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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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sie sich vor der
Untersuchung eines Patienten damit die Hände waschen? Vor allem wenn sie sich
vorher mit Nellie beschäftigt
haben?«
    »Warum?«
    »Als
zusätzliche Vorsichtsmaßnahme, für den Fall, dass das Fieber nicht durch die
Luft verbreitet wird, sondern über Handkontakt.«
    Dr.
Iverson schaute auf die kleine Flasche, aber eigentlich mehr auf die schlanke
Hand, die, wie er feststellte, kein Ehering zierte. »Was ist das?«
    »Eine
Jodtinktur, aus eigener Herstellung. Ein mildes Antiseptikum.«
    Eigenartig,
dass sich eine so entzückende junge Dame über ein Thema wie dieses verbreitete.
»Meiner Überzeugung nach wirkt sich Händewaschen weder negativ noch positiv auf
die Gesundheit eines Patienten aus«, sagte Iverson. »Nach Lektüre der jüngsten
medizinischen Veröffentlichungen aus Europa weiß ich aber, dass es durchaus
gute Argumente für die sogenannte Bakterien-Theorie gibt. Und wie Sie sagen,
kann eine zusätzliche Vorsichtsmaßnahme nicht schaden. Allerdings kann ich
meinen Mitarbeiterstab nicht zwingen, sich einer Tinktur zu bedienen, von der
ich nicht mehr weiß, als dass sie einem die Haut verätzt. Aber meinetwegen, ich werde sicherstellen, dass eine Schüssel
mit chlorversetztem Wasser am Eingang der Station aufgestellt wird.«
    Er
musterte Hannah reichlich ungeniert. Irgendwie kam sie ihm bekannt vor, so als
hätten sie sich schon mal gesehen. »Reine Neugier«, sagte er dann. »Dürfte ich
Sie fragen, weshalb Sie über Kindbettfieber Bescheid wissen?«
    Hannah überreichte
ihm ihre Karte. Mit hochgezogener Braue überflog er den Text. »Heilpraktikerin?
Was genau tut eine sogenannte
Heilpraktikerin, Miss Conroy?«
    Hannah
fühlte sich bei Sir Marcus, diesem gut aussehenden, wiewohl ernst, patriarchalisch wirkenden Mann, an Lord
Falconbridge erinnert, vor allem wenn er die Braue hochzog. »Ich führe
Entbindungen durch«, sagte sie, »und darüber hinaus behandle ich Wunden,
verabreiche Arzneien, erteile Ratschläge für Gesundheit und Hygiene und gebe
Familien Anweisungen für die Pflege kranker Angehöriger.«
    Seine
dunklen Augen musterten sie weiterhin eingehend. Wieder spürte er deutlich,
dass sie sich von irgendwoher kannten. »Und welche Ausbildung haben Sie?«
    Hannah
hatte inzwischen Erfahrung darin, umfassend und professionell Auskunft über
sich zu erteilen. Während sie früher zu sagen pflegte: »Mein Vater war Arzt«,
stand sie jetzt folgendermaßen Rede und Antwort: »Gelernt habe ich bei meinem
Vater, einem praktischen Arzt. Meine Weiterbildung erfolgte in einem Londoner Krankenhaus.
Anschließend habe ich sechs Monate lang einem Schiffsarzt assistiert. Und in
Adelaide habe ich als Assistentin bei einem hervorragenden Arzt gearbeitet.«
    Iverson
blickte nachdenklich drein. Miss Conroy kam ihm keineswegs wie ein weiblicher
Scharlatan vor. Sie schien zu wissen, wie man ein binaurales Stethoskop
benutzt, und zudem hatte sie zutreffend die Diagnose Kindbettfieber gestellt.
    Sie war
ihm ein Rätsel. Sir Marcus war zweiundfünfzig Jahre alt und hielt sich für
weltmännisch und erfahren. Und doch hatte er noch nie erlebt, dass sich eine
Dame - noch dazu eine Dame ohne Begleitung! - höchst selbstbewusst vorstellte
und ihm ihre Karte überreichte. Aber ihrem in Ermangelung eines besseren
Ausdrucks curriculum vitae zufolge war sie eine berufstätige Frau und noch dazu
selbständig, und das verdutzte und reizte ihn gleichermaßen. Nannte sich
Heilpraktikerin, bewies Einfallsreichtum und Mut. Eine junge Dame mit Köpfchen
- die ihm bekannt vorkam. »Ich bitte um Verzeihung«, sagte er, »aber kennen
wir uns nicht von irgendwoher?«
    »Gewiss
doch. Durch Blanche Sinclair. Anlässlich eines Fests, das sie letztes Jahr für
einen wohltätigen Zweck veranstaltete.«
    »Ach ja,
jetzt fällt es mir wieder ein. Entschuldigen Sie.« Sir Marcus wunderte sich
über sich selbst. Als er beschlossen hatte, Blanche Sinclair zu vergessen,
hatte er offenbar auch all ihre Freunde aus seinem Gedächtnis gestrichen. Jetzt
erinnerte er sich wieder an dieses Treffen im Hause von Blanche. Miss Conroy
war ihm damals als attraktive junge Dame aufgefallen, freundlich, aber
reserviert. Und er hatte gespürt, dass sie traurig war, so als ob sie gerade
etwas oder jemanden verloren hätte, das oder der ihr lieb und teuer gewesen
war.
    »Werden
Sie heute Abend am Wohltätigkeitsball im Addison Hotel teilnehmen, Dr.
Iverson?«, fragte Hannah.
    Sir Marcus
hatte Blanches Einladung erhalten und sie

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