Working Mum
Naht und humpelte in ihre Richtung, geleitet von dem Sonar, das ich als kostenlose Zugabe zur Mutterschaft bekommen hatte. Als ich im Babyzimmer ankam, hatte sie aufgehört zu brüllen und starrte verzückt auf eine Papierlaterne an der Decke. Noch nie zuvor hatte ich Freude und Furcht in dieser Kombination erfahren: Es war unmöglich zu sagen, wo der Schmerz aufhörte und die Liebe begann.
«Sie müssen ihr einen Namen geben», schalt die lächelnde Hebamme. «Wir können sie doch nicht Baby nennen, das ist nicht richtig.»
Ich hatte an Genevieve gedacht, aber das erschien mir zu groß für die Trägerin des Namens. «Meine Großmutter hieß Emily, bei ihr hab ich mich immer geborgen gefühlt.»
«Oh, Emily ist schön, lassen Sie es uns damit mal versuchen.»
Wir versuchten es damit, und sie drehte ihren Kopf, hin zu ihrem Namen – und damit war die Sache beschlossen.
Drei Wochen später rief James Entwhistle an und bot mir einen Job in der Strategie-Abteilung an. Ein unbedeutender Job, der nirgendwo hinführen würde. Ich nahm dankbar an und legte auf. Ich würde ihn später umbringen. Später, da würde ich sie alle miteinander umbringen. Aber erst musste ich meine Tochter baden.
Auf den Tag genau neun Wochen nach meinem Kaiserschnitt war ich wieder im Büro. Am ersten Morgen stand ich so neben mir, dass ich tatsächlich eine Nummer wählte und fragte, ob ich mit Kate Reddy sprechen könne. Und ein Mann sagte, er glaube, Kate sei noch nicht wieder da. Und er hatte Recht. Ich glaube, sie war ein ganzes Jahr lang nicht so richtig da, und die alte Kate, die von vor den Kindern, ist nie zurückgekommen. Aber sie hat ihre Rolle, da zu sein, so überzeugend gespielt, dass vielleicht nur eine Mutter sie durchschaut hätte.
Ich habe trotzdem gestillt und in der Mittagspause ein Taxi nach Hause genommen, um sie zu füttern. Aber fünf Tage später sagten sie mir, dass ich nach Mailand fliegen müsse – und ich habe doch noch gestillt. Das ganze Wochenende versuchte ich Emily an die Flasche zu gewöhnen. Ich habe gedrängelt und gebettelt und schließlich einer Frau aus Fulham hundert Pfund gezahlt, um meine Tochter zu entwöhnen. Ich kann mich noch an das Geschrei erinnern, ihre Lungen waren wund vor Wut, und Richard stand im Garten und rauchte.
«Sie nimmt die Flasche, wenn sie wirklich am Verhungern ist», erklärte die Frau und ja, ihr persönlich wäre es am liebsten in bar. Manchmal glaube ich, dass Emily mir das nie richtig vergeben hat.
Auf der Fahrt zum Flughafen lief im Radio dieser Stevie-Wonder-Song «Isn’t she lovely …». Der, bei dem man am Anfang das Baby weinen hört. Und plötzlich war meine Bluse von Milch durchweicht.
Ich hab nichts gewusst.
33
Der Zettel
Sherbourne Hotel, New York, 23.59: Unfassbar. Flugzeug landete planmäßig, und ich nahm ein Taxi zum Herriot, an der Wall Street. Der Plan war, für die Präsentation morgen zu pauken und anständig auszuschlafen, ehe ich über die Straße ins Wall Street Center schlendern würde. Ich hätte es wissen müssen. Der Mann am Empfang, hoffnungslos jung, er versuchte sich mit seinem billigen, glänzenden Anzug ein wenig Autorität zu verschaffen, konnte mir nicht in die Augen schauen. Schließlich sagte er: «Ich fürchte, wir haben ein Problem, Ms Reddy.» Eine Konferenz. Hotel überbucht. «Ich bin sehr froh darüber, Sie kostenlos im Sherbourne unterbringen zu können, mitten in der Stadt, ein großartiger Standort direkt gegenüber von unserem weltberühmten Museum of Modern Art.»
«Klingt reizvoll, aber ich bin hier, um Geschäfte zu machen, nicht, um die frühen Kubisten anzustarren, bis ich Kopfschmerzen kriege.»
Natürlich habe ich ihn am Ende angebrüllt. Völlig unakzeptabel, steige regelmäßig hier ab, bla bla bla … Ich konnte sehen, wie er suchende Blicke nach einem Vorgesetzten um sich warf, der ihn vor der durchgedrehten Britin retten würde. Als sei ich verrückt, und ich bin nicht verrückt, oder? Es sind diese Leute, die mich irre machen und mit ihrer Schlamperei meine kostbare Zeit verschwenden.
Der Manager war unglaublich zerknirscht, aber er konnte absolut gar nichts machen. Also war es beinahe Mitternacht, als ich in dem neuen Hotel ankam. Habe Richard angerufen, der schon eine Liste mit Fragen bereit hielt. Zum Glück geht es Paula besser, wir müssen also niemanden einstellen. Morgen fängt für Emily die Schule wieder an.
Ob ich die Namensaufkleber vorbereitet habe?
Ja.
Habe ich neue Turnschuhe
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