Working Mum
Wettstreit überhaupt muss sie sich geschlagen geben.
«Das hier ist ’ne Müllkippe», sagt Julie – es ist eine Beschreibung, keine Entschuldigung –, ehe sie Zeitschriften vom Sofa räumt und Stevens Fußballzeug Richtung Tür kickt.
Sie setzt mich in den Sessel neben dem Gasofen. «Na sag schon, was ist los mit dir?»
«Richard hat mich verlassen», sage ich, und ich weine zum ersten Mal, seit Paula es mir am Telefon gesagt hat. Es hat keine Tränen gegeben, als ich Emily erklärt habe, dass Daddy für eine Weile woanders wohnen würde, weil ich auf keinen Fall meinen Kummer einer Sechsjährigen mitteilen wollte, deren Männerbild auf dem Prinzen in Dornröschen beruht. Und es hat auch keine Tränen gegeben, als Richard und ich uns gestern Abend auf der Türschwelle zivilisiert über Arrangements für die Kinder ausgetauscht haben. Wir reden immer über Arrangements für die Kinder, nur enden diese Gespräche normalerweise damit, dass ich aus der Tür renne und sage, ich müsse los; dieses Mal war es Richard, der die Treppe hinunter- und wegging, in dem grauen Pullover, den ich ihm vor zwei Jahren zum Geburtstag gekauft habe, weil er zu seinen Augen passt.
«Na, da kann man mal sehen, was das für ein nichtsnutziger Mistkerl ist», sagt Julie. «Was du alles am Hals hast! Und er verdrückt sich.» Ohne dass ich es bemerkt hätte, hat sie sich vor mich hingekniet und mir den Arm um den Hals gelegt.
«Es ist meine Schuld.»
«Erzähl keinen Unsinn.»
«Doch, ist es, er hat mir einen Zettel geschrieben.»
«Einen Zettel? Ach, ist ja toll. Verdammte Typen. Entweder sind sie zu clever, um irgendwas zu fühlen, oder sie sind wie unser Neil, der zu blöd ist, was zu sagen.»
«Neil ist nicht dumm.»
Wenn Julie lacht, ist das kleine Mädchen, das ich gekannt habe, wieder im Raum, voller Schalk und gar nicht bange. «Nein, aber man weiß eher, wie’s dem Hamster geht, offen gestanden. Hat er denn eine andere, dein Richard?»
Daran hatte ich noch nicht mal gedacht. «Nein, ich glaube nicht, ich glaube, ich bin eine andere geworden. Die Frau, die er geheiratet hat, ist nicht mehr da. Er hat gesagt, er kann nicht mehr zu mir durchdringen, ich hör ihm nicht zu.»
Julie streicht mir das Haar glatt. «Na ja, du arbeitest zu hart, damit er genug Bleistifte hat.»
«Er ist ein sehr guter Architekt.»
«Aber du bist es, die den Laden am Laufen hält, die Rechnungen bezahlt und was sonst noch anfällt.»
«Ich glaube, das ist schwer für ihn, Jules.»
«Tja, wenn die Welt sich danach richten würde, was für Männer schwer zu ertragen ist, dann würden wir noch heute mit Keuschheitsgürteln rumlaufen. Willst du Zucker?»
Nein. «Ja.»
Etwas später machen Julie und ich einen Spaziergang zum Park oberhalb der Siedlung. Der Weg ist von Farnen überwuchert, und in einem ausgebrannten Ford Fiesta sprießen die Glockenblumen. An den Schaukeln sitzen zwei minderjährige Mütter auf der Bank. Schwangerschaft gilt unter den Teenagern hier als Hobby. Diese beiden sind ziemlich typisch: bleich vor Müdigkeit und zugepflastert mit Make-up, sehen sie aus wie angemalte Kadaver, während ihre Jungen unanständig lebendig um sie herumspringen.
Julie sagt mir, dass die Atemlosigkeit und die Schmerzen, die unsere Mutter in der Brust hatte, vor ein paar Monaten akut geworden sind, als ein paar von Dads Gläubigern an die Tür kamen. Mum erklärte, dass Joseph Reddy nicht mehr hier wohne, schon seit vielen Jahren nicht mehr, aber die Männer kamen trotzdem rein und sahen sich die Möbel an, die Uhr, die Silberrahmen, die ich ihr für die Fotos der Kinder geschenkt habe.
Auf Julie lag nicht der Fluch des ältesten Kindes, dem Vater unbedingt gefallen zu wollen. Sie schaffte es, der radioaktiven Strahlung von Dads Charme zu entgehen, und für den größten Teil unseres Lebens hat sie ihn ganz kalt beobachtet, ohne Nebenwirkungen befürchten zu müssen. Ich erzähle ihr von dem Tag, an dem er mich im Büro besucht hat, und sie geht in die Luft.
«Das ist doch typisch, verdammte Scheiße. Ihn lässt das kalt, wenn er dich vor deinem Boss blamiert. Was glaubt er eigentlich, was er da tut?»
«Er hat eine biologisch abbaubare Windel entwickelt.»
«Der? In seinem ganzen Leben hat der doch noch keinen Babypo gesehen.»
Und wir fangen beide an zu lachen, meine Schwester und ich, große Lachschnauber entwinden sich unseren Mündern und Nasen, und schließlich laufen uns Tränen die Wangen runter. Aus einer Ecke meiner
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