aufgescheuchte Männer hetzten herum,
Pferde galoppierten in allen Richtungen davon. Innerhalb von Sekunden konnte
man kaum noch die Hand vor den Augen erkennen. Und dann schlug der Sandsturm
zu.
    Neal, ein
schützendes Tuch vor dem Mund, trieb sein Pferd zur Eile an.
    »Sie sind
ja wahnsinnig!«, brüllte Sir Reginald ihm nach.
    Das Pferd
war nicht schnell genug. Innerhalb von Minuten wurden Neal und seine Stute von
einer gewaltigen braunen Wolke verschlungen.
     
    Es war
schon spät. Hannah hatte die Ritze unten an der Tür mit Stoff abgedichtet, um
zu verhindern, dass etwaige Gerüche, die beim Mischen ihrer Tinktur entstehen
konnten, nach draußen drangen. Sie wollte Liza Guinness und die anderen Hotelgäste nicht beunruhigen. Im Zimmer war
es behaglich. Auf ihrem Bett lag ihr Nachthemd bereit. Auf dem Tisch neben dem
Bett, im Schein der Öllampe, standen der Zinnrahmen mit Neals Fotografie und
daneben die kleine Elfenbeinstatue der Hygieia.
    Jenseits
der geschlossenen Vorhänge heulte der Wind in den Bäumen. Er hatte sich ganz
plötzlich erhoben, ließ Fensterscheiben erzittern, fuhr in den Kamin, riss
draußen Türen und Tore auf und schlug sie wieder zu. Ein vertrackter Wind,
befand Hannah. Sie stand an dem kleinen Arbeitstisch, den Liza Guinness aus der Küche hatte hochbringen lassen und auf dem jetzt
Messbecher, Reagenzgläser, ihr Mikroskop und eine Spirituslampe aufgebaut
waren. Sie musste an Neal denken, der in der so unwirtlichen Weite Australiens
unterwegs war. Nur gut, dass er sich in Gesellschaft von dreißig Männern
befand, gut ausgerüstet mit Pferden, Gewehren und Pistolen und Wasserfässern.
Sie wünschte ihm, dass er bei seinem aufregenden Abenteuer voll auf seine
Kosten kommen und umwerfende Entdeckungen machen würde.
    Sie wandte
sich ihrer Arbeit zu, wog auf der kleinen Messingwaage, die sie bei Mr. Krüger
erstanden hatte, ein Quantum Jod in fester Form ab, das sie anschließend in
einem Mörser mit einem Stößel zu Puder zerrieb. Ungemein bedacht ging sie vor.
»Zum ersten Mal wurde Jod, ein Extrakt des Seetangs, 1811 identifiziert«,
hatte John Conroy notiert. »Seine chemische Beschaffenheit ist noch unbekannt.
Die Löslichkeit von elementarem Jod kann durch Zugabe von Kaliumjodid verstärkt
werden. Da sich Jod sofort in Alkohol auflöst, steht der Herstellung einer
Tinktur nichts im Wege.«
    Hannah
rührte das Jod in eine Flüssigkeit ein und beobachtete, wie sich die Emulsion
dunkelrot verfärbte und ein beißender, wiewohl vertrauter Geruch aus dem Mörser
aufstieg. Vorsichtig tauchte sie den Finger in die Lösung - kein Stechen, kein
Brennen. Und auch nach mehreren Sekunden des Eintauchens zeichnete sich keine
Beeinträchtigung der Haut ab.
    Der
nächste Schritt würde Klarheit bringen, ob dies tatsächlich die endgültige
Formel ihres Vaters war. Hannah benetzte einen Objektträger mit einem Tropfen
des Wassers, in dem sie sich die Hände gewaschen hatte, schaute durch die Linse
des Objektivs. Als sie die Winzlinge sah,

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