Wood, Barbara
Sandsteinbrocken, der auf einer Seite bläulich
schimmerte. »Opale! Nach vulkanischem Gestein sieht mir das nicht aus«, meinte
der Holländer, um sich gleich darauf zu erkundigen: »In welcher Gegend haben
Sie die gefunden?«
Jamie
beschrieb das Gebiet, ohne nähere Angaben zu machen. Die buschigen Brauen des
Mannes wölbten sich. »Opal in Sandstein? Wusste gar nicht, dass so was möglich
ist. Lassen Sie mich doch mal genauer ansehen, was Sie da haben.«
Mr.
Grootenboer trug um den Hals eine lange Kette, an deren Ende eine Juwelierlupe
hing, ein Monokel mit extra starker Linse für die Untersuchung von Edelsteinen.
Er hielt sich die Linse vor das rechte Auge, sah sich die Steine nacheinander
prüfend an, grunzte zwischendurch.
Schließlich
meinte er: »Diese Steine sind sehr krude und mussten erst einmal geschliffen
werden. Leider bin ich auf diesem Gebiet nicht bewandert, ich müsste alles
erst mal zu einem Edelsteinschleifer in Sydney schicken. Opal ist ein relativ
weicher Stein, dementsprechend muss man beim
Abschleifen des äußeren Sandsteins höllisch aufpassen. Kämen dann noch der
Feinschliff der endgültigen Form und das Polieren hinzu ...« Mit einem Seufzer
legte er den letzten Stein wieder auf die Platte. »Würde mich alles in allem
eine Stange Geld kosten, dabei steht noch gar nicht fest, was letzten Endes
dabei für mich rausspringt. Trotzdem bin ich bereit, Ihnen die da für, sagen
wir mal, fünf Shilling abzunehmen.«
»Was ist
mit dem da?«Jamie reichte Mr. Grootenboer einen sehr viel größeren Klumpen
Sandstein, aus dem es erst schwarz leuchtete, dann, als er ihn ins Licht
hielt, hellrot, gelb und orange.
Während
sie die Begutachtung durch Mr. Grootenboer abwarteten, schaute sich Hannah in
dem kleinen Laden um. Im Fenster hing ein Schild. »Männlicher Mitarbeiter
gesucht« stand darauf. Derartige Schilder hatte sie auf dem Weg in die Stadt
schon mehrfach gesehen, und auf allen war vermerkt, dass nur Männer gefragt
waren. War es zu einer Epidemie gekommen, die nur Männer heimsuchte? Wo waren
dann Liza Guinness und ihre Töchter abgeblieben?
Unendlich
lange schien sich Mr. Grootenboer unter Zuhilfenahme seiner Lupe mit dem
größeren Stein zu befassen, um dann unvermittelt nach Luft zu japsen. Er ließ
die Lupe sinken, räusperte sich, schürzte die Lippen, sichtlich bemüht, seine
Erregung zu unterdrücken. »Für diesen hier bin ich bereit, Ihnen einen guten
Preis zu zahlen, Sir«, sagte er. Und dann neigte er sich zu Jamie und raunte:
»Und noch mehr zahle ich
Ihnen, wenn Sie mir verraten, wo Sie ihn gefunden haben.«
»Mr.
Grootenboer«, mischte sich jetzt Hannah ein. Ihr war eine ungemein reiche
Auswahl an goldenen Uhren aufgefallen, die zum Verkauf angeboten wurden. Keine
neuen, einige schienen sogar recht alt zu sein. Als sie sich jetzt nach dem
Grund erkundigte, zwinkerte Mr. Grootenboer ihr eulenhaft zu. »Das wissen Sie nicht?«
»Was
denn?«
»In
Kalifornien hat man Gold gefunden.«
Hannah und
Jamie tauschten einen verdutzten Blick. »Wo liegt denn das, Kalifornien?«,
fragte Jamie.
»In
Amerika. Vor ein paar Monaten hat man dort Gold gefunden, faustgroße Klumpen,
die einfach auf dem Boden rumliegen. Das ist der Grund, weshalb viele Männer
Adelaide in Richtung Kalifornien verlassen haben. Um die Überfahrt bezahlen zu
können, verkaufen sie mir ihre Wertgegenstände.«
Wieder
draußen in der Hitze teilte Jamie das Geld von Mr. Grootenboer mit den anderen
und sagte ihnen zu, noch mehr Opale zu verkaufen und den Gewinn wiederum zu
teilen. Verständlicherweise musste er ab sofort vorsichtiger dabei vorgehen,
schließlich waren alle Mauern der Stadt mit seinem Steckbrief beklebt.
»Hannah,
ich für meinen Teil hab eine Adresse, wo die Jungs und ich uns ausstrecken
können, aber wie steht's mit dir? Wo kann ich dich finden?«
Hannah
hatte damit gerechnet, wieder im Australia Hotel unterzukommen.
Jetzt musste sie sich nach einer neuen Bleibe umsehen. Vorher aber wollte sie
unbedingt auf der Post vorbeischauen. Bei ihrem Abschied im April hatten Neal
und sie verabredet, wie sie, wenn er zurückkam, Kontakt zueinander aufnahmen -
über das Hauptpostamt nämlich, wo man Briefe »postlagernd« hinterlegen konnte.
»Ich schau mich mal um, ob meine Freundin Alice wieder in der Stadt ist. Sie
hätte im Australia gewohnt;
wenn sie zurück ist, hat sie bestimmt etwas anderes gefunden. Das werde ich
sicher im Elysium-Varieté-Theater in Erfahrung bringen. Im Augenblick, das
heißt
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