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J ohn zu studieren. Laut den frühen CIA-Berichten fand Milo Weaver schnell Anschluss an einen Zirkel von Freunden, die überwiegend aus Brighton stammten und sich für sozialistische Politik einsetzten. Sie nannten sich zwar Labour, doch ihre Anschauungen liefen eher auf eine Art Ökoanarchismus hinaus - ein Begriff, der erst ein Jahr zehnt später größere Verbreitung fand. Ein Spitzel des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5, der mit der CIA zusammenarbeitete, schätzte Weaver als geeignet für eine Anbahnung ein. »Die Ideale der Gruppe sind nicht seine, doch die meisten seiner Bestrebungen werden von dem Wunsch getragen, an einem größeren Ganzen mitzuwirken. Er spricht fließend Russisch und ausgezeichnet Französisch.«
Der Anwerbeversuch wurde bei einem Wochenendausflug nach London Ende Dezember unternommen, einen Monat vor der geplanten Rückkehr Weavers nach Pennsylvania. Der MI5-Spitzel- »Abigail« - brachte ihn in den Marquee Club in Charing Cross, wo er in einem Hinterzimmer dem Londoner Basisleiter »Stan« vorgestellt wurde.
Anscheinend verlief die Unterhaltung positiv, denn für drei Tage später wurde ein weiteres Treffen in Plymouth verabredet. Danach brach Milo das Studium ab und ging zusammen mit seinen ökoanarchistischen Freunden in den Untergrund, da sein Visum für Großbritannien abgelaufen war.
Es war eine auffallend schnelle Anwerbung, wie Simmons in ihren Notizen vermerkte. Doch alle weiteren Angaben über diesen ersten Auftrag fehlten, unter Hinweis auf Akte WT2569-A91, die der interessierte Leser nachschlagen konnte. Immerhin erfuhr sie, dass Milo nur bis März an dieser Operation beteiligt war; zu diesem Zeitpunkt erschien er auf der Gehaltsliste der CIA und wurde nach Perquimans County in North Carolina verlegt, wo er vier Monate in der CompanySchule Point ausgebildet wurde, die zwar weniger bekannt war als die Farm, aber genauso angesehen.
In der Folge kam Milo nach London, wo er (laut Akte zweimal) mit Angela Yates zusammenarbeitete, einer weiteren Suchenden, die der Company beigetreten war. Ein Bericht ließ durchblicken, dass sie ein Liebespaar waren, ein anderer bezeichnete Yates als Lesbe.
Milo Weaver fand rasch Anschluss bei der russischen Exilgemeinde. Obwohl die genauen Fakten in anderen Akten erfasst waren, ließ sich seine Karriere halbwegs nachzeichnen. Er traf sich mit allen Schichten russischer Exilanten vom Diplomaten bis zum Kleinkriminellen. Dabei verfolgte er ein doppeltes Ziel: die Strukturen der aufkeimenden Mafia aufzudecken, die in der Londoner Unterwelt Fuß fasste, und Spione aufzuspüren, die die zerfallende Sowjetunion noch gelegentlich schickte. Mit zwei Verhaftungen im ersten Jahr konnte er bei den Verbrechern solide Ergebnisse vorweisen, bei den Spionen allerdings waren seine Erfolge geradezu spektakulär. Er verfügte über drei wichtige Quellen im russischen Geheimdienstapparat: DENIS, FRANKA und TADEUS. Innerhalb von zwei Jahren enttarnte er fünfzehn Agenten und überredete erstaunliche elf zu einer Tätigkeit als Doppelagent.
Im Januar 1994 veränderte sich der Ton der Berichte, die Milo ein langsames Abgleiten in den Alkoholismus und endlose Frauengeschichten (aber offenbar nicht mit Angela Yates) bescheinigten und sogar den Verdacht anklingen ließen, dass Milo seinerseits von seinem Informanten TADEUS umgedreht worden war. Nach einem halben Jahr wurde Milo gefeuert und nach der Annullierung seines Visums mit dem Flugzeug nach Hause verfrachtet.
Damit endete der erste Abschnitt von Milo Weavers Karriere. Die zweite dokumentierte Phase begann 2001, einen Monat nach der Zerstörung der Twin Towers, mit seiner Wiedereinstellung als »Vorstand« in Thomas Graingers Abteilung, über die keine genauen Angaben gemacht wurden. Über die Zeit zwischen 1994 und 2001 schwieg sich die Akte aus.
Sie wusste natürlich, was das bedeutete. Weavers Niedergang 1994 war vorgetäuscht gewesen, und er hatte an schwarzen Operationen teilgenommen. Da er Graingers ultrageheimer Abteilung angehörte, war davon auszugehen, dass er als »Tourist« gearbeitet hatte.
Damit war das Bild einer erfolgreichen Karriere komplett.
Vom Außendienstagenten zum Schattenagenten zum leitenden Verwaltungsangestellten. Die verlorenen sieben Jahre umfassten vielleicht die Antworten, die sie suchte, aber sie mussten ein Geheimnis bleiben. Wenn sie Fitzhugh verriet, was sie über den Tourismus wusste, war Matthews Position gefährdet.
Plötzlich fiel ihr etwas ein. Sie blätterte
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