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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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Wasser auf.«
    Mrs. Lawrence erhob sich, um Alices Wunsch nachzukommen, allerdings nicht ohne dem Besucher einen vielsagenden Blick zuzuwerfen. Mit
einem »Bin gleich zurück« ging sie, ließ aber die Tür einen Spaltbreit offen.
    »Margaret
ist sehr um meinen Ruf besorgt«, sagte Alice.
    »Verständlich.
Sie dürften eine Legion von Verehrern haben.«
    »Sie mag
Sie aber, das ist ihr anzumerken.«
    »Ich
möchte Ihnen etwas sagen, Miss Star«, stieß er hastig hervor und so, als
befürchte er, im letzten Moment doch noch einen Rückzieher zu machen. »Als Neal
Scott und ich im Nullarbor waren, wurden wir Opfer einer schrecklichen Tragödie
...«
    »Ich weiß.
Galagandra«, sagte sie. »Hannah und ich haben aus den Zeitungen davon erfahren.
Es muss furchtbar für Sie gewesen sein.«
    Fintan
schaute zur Tür und zum dahinter liegenden Gang. Niemand zu sehen. Er wandte
sich wieder Alice zu, entdeckte Anteilnahme in ihren hellblauen Augen. »Neal
und ich haben versucht, die anderen Männer zu retten«, sagte er, »aber schlussendlich
konnten wir nur dafür sorgen, selbst zu überleben. Monatelang habe ich
anschließend unter Albträumen gelitten, und auch wenn dem nicht mehr so ist,
habe ich das, was dort geschehen ist, noch immer nicht ganz verarbeitet. Gut
möglich, dass mir das niemals gelingt. Als ich aber vor einem Monat zum ersten
Mal eine Vorstellung von Ihnen besuchte, liebe Miss Star, war mir, als
erscheine mir ein Engel in Weiß, in einer hellen Lichtsäule. Ich hörte seidene
Stimmbänder, die sich über mucksmäuschenstille Zuhörer legten, und ich spürte,
wie völlig unerwartet Balsam meine Seele umhüllte. Miss Star, zum ersten Mal
seit dem tragischen Geschehen in Galagandra erfuhr ich so etwas wie Trost,«
    Er
unterbrach sich, ohne den Blick von ihr zu wenden. »Seither«, fuhr er fort,
»habe ich keine Vorstellung versäumt, und jedes Mal war ich danach weniger
verstört. Inzwischen glaube ich, Miss Star, dass in Ihrer Stimme die Gnade
Gottes und seine heilende Macht zum Ausdruck kommen.«
    Alice
wusste nichts darauf zu antworten. Nur »danke« zu sagen, reichte nicht. Tief
bewegt schaute sie zu Mr. Rorke auf, der mit leidenschaftlich glühenden Augen
auf sie herabsah. Ihr Atem stockte. Ihre Haut brannte, als stünde sie in
Flammen. Fintans Hände, die leblosem Holz einen Singvogel abtrotzten - mit
einem Mal sehnte sie sich danach, diese Hände auf ihrem Körper zu spüren, ihren
Körper, der noch nie die zärtliche Berührung eines Mannes kennengelernt hatte,
von diesen Händen zu wollüstigem Begehren und Liebe erwecken zu lassen.
    In diesem
Augenblick tauchte Margaret Lawrence, die Kristallkaraffe in der Hand, an der
Tür auf. Ihre Miene verriet, dass sie wohl gerade noch rechtzeitig
zurückgekommen war. Alice und Mr. Rorke standen so nahe beieinander, dass kaum
noch ein Lichtschein zwischen ihnen auszumachen war. Er hatte eine Hand auf
Alices nackten Arm gelegt. Seinen schönen Kopf ihr zugeneigt. Eingedenk der
Zeit jedoch, da sie selbst jung gewesen war und man ihr den Hof gemacht hatte,
überlegte Mrs. Lawrence
kurz, ob sie nicht kehrtmachen und die beiden allein lassen sollte.
    Aber Alice
musste bewahren, was sie verkörperte. Als Sängerin, als Bühnenkünstlerin
musste sie mehr als andere Frauen darauf bedacht sein, ihre Tugendhaftigkeit
und ihren guten Ruf zu wahren.
    »Hier,
dein Wasser, Liebes!«, sagte sie und stellte die Karaffe auf die
Frisierkommode. »Du meine Güte, wie spät es schon ist.«
    Fintan
wich einen Schritt zurück. »Dürfte ich abermals bei Ihnen vorsprechen, Miss
Star? Oder könnte ich Sie vielleicht zu einem Besuch im neuen Botanischen
Garten überreden?«
    »Gerne«,
sagte Alice und reichte ihm die Hand. »Erlauben Sie mir nur noch eine Frage,
Mr. Rorke: Warum sitzen Sie im Theater immer in dieser dunklen Ecke?«
    »Weil ich
dann das Gefühl habe, der einzige Zuhörer zu sein und Sie ganz für mich zu
haben«, grinste er schelmisch.
    Er setzte
sich seine Melone auf das dichte schwarze Haar und sah Alice noch einmal an,
ehe er den beiden Damen gute Nacht sagte, und ging.
    Verwirrt
angesichts nie gekannter Gefühle, die in ihr tobten und die so erregend waren,
sah Alice ihm hinterher. Sie vergegenwärtigte sich nochmals seine körperliche
Nähe, ohne zu merken, dass ihre rechte Hand wie schützend über die Stellen
ihres Gesichts fuhr, an denen Narben sorgfältig überschminkt waren.
     
    44
     
    Wie an
jedem Morgen verabschiedete sich Edward Soames an der Haustür von

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