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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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eingerichtete Küche, aber weil sie Mrs.
Sparrow nicht stören wollte, deren Zimmer am Ende des Ganges lag,
bereitete sich Hannah ihren Tee hin und wieder auf einem kleinen
Spirituskocher in ihrem Schlafzimmer zu. Während sie Teeblätter in eine
Keramikkanne löffelte, sann sie über ihren Traum nach. Erstaunlich konkret war
er gewesen, hatte Stimmungen und Gefühle geweckt, die sie begraben wähnte,
seit sie Neal in Gedanken zur letzten Ruhe gebettet hatte. Umso drängender und
heißer loderten sie jetzt wieder auf.
    Er war in
ihr Leben zurückgekehrt, nur um wieder daraus zu verschwinden.
    Hannah war
froh, einen triftigen Grund zu haben, weshalb sie nicht seinem Wunsch
entsprechen konnte, ihn gleich heute früh aufzusuchen, jeweils am Mittwoch
halfen sie und Blanche im Gemeindehaus der Quäker in der Russell Street bei
der Verteilung von gespendeter Kleidung an die Armen. Dadurch würde sie bis
Mittag alle Hände voll zu tun haben und ihre Gedanken zwangsläufig auf die
Bedürfnisse anderer konzentrieren.
    Wie sollte
sie weiterhin in der Stadt leben, in der sich auch Neal niedergelassen hatte,
wenn sie ihn bei dieser anderen Frau wusste, wenn er diese andere Frau liebte,
mit ihr schlief, sich ihr hingab? Wie sollte sie das ertragen? Hannahs Kehle war derart zugeschnürt, dass sie kaum ihren Tee
hinunterschlucken konnte.
    Sie zwang
sich, ihre Gedanken auf anderes zu richten, vor allem auf die rätselhafte
Erkrankung von Nellie Turner.
Gestern Abend, nach der Gala im Addison Hotel, hatte sie Dr. Iverson ins
Hospital begleitet und feststellen müssen, dass sich Nellies Zustand verschlimmert hatte und inzwischen zwei weitere Wöchnerinnen
mit hohem Fieber auf der Frauenstation lagen.
    Wie
verbreitete sich die Ansteckung? Wodurch war sie überhaupt ausgelöst worden?
    Der Tee
rann ihr heiß durch die Kehle. Hannah schloss die Augen. Wann sollte wohl
Neals Hochzeit stattfinden?
     
    Blanche
Sinclair residierte in einem veritablen Herrenhaus am nördlichen Stadtrand, in
der im Bezirk Carlton gelegenen Drummond Street, einer mit aus Europa
importierten Ulmen gesäumten breiten Allee, in der Melbournes gutbetuchte
Anwälte, Ärzte und Regierungsangehörige mit ihren Familien wohnten. Ein ruhiges
und elegantes Nebeneinander von polierten Messingschildern, Butlern in weißen
Handschuhen und jeweils separatem Eingang für Lieferanten. Blanches hochherrschaftliches Haus mit seinen vierzehn Zimmern war umgeben von
gepflegten Rasenanlagen und Blumenbeeten; im rückwärtigen Teil des Anwesens
befanden sich eine Remise sowie die Stallungen für die Pferde.
    Zum
Vereinshaus der Quäker war es nicht weit, eine Strecke, die sie in Begleitung
eines Dienstmädchens zurücklegte, das ein Bündel aussortierter Kleidungsstücke
auf dem Schoß balancierte. Mit Rücksicht auf ihre Quäker-Freunde trug Blanche
ein schlichtes graues Kleid ohne jeglichen Schnickschnack, eine unauffällige
Haube verbarg ihr volles rotbraunes Haar. Gleich nach ihrer Ankunft entließ sie
ihren Kutscher mit der Weisung, sie mittags wieder abzuholen, und überwachte
dann das Entladen der Säcke mit gespendeter Kleidung, die von Wagen und
Kutschen auf der Rückseite des Vereinshauses angeliefert worden waren.
    Auch wenn
sie mehr als genug zu tun hatte, musste sie immer wieder an gestern Abend
denken - als Marcus auf dem Ball erschienen war und sie sich bereits Hoffnungen
auf eine Versöhnung gemacht hatte. Stattdessen hatte er sie äußerst kühl behandelt
und seine Aufmerksamkeit Hannah zugewandt. Gestern Abend war Blanche gekränkt
gewesen. Jetzt war sie wütend.
    Obwohl sie
wusste, dass Marcus das Hospital viel bedeutete und er damit gerechnet hatte,
sie würde die Besichtigungstour ausrichten, um die Teilnehmer zum Spenden zu
animieren, fand sie jetzt seine Reaktion auf ihre Weigerung maßlos übertrieben.
Über Nacht waren sie, die einst eine warmherzige und enge Freundschaft
verbunden hatte, zu Fremden geworden, die sich kühl und förmlich begegneten.
    Na wenn
schon, befand sie jetzt und schluckte ihren Grimm hinunter, während sie die
freiwilligen Helferinnen im Saal einwies. Uhren kann man nicht zurückstellen,
Vergangenes nicht wieder aufleben lassen und Fehler nicht ungeschehen machen.
Was geschehen ist, ist geschehen.
    Vor dem
Gemeindehaus drängten sich viele Menschen auf dem Bürgersteig, als Hannah dort
eintraf. Sobald sie im Inneren des Gebäudes war, warf sie einen Blick auf die
zusätzlich aufgestellten Tische, auf denen sich die Spenden

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