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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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kleinen
Nebenzimmers warf, verriet, dass ihm Dr. Soames in den Sinn gekommen war.
    Entschlossen
sagte Dr. Iverson: »Das wird es uns bestätigen.« Mit einem frischen
Objektträger verschwand er kurz nach nebenan. Als er wieder auftauchte, nicht
ohne Mrs. Soames über die Schulter mit einem
Wort des Trosts zu bedenken, verkrampfte sich Hannahs Magen.
    Mit
angehaltenem Atem verfolgte sie, wie Dr. Iverson den Objektträger unter die
Linse schob, das Okular ausrichtete und schweigend das Blut seines jungen
Kollegen in Augenschein nahm.
    Dann
zwickte er die Augen zusammen und richtete sich auf. »Eindeutig Streptokokken
festzustellen.«
    Langes
Schweigen auf beiden Seiten. Durch das offene Fenster drangen Straßengeräusche.
In der Frauenstation im oberen Stockwerk spielte eine Ziehharmonika auf.
Besucher vertrieben einer bettlägerigen Angehörigen die Zeit.
    Zu guter
Letzt stieß der steife und ehrwürdige Sir Marcus einen röchelnden Seufzer aus.
»Und Sie behaupten, die Jodtinktur Ihres Vaters tötet diese Mikroben ab?«,
fragte er.
    »An Händen
und Gegenständen«, erwiderte Hannah, und dachte an die arme Mrs. Soames, die am Bett ihres Ehemannes Wache hielt, der, ohne dass sie es
ahnte, wohl nicht mehr lange zu leben hatte. »Leider«, fügte sie hinzu und
beobachtete, wie eine vielköpfige Familie, gefolgt von einem riesigen gelben Köter,
lauthals plappernd die Treppe zur Frauenstation hochstieg, »leider verhindert Jod nur die Verbreitung der Ansteckung. Ein Heilmittel ist es nicht. Und wir kennen noch immer nicht die
Ursache. Wie hat sich Nellie Turner
überhaupt infiziert? Solange wir das nicht geklärt haben, wird es wohl zu
weiteren Erkrankungen kommen.«
    »Wir
werden dem Schritt für Schritt nachgehen«, sagte Marcus Iverson entschlossen
und rieb sich das stopplige Kinn. »Ich werde dafür Sorge tragen, dass an beiden
Zugängen zur Frauenstation Schüsseln mit jodversetztem Wasser aufgestellt
werden und dass die behandelnden Ärzte regelmäßig die Hände in dieser Lösung
spülen.«
    Hannah
ihrerseits überlegte bereits, wie man Besucher davon abhielt, die Ansteckung
weiterzuverbreiten. Ohne Ausnahme von ihnen zu verlangen, sich jedes Mal die
Hände zu waschen, vor allem wenn sie, was durchaus vorkam, mehrere Patienten
nacheinander besuchten, schien unmöglich zu sein. Schriftlich angebrachte
Hinweise würden auch nicht viel bringen, da die meisten dieser Leute weder
lesen noch schreiben konnten.
    Und
unterbinden konnte man ihre Besuche auch nicht. Wer sollte dann die Versorgung
der Patienten übernehmen?
     
    Als sich
ihre Kutsche dem Hospital näherte, machten sich bei Blanche bereits die
bekannten Symptome bemerkbar - ihr Magen krampfte sich zusammen, die
Handflächen wurden feucht, der Mund war wie ausgetrocknet, ihr Puls raste.
Martha Barlow-Smith, ihre beste Freundin, die neben ihr saß, ahnte nichts von
der Panik, die Blanche so unvermittelt überfiel.
    Man hätte
denken können, die beiden Frauen unternähmen eine sonntägliche Spazierfahrt;
stattdessen waren sie unterwegs, um dringend benötigte Hilfe zu leisten. Anders
als Alice und ihre Begleiterin Margaret Lawrence, die in der vorausfahrenden
Kutsche saßen und, kaum vor dem Hospital angelangt, mit Körben voller Essen
und Kleidung ausstiegen, blieb Blanche, als ihre Kutsche anhielt und Martha mit
den mitgebrachten Sachen den Fuß auf den mit Planken belegten Bürgersteig
setzte, wie angewurzelt sitzen, starrte regungslos zum Eingang des Krankenhauses.
Martha wusste nicht, was sie davon halten sollte. Immerhin war es Blanche
gewesen, die zu diesem Besuch gedrängt hatte. Gleich nach Erhalt von Hannahs Nachricht, dass das Personal des Hospitals das Weite gesucht habe,
stand ihr Entschluss fest, dass sie Hannah unterstützen mussten. »Kommst du,
Liebes?«, fragte Mrs. Barlow-Smith.
    »Gleich.
Geh schon mal vor ...« Blanche rang nach Luft. Den Blick auf die bleigefassten
Scheiben gerichtet, durch die die hohen Eingangstüren des Krankenhausbaus
unterteilt waren, sagte sie sich immer wieder vor: Das ist doch nur ein Gebäude
- ohne allerdings verhindern zu können, dass schreckliche Bilder vor ihr
auftauchten, wahllos, blitzschnell, ohne Zusammenhang. Sieben Jahre alt war sie
damals gewesen und hatte ihre Mutter in ein Hospital in London begleitet, um
Patienten, die niemanden hatten, der sie versorgte, Essen und Kleidung zu
bringen. In der überfüllten Eingangshalle war die kleine Blanche unversehens von
ihrer Mutter getrennt worden, weshalb

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