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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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sofort
weggeworfen, weil er weder die Absicht hatte, auf diesem Ball heute Abend zu
erscheinen noch an jedweder anderen Festlichkeit, die Mrs. Sinclair auszurichten gedachte. Nicht nach dem, was sich vor einem
Jahr zugetragen hatte. Jetzt jedoch, da die charmante Miss Conroy ihn mit einem
Lächeln bedachte, das geradezu einladend wirkte ...
    »Sofern es
mein Terminkalender erlaubt«, sagte er und dachte: Wie man sich doch ins eigene
Fleisch schneiden kann. Er wäre ja ein ausgemachter Trottel, wenn er auf das
Vergnügen der Gesellschaft dieser jungen Dame verzichtete, nur weil er wütend
auf Blanche Sinclair war.
    Und schon
dachte er an den Ruderwettbewerb der Amateure, der im nächsten Monat auf dem
Yarra stattfinden sollte, Melbournes erste Regatta, die nach dem Vorbild des
jährlich auf der Themse stattfindenden Wettkampfs zwischen den Universitäten
Oxford und Cambridge abgehalten werden sollte. Ob Miss Conroy wohl Lust hätte,
ihn dorthin zu begleiten und auch sein Gast bei einem Picknick am Flussufer zu
sein?
    »Verstehen
Sie mich bitte recht, Miss Conroy«, sagte er und steckte ihre Visitenkarte ein,
»aber Nellie ist jetzt Patientin dieses
Hospitals und untersteht nicht mehr Ihrer Aufsicht. Deshalb muss ich Sie bitten, sie nicht länger zu stören und auch meinem Personal in
keinster Weise im Weg zu stehen.«
    »Darf ich
fragen, wo das Baby ist?«
    »Gestern
Abend konnte Nellie das Kind
nicht stillen. Deshalb nahm ihre Nachbarin, die sie besuchte, es mit zu ihrer
Tochter. Schönen guten Tag, Miss Conroy.« Damit entließ er sie, konnte sich
aber nicht verkneifen, ihr auf ihrem Weg durch die von Lärm erfüllte Station
nachzuschauen. Was für eine berückende Figur sie hatte ...
    Draußen
auf dem aus Holzplanken angelegten Gehweg blieb Hannah erst einmal ein Weilchen
in der Frühlingssonne stehen, um sich zu fangen. Es war November, die Blumen
blühten, der Sommer stand bevor. Jetzt aber lastete eine dunkle Wolke über
Hannah. Wie um alles in der Welt hatte sich die arme Nellie das tödliche Kindbettfieber zugezogen?
    Bevor
Hannah die Zügel löste, mit denen ihr Pferd an einem Pfosten vor dem Hospital
angebunden war, und ihre kleine Kutsche bestieg, warf sie nochmals einen Blick
zurück.
    Das Victoria
Hospital war ein eher schlichtes Steingebäude mit lediglich zwei Stationen:
eine für Männer, eine für Frauen. Drumherum kein großer Aufwand, lediglich
eine Sitzbank außer Sicht- und Hörweite der Stationen. Küche und Wäscherei
waren in Nebengebäuden untergebracht. Es gab einen Raum im Erdgeschoss für
ambulante Behandlungen, ein Büro für alles, was schriftlich festzuhalten war,
und Dr. Iversons Sprechzimmer. Kerzen und Öllampen sorgten für Licht, Wasser
wurde aus einem Brunnen gepumpt, Abfälle in eine hinten gelegene offene
Senkgrube geworfen.
    Das
Gebäude erhob sich inmitten von Brachland, das mit Gestrüpp und Baumstümpfen
bestanden war. Da die Regierung jedoch vor kurzem das Kontingent für die
staatliche Landzuteilung erweitert hatte und sich das überwucherte Gelände bis
zur Russell Street erstreckte, wurde das Grundstück bereits für die
Landschaftsgestaltung eingeebnet; neben Plänen für den Bau eines Badehauses
für die Patienten sprach man sogar schon davon, bis 1856 eine Gasbeleuchtung zu
installieren.
    Ein
Hospital für Minderbemittelte war zwar eine großartige Errungenschaft - und
uneingeschränkt Sir Marcus Iverson zu verdanken -, aber noch nicht die Antwort
auf die vielen Kranken, die dem übervölkerten Melbourne Sorge bereiteten. In
den letzten sechzehn Monaten, seit man im Norden des Landes Gold entdeckt
hatte, war die Stadt von Zuwanderern aus aller Welt überschwemmt worden, die
alle ihr Glück versuchen wollten. Als Folge dieser hemmungslosen
Überbevölkerung grassierten mittlerweile alle möglichen Krankheiten.
    Die kleine
Statue der Hygieia, dem Geschenk von Dr. Davenport, nahm einen
Ehrenplatz auf Hannahs Kaminsims
ein und erinnerte immer wieder daran, dass die Tochter des Gottes Äskulap die
Göttin der Hygiene war und damit die Göttin, die zur Vorbeugung von Erkrankungen angerufen wurde. Es war Hannahs Traum, ein umfassendes Handbuch der Gesundheit für den häuslichen
Bereich zu schreiben und zu veröffentlichen und darin Empfehlungen für Hygiene
zu erteilen, für eine ausgewogene Ernährung, für Sicherheit und Krankenpflege.
Es war ihr ein Anliegen, das beachtliche Wissen, das sie sich angeeignet
hatte, mit anderen zu teilen. Alles, was sie von Dr.
Applewhite,

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