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Working Mum

Working Mum

Titel: Working Mum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Pearson
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verlassen. Rich, der in dem Brief, den er mir einen Tag vor unserer Hochzeit gegeben hat, schrieb: «I’m Ever and You’re Reddy – auf Langlebigkeit, mein Liebling», ist weggegangen. Und ich habe ihm so wenig Beachtung geschenkt, dass unser Kindermädchen mir die Nachricht überbringen musste.
    Während der langen Pause hat Paula angefangen, schwerer zu atmen, ein besorgtes Keuchen kommt durch die Leitung. «Kate», sagt sie, «ist alles in Ordnung mit dir?»
    «Ja, mir geht’s gut. Paula, du kannst im Gästezimmer schlafen oder in unserem Bett», während ich das sage, geht mir auf, dass es von nun an mein Bett sein könnte, nicht mehr unseres, «es ist frisch bezogen. Ich weiß, es ist sehr viel verlangt, Paula, aber könntest du einfach die Stellung halten? Und sag Emily und Ben bitte, dass ich morgen so früh wie möglich zurückkomme.»
    Paula antwortet nicht gleich, und ich denke, wenn sie mich jetzt hängen lässt, dann weiß ich nicht mehr, was ich tue. «Ist das in Ordnung, Paula?»
    «Oh, sorry, Kate, ich hab gerade gesehen, dass auf der anderen Seite noch ein PS steht. Richard schreibt: «Ich weiß, dass ich niemals aufhören kann, dich zu lieben, denn, glaub mir, ich habe es versucht.»
    Darauf ist keine Antwort möglich, und in mein Schweigen murmelt Paula: «Keine Sorge. Ich kümmere mich um alles hier. Ben und Em sind versorgt. Es wird schon gut gehen, Kate, ganz bestimmt.»
     
    Nachdem ich aufgelegt habe, vergesse ich für ein paar Sekunden, wie man atmet. Plötzlich erscheint mir dieser mechanische Vorgang des Luftholens kompliziert und anstrengend. Ich muss meine Bauchdecke heben und meinen Brustkorb voll pumpen, heben und wieder pumpen.
    Als ich mich etwas gefasst habe, rufe ich Jack an und hinterlasse die Nachricht auf seinem Handy, dass ich das Dinner absage. Dann ziehe ich mich aus und gehe duschen. Die Handtücher sind solche hoffnungslosen italienischen Dinger, dünn und frugal wie eine Altardecke, damit verteilt man nur das Wasser auf der Haut, aufsaugen tun die nichts. Ich brauche ein Handtuch, das mich umhüllt.
    Ich sehe mich im Badezimmerspiegel und bin ganz erschrocken, dass ich in etwa so aussehe wie letztes Mal, als ich hineingeschaut habe. Warum fällt mir das Haar nicht aus? Warum weinen meine Augen kein Blut? Ich denke an meine Kinder, die in ihren Betten schlafen. Wie weit ich von ihnen weg bin, wie unglaublich weit. Aus dieser Entfernung sehe ich meine kleine Familie so, als hätte sie ihr Lager auf einem Hügel aufgeschlagen, der Wind umtost sie, und ich muss endlich bei ihnen sein, um alles festzubinden. Ich muss da sein.
     
    Ich klettere ins Bett zwischen die steifen weißen Laken und ich streiche mit der Hand über meinen Körper. Ich versuche mich an das letzte Mal zu erinnern, an dem ich ihn gesehen habe. Richtig gesehen. Nicht so verschwommen, wie man jemanden im Rückspiegel sieht. In den letzten Monaten bin ich weggegangen und er hat übernommen, oder er ist gegangen und ich habe übernommen. Im Flur tauschen wir Anweisungen aus. Wir sagen, dass Emily gut zu Mittag gegessen hat, ums Abendessen braucht man sich also keine Gedanken zu machen. Wir sagen, Ben muss früh zu Bett, weil er keinen Mittagsschlaf machen wollte. Wir sagen, Stuhlgang hat stattgefunden, Stuhlgang steht noch aus oder vielleicht wären Trockenpflaumen angebracht. Oder wir schreiben Zettel. Manchmal sehen wir einander kaum in die Augen. Kate und Richard, das Staffellaufteam, in dem jeder Läufer den anderen verdächtigt, das schwächere Glied zu sein, aber die Hauptsache ist, dass man das Feld immer wieder umrundet, damit der Stab übergeben werden kann und das Rennen immer, immer weitergeht.
     
    «Mummy, ich weiß, warum du böse auf Daddy wirst», hat Emily neulich morgens zu mir gesagt.
    «Warum denn?»
    «Weil er falsche Sachen macht.»
    Ich knie mich neben sie, damit ich ihr in die Augen schauen kann. Es erscheint mir wichtig, die Dinge gerade zu rücken. «Nein, Schätzchen, Daddy macht keine falschen Sachen. Ich bin manchmal nur sehr müde und dann habe ich keine Geduld mit Daddy, das ist alles.»
    «Geduldig heißt warte mal eben», sagt sie.
     
    Ich nehme die «Sprüche der großen Weltreligionen» vom Nachttisch und blättere sie durch. Es gibt gesonderte Teile über Glauben, Gerechtigkeit und Erziehung. Ich halte bei dem über Ehe inne.
     
«Ich habe mein Weib nie ‹Weib› genannt, sondern ‹Heim›.»
(Der Talmud)
     
    Heim. Ich sehe mir das Wort lange an. Heim. Ich lausche auf

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