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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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sich so etwas ein? Es hört sich an, als wären Sie schrecklich
einsam.«
    »Da ist
etwas, was Sie wissen sollten.« Sie zog ein Taschentuch aus dem Bund ihres
Rocks. Während Fintan verblüfft abwartete und der Nachtwind im Garten wisperte
und die Zweige und Blätter der frisch gepflanzten Ulmen rascheln ließ, fuhr
sich Alice mit dem Tuch über ihr rechtes Auge, rubbelte anschließend damit auf
Wange und Schläfe herum bis zu ihrem rechten Ohr. Dann hielt sie ihr Gesicht
ins Licht einer Gartenlaterne und fragte: »Möchten Sie noch mehr sehen?«
    Seine
dichten schwarzen Brauen schoben sich zusammen. »Mehr wovon?«
    »Fintan,
das hier ist mein wahres Gesicht, das Gesicht, das sonst niemand zu sehen
bekommt.« Sie deutete auf das Taschentuch. »Alles Fassade.«
    Er schaute
auf das Tuch. »Alles, was ich sehe, ist ein sauberes Taschentuch.«
    Alice hob
das Tuch hoch. Wie frisch gewaschen war es.
    »Die
Schminke«, sagte Fintan lächelnd, »ist wahrscheinlich in der Hitze des Gefechts
abgegangen, mal abgesehen von den Temperaturen, die in diesem Gebäude herrschen.
Sie haben sich bestimmt mehrmals übers Gesicht gewischt.«
    Sie
starrte ihn an. Ja, sie hatte sich in Abständen das Gesicht mit einem Handtuch
abgetupft, ohne daran zu denken, dass dadurch auch die sorgfältig aufgetragene
Schminke entfernt wurde.
    »Alice«,
sagte er und umfasste ihre Schultern. »Gestern Abend in Ihrer Garderobe ist mir
aufgefallen, dass sie immer wieder mit der Hand zu einer Seite Ihres Gesichts
hochfuhren. So als wollten Sie etwas verdecken.«
    »Aber das
mache ich doch schon lange nicht mehr!«
    »Diese
Geste hat meine Aufmerksamkeit geweckt. Ich habe genauer hingeschaut und
gemerkt, dass Ihre Schminke etwas verbarg. Und da verstand ich, worauf sich Ihr
Gesang begründet, warum er so viele Herzen bewegt. Mir wurde bewusst, dass Ihr
Gesang Ihrer Seele entströmt, Alice. Dass Sie nicht nur Worte oder Noten zum
Ausdruck bringen, sondern Ihren eigenen Kummer. Und ich habe mich gefragt, ob
nicht vielleicht das, was Sie hier verbergen« - er fuhr ihr zärtlich über
Schläfe und Wange -»von selbst erlittenem Leid zeugt.«
    Alice
schluckte schwer. Dann begann sie hastig, schon aus Angst, ihr Mut könne sie im
nächsten Augenblick verlassen, zu erzählen. Sie sprach von dem Feuer auf der
Farm, von der Rettung, bei der ihr Gesicht entstellt wurde, von der Zeit, da
sie sich als Bettlerin auf der Straße durchgeschlagen hatte, von ihrem Leben
bei Lulu Forchette - »Aber mit den Freiern hatte ich nichts zu tun, und
gesungen habe ich auch nicht für sie« -, bis alles heraus war und Fintan Rorke
der zweite Mensch auf Erden, der um Alices Geheimnis wusste.
    »Das macht
alles verständlich, liebe Alice. Das ist es, wovon Sie singen. Und Ihr Publikum
hört das. Es spürt, dass Sie es direkt ansprechen, jeder Mann, jede Frau fühlt
sich von Ihrer Stimme persönlich berührt. Sie verstehen, was andere bedrückt,
Alice, ihre Ängste, und Sie bringen ihnen Frieden, weil die meisten von uns
eine Lulu Forchette oder ein Galagandra erlebt haben. Sie verfügen über eine
Gabe, die wunderbar ist und unendlich viel bewirkt.«
    Er legte
die Hand an ihre Wange. »Haben Sie wirklich geglaubt, ich würde nichts mehr von
Ihnen wissen wollen, sobald ich dies hier gesehen hätte?«, fragte er.
    Sie
schaute ihm in die Augen und wusste, dass es ihm ernst war. »Nein«, sagte sie.
Wenn sie Fintan hatte auf die Probe stellen wollen, um sich Gewissheit zu
verschaffen, ob die Gefühle, die er für sie hegte, nicht durch die
überschminkten Narben beeinträchtigt würden, musste sie sich jetzt
eingestehen, dass sie nicht an Fintan gezweifelt hatte, sondern an sich selbst.
War das Selbstbewusstsein, zu dem sie seit dem Vorsingen im Varieté von Sam
Glass gefunden hatte, nur eine Vortäuschung falscher Tatsachen
gewesen, gegründet auf kosmetische Tricks, Haarteile und Diademe? Bislang
hatte Alice dieses neue Selbstbewusstsein nie genauer betrachtet, aber jetzt
hatte sie es getan und erkannt, dass ihr Selbstbewusstsein keine Illusion,
sondern echt war. Die Narben spielten keine Rolle mehr. Sie hatte nichts mehr
zu verbergen.
    Fintan
umfasste ihr Gesicht. »Alice, Sie sind eine bildschöne Frau. Hat Ihnen das noch
niemand gesagt? Ihre Augen sind faszinierend. Ein solches Blau habe ich noch
nie gesehen. Diese entzückende Nase, dieser hinreißende Mund. Sie haben so
viel mehr vorzuweisen als ein paar abgedeckte Narben. Um Ihr Gesicht dürfte Sie
so manche Frau

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