Wood, Barbara
schien alles andere.
Aus einem
Beutel am Gürtel ihres Bastrocks holte Jallara jetzt kleine grüne Blätter, die
einen stechenden Geruch verbreiteten. Sie drückte sie an Neals Lippen, und er
schmeckte etwas Bitteres, das aber keineswegs unangenehm war. Einem anderen
Beutel entnahm sie gleich darauf kleine rote Beeren, die sie nicht, wie Neal
erwartet hatte, ihm zu essen gab, sondern die sie, indem sie den Kopf hin und
her bewegte und ihr Haar zurückstreifte, an ihrem Hals zerdrückte, bis ihr der
Saft auf die Schulter lief. Zu Neals Überraschung zog sie seinen Kopf zu sich
hinunter, so dass sein Mund süßes Beerenmark verkostete. Die Mischung der
beiden Geschmacksrichtungen war unerwartet köstlich und gleichzeitig sinnlich
erregend.
Jallara
wandte sich von ihm ab und stand auf. Mit ausgebreiteten Armen und summend
begann sie einen verführerischen Tanz. Wie gebannt verfolgte Neal das Wogen
ihrer Brüste, das geschmeidige Kreisen der Hüften. Als sie den Gürtel ihres
Bastrocks aufknüpfte und sich des raschelnden Kleidungsstücks entledigte, sah
er, dass sie darunter völlig nackt war. Er stöhnte vor Verlangen auf.
Nachdem
sie ihren Tanz beendet hatte und ihre Haut schweiß-nass glänzte, kniete sie vor
ihm nieder und drückte ihn sanft hinunter in den Sand. Dann beugte sie sich
über ihn und streifte mit ihrem langen Haar immer wieder über seine Erektion.
Ihre Zunge tastete sich vorsichtig über die noch empfindlichen Tätowierungen.
Neal sog ihren erdigen, moschusartigen Geruch ein, während er seine Hände zur
Erkundung der geheimnisvollen Landschaft ihres Körpers ausschickte.
Vor
Erregung ächzend, zog er sie zu sich herunter. Sie schlang die Arme um ihn. Er
rollte sie auf den Rücken und schaute ihr, während er ihre Brüste und ihren
Bauch liebkoste, in die Augen.
Eng an ihn
geklammert, die warmen Lippen an seinem Ohr, raunte Jallara in ihrer
melodischen Sprache Worte, die sich für Neal anhörten, als plätscherte Wasser
über Steine.
Als er in
sie eindrang und ihre kräftigen Schenkel ihn umfingen, um ihn noch tiefer in
sich zu spüren, schaute Jallara zu dem Berg, der die Sterne abschirmte. Was
hast du da drin gesehen, Thulan?, fragte sie sich.
Wie alle
Frauen war Jallara noch nie im Inneren des Bergs gewesen. Er war für sie tabu,
und über das, was sich dort ereignete, sprachen die Männer nicht. Dabei hätte
sie gern erlebt, was Thulan dort erlebt hatte. Zum ersten Mal in ihrem jungen
Leben stellte sich Jallara die Frage, warum sich Männer geheime Orte erschufen,
die Frauen verwehrt waren. Dieser Gedanke beschäftigte sie, während sie den
weißen Mann in ihren Armen hielt, ihn in sich fühlte, seinen heißen Atem auf
Wangen und Hals spürte. Und etwas, was sie noch nie bedacht hatte, wurde ihr
bewusst: Frauen haben bereits ihre eigenen geheimen Plätze, und an diesen
Plätzen erschaffen wir Leben.
Ein
lustvolles Aufstöhnen kam aus ihrer Kehle. Welche Wärme und welche Kraft von
Thulan ausging, als er seine Lippen auf ihr Haar, ihren Hals, ihre Schultern
presste. Sie spürte etwas Feuchtes auf ihrer Haut und merkte, dass er weinte.
Anwärter, die sich der Initiation unterzogen, weinten oft, wenn die Tortur
überstanden war, weil Geistervisionen so übermächtig waren. In der Annahme,
dass Thulan geheilt werden musste, und bei dem Gedanken daran, dass sie in
wenigen Tagen voneinander Abschied nehmen würden, strich sie ihm über das Haar
und raunte ihm liebevolle Worte ins Ohr.
Als er sich
gleichmäßig in ihr bewegte, lächelte sie zu den Sternen empor und dankte dem
Berggeist. Die Krankheit war aus Thulans Seele gewichen.
30
»Hilfe! Hilfe!«
Hannah
fuhr hoch, lauschte. Hatte da jemand um Hilfe gerufen? Das beständige Heulen
des Windes konnte einen durchaus zum Narren halten. Sie blinzelte durch die
Nachmittagssonne über die rote Sandwüste mit den zwölf klaffenden Löchern und
den Geröllaufschüttungen dazwischen, was in dieser ansonsten eintönigen Öde wie
eine Anhäufung riesiger Maulwurfshügel anmutete.
Hannah
selbst kniete auf einem dieser Haufen, die man als Siebrückstände bezeichnete,
und durchsuchte mit einem kleinen Pickel das aus den Minen nach oben verbrachte
Geröll nach Opalen, die die Grubenarbeiter untertage übersehen hatten. Sie war
auch schon fündig geworden, hatte mehrere Edelsteine herausgeklaubt, von
blassblauen bis hin zu im Inneren rötlich leuchtenden schwarzen Opalen.
»Hilfe!
Hier ist mächtig was eingestürzt!«
Hannah
sprang auf. Aus
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