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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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großzügiger Bürger
türmten. Sie entdeckte Blanche, die gerade andere Damen instruierte: »Schuhe
und Stiefel bitte auf diesen Tisch, Myrtle. Röcke und
Leibchen hierhin. Winifred, bitte
schichte diese Hemden dort zu ordentlichen Stapeln auf.«
    Als sie
Hannah sah, legte sie die Schachtel mit Taschentüchern beiseite und eilte ihrer
Freundin mit ausgestreckten Armen entgegen. »Hannah! Du bist gekommen! Du
Arme! Ich war tief betroffen, als ich deinen Brief las. Geht es dir
einigermaßen?«
    Unter der
Post, den morgendlichen Nachrichten und Visitenkarten, die Blanche erhalten
hatte, war ein Schreiben von Hannah gewesen, in dem sie der Freundin gestand,
dass der amerikanische Fotograf von gestern Abend der Mann war, dem sie in
Liebe verbunden gewesen war, den sie aber seit Jahren für tot gehalten hatte.
    »Es wird
schon gehen«, gab Hannah zurück und streifte sich Handschuhe und Haube ab.
    »Warum
suchst du ihn nicht sofort auf? Jetzt gleich? Ich komme schon zurecht.«
    Aber
Hannah schüttelte den Kopf. Gewiss, es drängte sie, so schnell wie möglich zu
Neal zu gehen, sich ihm in die Arme zu werfen und seine Wärme und seine Kraft
zu spüren, ein für alle Mal seinen »Tod« zu verbannen. Was jedoch überwog, war
ihre Angst. Sie fürchtete sich davor, Näheres über seine Verlobte hören zu
müssen. »Unglaublich viele Leute heute Morgen«, sagte sie. Seit immer mehr
Einwanderer dem Ruf nach Gold folgten und in die Stadt drängten, nahm die
Anzahl von Armen und Bedürftigen in Melbourne in erschreckendem Maße zu.
    »Möchtest
du darüber sprechen?«, fragte Blanche leise, damit die anderen Helferinnen
nichts mitbekamen.
    »Das ist
lieb von dir, Blanche«, erwiderte Hannah und lächelte gequält. »Aber besser
nicht.«
    Damit
wandte sie sich einem hohen Pult zu, auf dem ein aufgeschlagenes Kassenbuch
lag und daneben ein Federkiel. Auch ein Tintenfass stand bereit. Unwillkürlich
musste Blanche daran denken, wie Marcus gestern Abend die Freundin mit seinen
Blicken schier verschlungen hatte. Blanche hatte Eifersucht verspürt, war aber
jetzt bemüht, dieses Gefühl zu unterdrücken. Schließlich war Hannah nicht an
Marcus interessiert, schon weil sie gegen ihre eigenen Dämonen anzukämpfen
hatte - zur Kenntnis nehmen musste, dass der Mann, den sie so sehr geliebt und
für immer verloren geglaubt hatte, nicht nur am Leben war, sondern drauf und
dran, eine andere zu heiraten!
    Sie nahm
sich wieder die Schachtel mit den Taschentüchern vor und ging sie durch, griff
zerstreut mal hierhin, mal dorthin. Hannah sah vom Kassenbuch auf, in dem
Wareneingänge und Warenausgaben verzeichnet waren. »Du bist über Sir Marcus
verärgert, stimmt's?«, flüsterte sie der Freundin zu.
    »Lieber
Himmel, Hannah, was geben wir beiden Weibsen doch für ein Paar ab! Warum ist
Liebe immer so schwierig und tut so weh? Er kam zu meiner Veranstaltung, nur um
mir die kalte Schulter zu zeigen. Ich glaube, das tut er, um mich zu
bestrafen.«
    Hannah
wartete, bis Winifred Bromfield
eine Tasche voller Strümpfe an sich genommen hatte und an den Tisch mit den
Stiefeln und den Schuhen zurückging. »Blanche, ich habe etwas in Sir Marcus'
Augen bemerkt, was mir verrät, dass er dir noch immer gewogen ist, ganz
bestimmt. Und ich wette, er wünscht sich nichts sehnlicher, als dass ihr wieder
Freunde seid.«
    »Dann
sollte er das auch gefälligst sagen.«
    »Wahrscheinlich
ist er zu stolz dazu.« Hannah dämpfte die Stimme, ohne die anderen Damen aus
den Augen zu lassen. »Vielleicht solltest du ihm entgegenkommen. Du und
Marcus«, fügte sie hinzu und verfolgte, wie fahrig und dementsprechend
nachlässig die Freundin die Taschentücher durchsah, »ihr hattet eine so
wunderbare Beziehung. Wir rechneten sogar schon damit, dass ihr heiraten
würdet. Ein Jammer, wenn es jetzt nur wegen eines Missverständnisses anders
käme.«
    Zu ihrer
Überraschung sah Hannah, wie sich Blanches veilchenblaue
Augen mit Tränen füllten, als sie sagte: »Und alles nur, weil ich Angst habe!
Vor Angst regelrecht gelähmt bin. Hannah« - ihre Stimme wurde noch leiser -
»seit dem schrecklichen Erlebnis in meiner Kindheit, von dem ich dir erzählt
habe, ist meine Angst vor Krankenhäusern so tief in mir verwurzelt, dass ich
wohl niemals darüber hinwegkomme. Es ist idiotisch, ich weiß. Und ich hab's ja
auch versucht. Als Marcus die Führung durch sein Hospital vornahm - du warst
damals unterwegs, zu Krankenbesuchen auf Farmen im Norden -, zog ich mich dem
Anlass

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