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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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bis es Nachmittag wurde, hatten sich die Ameisen über das gesamte Fell
verteilt und die Flöhe samt und sonders vertilgt! fallara brauchte nur noch die
Ameisen wegzuwischen und das Fell kräftig auszuschütteln, dann erhielt Neal es
zurück.
    Inzwischen
hatte er weitere Mitglieder des Clans näher kennengelernt. Da war Allunga,
eine zierliche nussbraune Frau mit schlohweißem Haar, die für ihn als Jallaras
Großmutter in Betracht kam. Burnu war eine stets lächelnde etwa
Achtzehnjährige, die ihn, den weißhäutigen Fremden in ihrer Mitte, unentwegt
neugierig anstarrte. Ferner waren da Daku, Burnus Bruder, sowie Jiwarli, ihr
Vater, der auf einem Bein lahmte und sich beim Gehen der Hilfe eines
gegabelten Knüppels bediente. Ihre Schwester Kiah, ein scheues und etwas
albernes Mädchen, schien Jallaras beste Freundin zu sein. Blieb noch Yukulta,
eine junge Mutter, die die Dingos beaufsichtigte, deren Jungen sie an ihrer eigenen
Brust säugte, und die nachts bei den Hunden schlief.
    Tag für
Tag wachte Neal mit dem Gedanken an die Lücke in seinem Erinnerungsvermögen auf
und mit dem an Hannah. »Ich hätte in Adelaide bleiben sollen«, murmelte er auf
der Suche nach jungen Trieben an den Eukalyptusbäumen dem Wind zu. »Ich hätte
bei Hannah bleiben sollen. Es wird immer Expeditionen geben, aber es gibt nur
eine Hannah. Wenn ich bei ihr geblieben wäre, sie geheiratet hätte und mit ihr
sesshaft geworden wäre - dann wäre ich nicht in einen tödlichen Sandsturm
geraten, und dann ...«
    Er
runzelte die Stirn. Er stand unter einem Schnee-Eukalyptus, gesprenkeltes Licht
überzog seine von der Sonne verbrannten Schultern. Die Mädchen und Frauen waren
ausgeschwärmt, stocherten mit ihren Stöcken im Boden herum, sammelten
Spinifex-Büschel, haschten Nagetieren und Eidechsen für das Abendessen nach.
    »Dann wäre
ich nicht in einen tödlichen Sandsturm geraten, und dann ...«, wiederholte sich
Neal. »Mein Gott«, flüsterte er in den trockenen Wind, der nie erstarb. »Mein
Gott.«
    Die Lücke
in seiner Erinnerung hatte sich wieder geschlossen.
    Neal griff
nach dem weißstämmigen Baum, um sich daran abzustützen. Die Wildnis schien
sich vor seinen Augen zu erweitern und zusammenzuziehen. Das Summen der Fliegen
wurde lauter. Die Sonne sandte gleißendes Licht durch die Zweige über ihm. Neal
hielt den Atem an, als mit voller Wucht die Erinnerung - und ihre Bedeutung -
über ihm zusammenschlug.
    Ich bin in einen tödlichen Sandsturm geraten, und alle glaubten, ich sei
darin umgekommen.
    Alles
Vernebelte und Milchige schwand in Sekundenschnelle, er konnte sich wieder ganz
genau erinnern, was sich zugetragen hatte - wie er in die Nacht gerufen hatte,
ohne Antwort zu erhalten, dass er beschlossen hatte, unter der schützenden Plane
bis zum Anbruch des neuen Tags auszuharren, um dann die anderen zu suchen, wie
er dann, als es hell wurde, festgestellt hatte, dass sie weitergezogen waren.
Ohne nach ihm zu suchen. So musste es gewesen sein, er war ja nicht weit vom
Lager entfernt gewesen, als die Sandwolke zugeschlagen hatte. Die Männer waren
bestimmt verstreut, aber in Sicht- und Hörweite gewesen. Als sich dann der
Staub gelegt hatte und die Sonne herausgekommen war, war keine Spur mehr von
einem Zelt oder einem Lagerfeuer zurückgeblieben.
    Sir
Reginald hatte Neal absichtlich sich selbst überlassen.
    Weil ich
ihn bei einer Lüge ertappt habe, sagte sich Neal erbittert. Und wenn Sir
Reginald nie unter Seminolen gelebt hat, wie verhielt es sich dann mit dem
Wahrheitsgehalt seiner anderen Abenteuer? Jedenfalls schien er allen Grund zu
haben, einen Mord in Kauf zu nehmen, um sein Geheimnis zu bewahren.
     
    23
     
    Es war an
der Zeit, den Billabong zu verlassen. Wenn Neal daran dachte, seit wie vielen
Tagen er schon bei Jallara und ihrem Volk lebte und wie lange sein Bewusstsein
davor ausgesetzt haben mochte, ehe er sich nach dem Sandsturm aufgerafft hatte
und durch dieses Niemandsland gewandert war, musste es gut und gern zwei Wochen
her sein, seit Sir Reginald ihn für tot erachtet und in der Wüste
zurückgelassen hatte.
    Neal hatte
keine Ahnung, wo, geographisch gesehen, der Billabong lag. Ohne Karte oder
Sextanten oder auch nur seine Taschenuhr war es ihm unmöglich, Längen- und
Breitengrad seines Aufenthaltsortes zu bestimmen. Mit Sicherheit war lediglich
davon auszugehen, dass Sir Reginald mit seiner Expedition den Weg nach Westen
fortsetzte, sich immer weiter von ihm entfernte.
    Rachegedanken
keimten in Neal

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