Wood, Barbara
jemand ein.
»Mr.
Scott, wir können keinen einzigen Patienten entlassen«, sagte Iverson leise.
»Das Fieber verbreitet sich sonst über die Stadt.«
Neal
wandte sich an die Männer, die, die Hände zu Fäusten geballt, näherrückten.
»Alle mal herhören. Es gibt keinen Grund, gewalttätig zu werden. Vergesst
nicht, dies ist ein Hospital. Kranke liegen hier drin.«
»Sie
halten sich da raus«, knurrte der Mann mit den kräftigen Armen. »Haben Sie da
drin vielleicht jemand verloren, den Sie geliebt haben?«
»Nein«,
sagte Neal, ohne den Mann, der auf ihn zukam, aus den Augen zu lassen. »Aber
meine zukünftige Frau hält sich da drin auf, und das würde ich nicht zulassen,
wenn ich nicht wüsste, dass sie dort in Sicherheit ist.«
»Zukünftige
Frau ist noch lange keine Ehefrau«, murrte ein anderer.
Neal war
sich der angespannten Situation bewusst, er sah die wütenden Blicke derer, die
sich vor ihm aufgebaut hatten und offenbar beabsichtigten, das Hospital zu
stürmen. Er schaute hinüber zu den Eingeborenen. Der Fremde auf der Straße,
die an Brookdale vorbeiführte, hatte schamlos übertrieben. Diese Aborigines
waren keine hundertköpfige Meute, und das Hospital umzingelt hatten sie genauso
wenig wie es ihre Absicht zu sein schien, es abzufackeln. Dennoch eine
sonderbare Gruppe, wie Neal befand. Nicht alle gehörten einem Stamm an. Die
Jüngeren trugen wie gleichaltrige Weiße Mädchenkleider oder Hosen und Hemden.
Wahrscheinlich von einer Mission, so seine Vermutung.
»Wir haben
ein Recht darauf, unsere Familien zu beschützen!«, ereiferte sich der stämmige
Mann, und die Menge stimmte ihm lauthals zu.
»Los
jetzt! Schlagen wir die verdammten Türen ein!«, grölte ein anderer.
»Wir sind
zu wenige, um sie zurückzuhalten«, raunte Iverson Neal zu.
»Was haben
die denn vor?«, erschrak Fintan und deutete auf ein paar Männer, die jetzt um
das Gebäude herumliefen. Gleich darauf rannten Joe Turner und sein Bruder die
Treppe hinunter und ihnen nach.
»Gibt es
einen Hintereingang?«, erkundigte sich Neal. Falls es diesen Leuten gelang,
sich Zutritt zu verschaffen, würde Chaos ausbrechen.
»Ja, den
gibt es, und er ist nicht verschlossen. Die Schlüssel sind in meinem Büro. Mr.
Scott, wir sollten die Polizei rufen.«
»Dafür
dürfte es zu spät sein.«
Sie
tauschten einen Blick. »Gehen Sie schon, Doktor«, sagte Neal. »Und du, Fintan,
du versuchst, diese Verrückten am Hintereingang abzuwimmeln. Vielleicht hilft
dir jemand dabei. Pfleger, Besucher, wer auch immer. Ich halte hier die Stellung.«
Er wandte
sich der Menge zu. »Alle mal herhören!«, rief er mit erhobenen Händen. »Da drin
ist nicht genug Platz für euch alle. Außerdem würdet ihr nur die Patienten
verschrecken.«
»Wir haben
ein Recht drauf, unsere Angehörigen zu besuchen!«
»Na gut.«
Damit schob Neal den aufgebrachten Kaminkehrer beiseite. »Ihr wollt also nach
euren Angehörigen schauen, euch überzeugen, dass sie kein Fieber haben?
Verstehe ich das richtig?«
»Und ob,
Kumpel!«
»Ihr
glaubt also wirklich, dass in diesem Gebäude eine ansteckende Krankheit in
Umlauf ist?«
»Eine
Seuche!«, kam es aus mehreren Kehlen.
»Und ihr
nehmt es in Kauf, euch ebenfalls anzustecken?« Er deutete mit dem rechten Arm
zu dem säulengeschmückten Eingang. »Ihr wollt hier rein und das Risiko
eingehen, euch mit einer unter Umständen tödlich verlaufenden Krankheit zu
infizieren?« Er deutete auf einen Mann in seiner Nähe. »Sie, Sir! Wie viele
Kinder haben Sie?«
Der Mann
verzog das Gesicht. »Was spielt denn das für 'ne Rolle?«
»Weil das
besagt, wie viele Münder Hunger leiden müssen, wenn Sie diese Schwelle
überschreiten und sich dann anstecken.«
Er blickte
auf die direkt vor ihm Stehenden, rief dann über ihre Köpfe hinweg mit so
lauter Stimme, dass selbst die, die sich hinten unter einer Straßenlaterne
aufhielten, ihn hören konnten: »Wie viele von euch Männern sind bereit, ihre
Frauen zu Witwen zu machen? Wie viele von euch Frauen sind bereit, Waisen
zurückzulassen? Wie viele von euch wollen Weihnachten nicht mehr erleben?«
Betreten
tauschte die Menge verunsicherte Blicke, murmelte Zweifel und Unentschlossenheit.
»Findet
ihr das vielleicht vernünftig?«, hakte Neal nach. »Die Ärzte da drin wissen
genau, was zu tun ist.«
»Wissen
sie nicht!«
»Die haben
doch von nichts eine Ahnung!«
»Also
gut«, sagte Neal. »Ja, ein paar Patienten haben Fieber, aber das ist unter
Kontrolle, und alle anderen
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