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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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darauf bedacht zu sein, sich jeweils vorher
oder anschließend die Hände zu waschen.
    »Sie
sollten sich ausruhen, Sir Marcus.« Blanche berührte seinen Arm. Sie und ihre
Freundinnen hatten den kleinen Kinderflügel, an dem noch immer gebaut wurde,
in einen privaten Bereich umgewandelt, abseits von Besuchern und Patienten.
Neue Betten und Leintücher waren angeliefert worden, damit sich Freiwillige und
Ärzte immer mal wieder kurz zurückziehen und ausruhen konnten. Angesichts von
inzwischen zwölf Fällen von Kindbettfieber war allerdings eine Wache rund um
die Uhr erforderlich, um eine weitere Verbreitung zu verhindern. Dr. Iverson
gestattete sich nicht einmal den Luxus eines kurzen Schläfchens.
    Er
lächelte Blanche anerkennend zu. Nicht nur weil sie ihre tief verwurzelte Angst
im Zaum hielt; sie bewies darüber hinaus ein bewundernswertes Talent, auf der
Frauenstation jedem seine Aufgabe zuzuweisen und für ein reibungsloses
Miteinander zu sorgen. Obwohl sie nichts von Medizin oder Krankenpflege verstand,
besaß sie eine rasche Auffassungsgabe. Eine Einweisung von Miss Conroy, wie man
Patienten alle zwei Stunden drehte, um Wundliegen zu verhindern, und schon gab
Blanche nicht nur ihr neues Wissen an die anderen Damen weiter, sondern
erstellte bereits einen Plan, in welch zeitlichem Abstand und in welcher
Besetzung dieser Aufgabe nachzukommen war.
    Auch die
Familien und Freunde der Patientinnen überwachte Blanche, zeigte ihnen, wie sie
sich die Hände zu waschen hatten, sagte ihnen, was sie tun durften und was
nicht. Und da Blanche offenbar eine Dame von hohem Stand war und Autorität ausstrahlte,
fügten sich die Besucher.
    Sir Marcus
schaute auf die Grübchen in ihrer Wange, auf das so anmutig geformte, spitz
zulaufende Kinn, in ihre mandelförmigen veilchenblauen Augen und wünschte
sich, die gegenwärtige Situation wäre eine andere. Wie sehr Blanche ihm das
ganze Jahr über gefehlt hatte! Und wie händeringend er sich wünschte, ihr
gerecht zu werden!
    »Ich werde
Sie begleiten, Sir«, sagte Fintan in der Annahme, dass Dr. Iverson mit so
vielen Besuchern nicht gut allein zurechtkommen würde.
    »Da bin
ich Ihnen wirklich dankbar, mein Junge«, entgegnete Iverson, zog seinen
schwarzen Gehrock an und begab sich hinaus zu der stetig größer werdenden
Menschenmenge, die bereits Lampen und Laternen gegen die einfallende
Dunkelheit angezündet hatte. Zu denen auf den Stufen sagte er: »Bitte gehen Sie
nach Hause. Ihre Angehörigen und Freunde sind in meinem Hospital gut
aufgehoben. Ich gebe Ihnen mein Wort, dass sie jede nur mögliche Pflege
erhalten. Uns stehen inzwischen freiwillige Helferinnen zur Seite.«
    »Es heißt
aber, dass auf diesem Grund und Boden ein Fluch liegt!«, sagte ein Mann. »Und
dass eine Seuche ausgebrochen ist, die sich über kurz oder lang über die ganze
Stadt verbreitet.«
    »Von
Seuche kann gar keine Rede sein. Es handelt sich um ein spezielles Fieber, das
nur einen kleinen Teil der Bevölkerung befällt. Wir sind weiterhin bemüht, die
Ursache dafür zu ergründen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen.«
    »Wie
kommt's dann, dass sich ein Doktor angesteckt hat?«, fragte ein anderer. »Ärzte
sollten eigentlich nicht krank werden.«
    »Die
Schwarzen sind schuld daran!«, plärrte ein Dritter, und ein Chor verängstigter
Stimmen schloss sich ihm an.
    »Ich bitte
Sie«, sagte Iverson. »Die Eingeborenen haben damit nichts zu tun. Das Fieber
war schon ausgebrochen, bevor sie hier auftauchten ...«
    »Aber das
war früher mal ihr Land. Sie haben es vergiftet!«
    »Zauberkraft
haben sie eingesetzt!«
    Noch ehe
Iverson weitersprechen konnte, brach hinten in der Menge Tumult aus, wurden
bereits länger Wartende von neu Hinzugekommenen beim Vordrängeln zur Seite
geschubst. Iverson sah zwei bärtige Männer auf sich zu hasten, mit
eingestaubten Jacken und Hosen, die ramponierten Schlapphüte voller Schweißflecken.
»Wo ist meine Nellie? «, brüllte
der Kleinere der beiden, als sie die Stufen erreichten. Er hatte langes
schwarzes Haar, das dringend gestutzt werden musste, und einen buschigen Backenbart
- typisch für einen Mann, der eben aus den Goldminen kam. Er eilte die Stufen
hoch und packte Iverson an den Revers seines Gehrocks. »Wo ist meine Nellie ?«, schrie
er Sir Marcus an.
    Fintan
trat hinzu und riss die Hände des Mannes von Iversons Jacke. Das Gesicht des
Mannes war vor Kummer verzerrt, sein Bart von Tränen nass. Schmerz und
Fassungslosigkeit sprachen aus seinen

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