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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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Zuschauern. Sie besprachen sich untereinander,
stellten Vermutungen über diese unerwartete Offenbarung an - war der Amerikaner
von Eingeborenen gefangengenommen und gefoltert worden? -, derweil der
Stammesführer der Eingeborenen den Weißen, der sich offenbar einem geheimen
Initiationsritus unterzogen hatte, eingehend betrachtete.
    Schließlich
raffte er sich zu einem Kommentar auf. Fremdartige Silben kamen ihm über die
Lippen, Silben, die sich für Neal ähnlich wie Jallaras Dialekt und somit
vertraut anhörten und mit denen er dennoch nichts anzufangen wusste. »Er fragt,
ob du auf heiliger Wanderung warst.«
    »War ich.
In der großen Wildnis im Westen. Geister haben in einer Vision zu mir
gesprochen.«
    Nach
Miriams Übersetzung blieb ihr Großvater lange wie versteinert stehen. Der
Nachtwind fuhr ihm unter den langen weißen Bart und legte die Narben seiner
vor langer Zeit erfolgten eigenen Initiation frei. Aus dunklen Augen, die
nichts verrieten, starrte er Neal an.
    Zu guter
Letzt nickte er zufrieden und sagte etwas, und Miriam übersetzte. »Der Vater
meines Vaters sagt, dies ist heiliger Boden, und heiliger Boden ist krank.
Krokodil-Geist sehr unglücklich. Wir gekommen für Ritual zur Heilung. Aber
weiße Männer müssen fortgehen. Zuschauen tabu.«
    Neal warf
einen Blick hinüber zu den Zuschauern. Sie trugen moderne Jacken und Hosen,
Filzhüte und Tweedmützen, die Frauen lange Kleider und Schals - alle gehörten
sie einer anderen Welt an und würden nicht verstehen, was hier vorging. Sie
aber dazu zu bringen, das Feld zu räumen, war ein Ding der Unmöglichkeit.
    Misstrauen
und Argwohn einem geheimen Ritual der Aborigines gegenüber würden sie nur umso
entschlossener ausharren lassen.
    »Du sagst
Männern, sie sollen fortgehen«, wiederholte Miriam. »Krankheit nicht zu heilen,
wenn weißer Mann hier.«
    Neal
überdachte die Situation - auf der einen Seite die Aborigines, die ihren
heiligen Boden schützen wollten, auf der anderen Seite verängstigte Weiße, die
glaubten, die Eingeborenen hätten ihre Angehörigen krank gemacht.
    Als der
Stammesführer und sein Volk die Aufmerksamkeit von Neal abwandten, folgte er
ihren Blicken und sah, dass sie abermals Hannah fixierten.
    »Warum«,
setzte er an, »interessiert ihr euch für die weiße Frau ...«, brach aber ab,
als sich eine alte Aborigine-Frau vordrängte und nach einem kurzen Wortwechsel
mit dem Stammesführer dessen Platz einnahm.
    Sie war
klein und gebeugt, ihr gewelltes weißes Haar hing ihr bis tief in den Rücken
hinunter. Ihr gedrungener Körper war weiß bemalt und mit Ketten behängt, an
denen Tierzähne, Federn und Nüsse baumelten. Trotz ihres runzligen Gesichts und
des gekrümmten Rückens, der ihr hohes Alter erkennen ließ, entblößte sie beim
Sprechen kräftige weiße Zähne.
    »Weiße
Frau muss kommen«, übersetzte Miriam die
hastig geäußerten Worte der Alten.
    »Warum?«,
fragte Neal.
    Als er
keine Antwort erhielt, sah er sich zu Hannah um, die gemerkt haben musste, dass
sie gebraucht wurde, und sich bereits anschickte, an Neals Seite zu treten.
Wieder kam Bewegung in die weiße Menge - aufgeregte und gereizte Bemerkungen
waren zu hören. Das Licht von Laternen und Fackeln erhellte angsterfüllte
Gesichter. Was hatten die Schwarzen mit der weißen Frau vor?
    Neal
bemerkte, das der Blick der alten Aborigine auf den
wundersamen Stein in der Kuhle von Hannahs Halsansatz
geheftet war, dann zu Neal wanderte, den weißen Mann mit den Stammes-Tätowierungen,
und wieder zurück zu der weißen Frau mit einem Talisman der Eingeborenen am
Hals.
    »Neal«,
flüsterte Hannah, »was hat das zu bedeuten?«
    Miriam
mischte sich ein. »Krokodil-Geist sprechen zu Papunya im Traum. Sagen ihr
kommen und das Land heilen.«
    »Papunya?«,
fragte Hannah das ihrer Schätzung nach etwa fünfzehnjährige Mädchen, dem ein
kleines christliches Kreuz an einer Schnur auf der Brust hing.
    »Papunya
ist eine Stammesführerin. Sie ist Mutter von Mutter von meiner Mutter.«
    Hannah
wandte sich an Papunya: »Ja, hier herrscht eine Krankheit, und weil wir nicht
wissen, wodurch sie verursacht wurde, ist es uns auch nicht möglich, sie zu
heilen. Kannst du uns helfen?«
    Nachdem
Miriam übersetzt hatte, nahm die Alte von einer anderen Eingeborenen eine
offenbar aus einem Stück Holz geschnitzte große Schale entgegen und zeigte
Hannah, was sich darin befand. Miriam übersetzte: »Diese geheiligten
Gegenstände kommen vor langer Zeit von diesem Ort. Jetzt wir

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