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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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Nachahmung anregen
würde. In England wäre das nicht möglich gewesen. Seiner Ansicht nach hing man
dort nach wie vor Behandlungsmethoden an, die für einen Mann mit modernen
Ideen zu antiquiert waren. Kaum in Melbourne niedergelassen, hatte er
öffentlich zur Gründung eines gemeinnützigen Hospitals aufgerufen. Für
Spendengelder war man an prominente Geschäftsleute und wohlhabende
Grundbesitzer herangetreten - vor allem Blanche Sinclair hatte sich ungemein
generös gezeigt -, dann war Ecke Elizabeth und Bourke Street ein Grundstück gekauft
und im März 1846 der Grundstein für das Victoria Hospital gelegt worden.
    Im Rahmen
einer pompösen Zeremonie, an der alle Bürger teilnahmen, waren damals viele
Reden geschwungen worden, und Sir Marcus Iverson heimste ohrenbetäubenden
Beifall ein, als er sagte: »Vom heutigen Tag an werden Hospitäler nicht länger
Einrichtungen sein, in die sich Kranke begeben, um zu sterben, sondern die sie
aufsuchen, um gesund zu werden.«
    Er hätte
sich gefreut, seiner verstorbenen Frau die Einrichtung vorzuführen, die er in
diesem neuen Land geschaffen hatte. Blaupausen des Victoria Hospitals
verhießen für die Zukunft Erweiterungstrakte, Innovationen - ein
Forschungslaboratorium und nicht zuletzt einen Trakt für die Behandlung von
Kindern, an dem bereits gebaut wurde. Auf dem Grund um das Hauptgebäude war man
dabei, Blumenbeete anzulegen, und für die Rekonvaleszenten sollte ein hübscher
Pavillon entstehen.
    Alles nach
Plan, sagte sich Dr. Iverson. Nur dass jetzt das Projekt wegen dieser
geheimnisvollen und nicht einzudämmenden Seuche gefährdet war.
    »Dr.
Iverson«, platzte Hannah heraus, kaum dass sie sein Sprechzimmer hatten, »ich
glaube, ich weiß, wie es zu dieser Infektion kommt, und deshalb auch, wie man
verhindern kann, dass sie sich weiter ausbreitet.«
    Er hörte
aufmerksam zu, als sie ihm von ihrem Vater berichtete und abschließend sagte:
»Er fand diese Mikroben in einer Blutprobe meiner Mutter. Seiner Ansicht nach
sind sie die Ursache für Kindbettfieber.« Sie öffnete das Portefeuille ihres
Vaters und breitete seine Notizen auf dem Schreibtisch von Sir Marcus aus.
    Iverson
griff nach der Bleistiftskizze, die einem Geflecht aus Beeren ähnelte. Darunter
stand streptococcus, was er
durchaus treffend fand, da das Wort aus dem Griechischen stammte und
»verschlungene Ketten von Kugeln« bedeutete. Auch die Anregung, das Blut eines
Patienten unter dem Mikroskop zu untersuchen und dann eine Diagnose zu
stellen, fand er bemerkenswert, auch wenn er noch nie davon gehört hatte. »Sie
schlagen also vor, dass wir dem Beispiel Ihres Vaters folgen und Blutproben
untersuchen?« Dr. Iverson war stolz auf das aus Holz und Messing gefertigte
Mikroskop, das an prominenter Stelle sein Sprechzimmer zierte. Obwohl er
eigentlich keine rechte Verwendung dafür hatte, fand er, dass es der Umgebung
eine fortschrittliche Note verlieh.
    »Wir
sollten es versuchen«, gab Hannah zurück.
    Sie gingen
hinauf in die Frauenstation, wo sie ohne größeres Aufheben allen Patientinnen
etwas Blut abnahmen. Zurück in Dr. Iversons Sprechzimmer, bewies Hannah eine
bemerkenswerte Geschicklichkeit in der Handhabung des Mikroskops. Sie legte die
einzelnen Objektträger unter die Linse, regulierte die Einstellung, bewegte den
Spiegel, bis Licht auf ihn fiel. Jede Blutprobe untersuchte sie, trat dann
beiseite, damit auch Dr. Iverson einen Blick darauf werfen konnte.
    Alle
Proben der infizierten Patienten wiesen eindeutig Streptokokken aus, das Blut
von Patientinnen, die nicht an Kindbettfieber erkrankt waren, dagegen nicht.
    »Bemerkenswert«,
murmelte Iverson, ehe er sich wieder aufrichtete und nachdenklich die Stirn
runzelte. Ohne ein weiteres Wort nahm er einen frischen Objektträger aus der
Schachtel, stach sich in den Finger und ließ einen Tropfen auf das Glas fallen.
Dann regulierte er das Okular und den Reflektor und untersuchte seine eigene
Blutprobe. Das Ergebnis fiel zu seiner Zufriedenheit aus. Er nickte. »Es sind
keine Mikroben in meinem Blut festzustellen. Ich wollte nur sichergehen. Erhebt
sich jetzt also die Frage: Wie sind diese Bakterien in die Blutbahn jener Leute
gelangt? Wurden sie aus der Luft eingeatmet? Wenn ja, warum haben sich dann
andere nicht damit infiziert? Was hat die, die daran erkrankt sind, empfänglich
dafür gemacht? Wenn, wie Sie sagen, Miss Conroy, der Erreger weiterverbreitet
wird ...«
    Er
unterbrach sich. Der Blick, den er plötzlich auf die Tür des

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